Der Traum vom virtuellen Rechenzentrum

12.03.2003
Von 
Kriemhilde Klippstätter ist freie Autorin und Coach (SE) in München.

IBM bootet Softwarehäuser aus

Im Gegensatz zu HP und Sun, deren Lösungen technisch orientiert sind, verfolgt IBM mit dem „On-Demand“-Konzept ein Business-Modell. IBM integriert darin sein komplettes Know-how von der Middleware bis zum Speichersystem und den Global Services. „Big Blue verbindet damit die beiden Ideen Application-Service-Providing und Outsourcing“, beschreibt Rüdiger Spies, Analyst der Meta Group, das Angebot. Seiner Meinung nach richtet sich das „sehr schlüssige, weitreichende und langfristig angelegte Konzept“ gegen die Konkurrenz aus dem Lager der großen Softwarehersteller, die zunehmend eigene Outsourcing-Angebote aus der Taufe heben.

Eine Begründung für On Demand liefert Gerald Münzl, bei IBM verantwortlich für das Strategic Outsourcing Marketing: „Die Unternehmen müssen in Zukunft viel flexibler werden, als sie es heute sind, und sie müssen sich auch so aufstellen.“ Das kann bedeuten, dass Unternehmen ihre IT-Infrastruktur nicht mehr nach der Spitzenbelastung ausrichten, sondern diese von außen - vom IBM-Rechenzentrum - beziehen. IBM hat sich, was das Angebot an Dienstleistung angeht, keine Beschränkungen auferlegt: Alles ist möglich, vom kompletten Outsourcing bis zum Übertragen eines bestimmten Dienstes. Auch bei der unterstützten Infrastruktur des Kunden ist Big Blue nicht wählerisch. „Wir beschränken uns nicht auf IBM-Hard- und Software, sondern akzeptieren die marktüblichen Ressourcen“, versichert Münzl.

Derzeit investiert der Hersteller kräftig in die eigenen Datenzentren, die On-Demand-fähig gemacht werden. Firmenchef Samuel Palmisano gibt unter anderem dafür in den nächsten Jahren zehn Milliarden Dollar aus. Angeschafft werden Linux-Systeme zur Server-Konsolidierung auf Basis von Grid-Computing, aber auch Lösungen, um die variablen Verbräuche der Kundschaft abzufragen und in Rechnung zu stellen. Schon vorhanden für das On-Demand-Geschäft sind hauseigene Techniken wie Grid-Computing, die unter dem Namen „Eliza“ zusammengefassten Aktivitäten für autonomes Computing, Web-Services, Tivoli-Management-Software und die Global Services.

Andreas Zilch, Managing Director Consulting bei der Techconsult GmbH in Kassel, ist vom On-Demand-Konzept fasziniert und abgeschreckt zugleich: „Die Anwender gewinnen Flexibilität, aber dafür müssen sie einen Aufpreis bezahlen.“ Schwierig ist seiner Meinung nach das Verwalten der komplexen Verträge und die Frage, wie die Preisanpassung wegen der sinkenden Hardwarekosten behandelt wird. Meta-Analyst Spies vermutet hinter dem Konzept eine andere Strategie: „IBM will einerseits die eigene Servicemannschaft besser vermarkten und andererseits die Computing-Services zu etwas Alltäglichem machen.“ Die Differenzierung unter den Anbietern erfolge dann über den Service und dabei sei IBM führend.