Der verordnete Arbeitsplatzwechsel

25.11.2002
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Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Qualitätseinbußen gab es nur partiell und nur in der Vorphase der endgültigen Entscheidung. Auch das ist keine Selbstverständlichkeit, schenkt man der Steria-Erhebung Glauben. Die Marktforscher von Benchmark Research fanden heraus, dass bei mehr als der Hälfte der von einem kommenden Outsourcing betroffenen Mitarbeiter die Produktivität leidet und jeder Vierte Fehler am Arbeitsplatz verursacht. Als Gründe nennt die Studie Stress und Unsicherheit.

Derartige Symptome sind verständlich, denn der Betriebsübergang bedeutet Veränderungen, über die sich lange Zeit nur spekulieren lässt. Ist die Entscheidung für einen Betreiber gefallen, steht zwar der neue Arbeitgeber fest, das künftige Tätigkeitsfeld der IT-Experten allerdings noch nicht unbedingt. „Gutes Outsourcing ist, wenn der Betreiber die richtige Balance zwischen dem Einsatz der übernommenen Mitarbeiter beim ursprünglichen Arbeitgeber und bei anderen Kunden findet“, schildert John Wargin, Outsourcing Senior Consultant bei HP. Das heißt, ein Teil der Belegschaft muss andere Tätigkeiten übernehmen und eventuell auch den Standort wechseln.

Die Erfahrung, die Hesse aus den bisherigen Outsourcing-Projekten gewonnen hat, zeigt, dass Mitarbeiter zwischen 25 und 40 Jahren am besten mit Veränderungen umgehen können, sie oftmals auch begrüßen. Allerdings ist diese Personengruppe auch besonders umworben. EADS suchte beispielsweise für die im Konzern verbleibenden IT-Stellen jüngere Mitarbeiter mit Entwicklungspotenzial, die strategisch denken und steuern können. HP musste dagegen den Betrieb in der gewohnten Qualität fortführen. EADS hat die Leute bekommen, doch HP-Manager Hesse berichtet, wie in solchen Fällen verfahren wird: „Rosinenpicken lassen wir uns bezahlen.“

So ist alles eine Frage der Verhandlung und des Preises. Sobald ein Unternehmen den Zuschlag bekommen hat, startet die Due-Dilligence-Phase, also die Bewertung der zu übernehmenden Ressourcen durch den Outsourcer. Unter anderem sind die Gehalts- und Altersstruktur sowie die Qualifikation und Kapazität des vorhandenen Mitarbeiterstamms zu bestimmen. Zur Erhebung gehören auch Gespräche mit jedem einzelnen Mitarbeiter. Das hat einerseits den Zweck, den Betroffenen Bedenken hinsichtlich des verordneten Arbeitgeberwechsels zu nehmen und frühzeitig Integrationsarbeit zu leisten. Andererseits taxiert der Outsourcer die Gesprächspartner auf Leistungsbereitschaft, Fähigkeiten und mögliche Einsatzgebiete. Auch Streitpotenzial und Problemfälle unter den Mitarbeitern werden eingeschätzt und mit einer finanziellen Risikobewertung versehen.

 Zehn Prozent der Mitarbeiter gehen

Gesetzlich sind die Arbeitnehmer nicht zum Wechsel verpflichtet. Mit einer Ablehnung tun sie sich jedoch keinen Gefallen, weil der Verbleib beim alten Arbeitgeber in eine betriebsbedingte Kündigung ohne Sozialfallregelung münden kann. In Einzelfällen lassen sich auch Sondervereinbarungen treffen. HP-Manager Wargin berichtet etwa von der Möglichkeit, den Arbeitnehmer beim ursprünglichen Arbeitgeber zu belassen und dessen Leistung einzukaufen, doch „alles hat seine Grenzen“.