Der PC-Markt ignoriert die Prognosen

25.01.2006
Von 
Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.

Sollte sich der kleine Rivale tatsächlich weiter im Markt etablieren, ist das traditionelle Preisdiktat von Intel in Gefahr. Offensive Kostensenkungen, die bislang als gezielter Angriff gegen den Aufsteiger genutzt wurden, müssten dann dauerhaft und über alle Chiplinien zur Verteidigung der eigenen Stellung herhalten. Verhandlungen mit Lieferanten werden schwieriger, auch weil die Alternative im Ruf steht, ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis zu bieten.

Während Intels Börsenwert im Jahresverlauf stagnierte, hat sich der Kurs des AMD-Papiers mehr als verdoppelt.
Während Intels Börsenwert im Jahresverlauf stagnierte, hat sich der Kurs des AMD-Papiers mehr als verdoppelt.

Zudem genießen AMD-CPUs in der PC-Spielergemeinde hohes Ansehen, einige Kunden kaufen aus Prinzip nicht beim Marktführer, und auch im Server-Segment legte der kleine Konkurrent mit den "Opteron"-Chips ein überzeugendes Produkt vor. Dass sich sogar Dell für AMD-Prozessoren öffnen wolle, wie derzeit allerorten kolportiert wird, ist nur ein Beispiel, wie PC- und Server-Hersteller den Verhandlungsdruck auf den Marktführer steigern können. Nicht auszudenken, sollte Dell tatsächlich dazu übergehen, AMD-Prozessoren zu verbauen.

Intels Midlife-Krise

Ohne das margenstarke PC-Geschäft in der Hinterhand wird es für Intel schwer, die Erwartungen der Investoren zu erfüllen. Neue Initiativen wie das digitale Gesundheitswesen, die Kfz-Elektronik oder das digitale Wohnzimmer können gegebenenfalls erfolgreich verlaufen, sie werden jedoch niemals die Margen und das Volumen des früheren Monopols im PC-Markt erreichen. Ein weiterer Analyst zog Parallelen zur Midlife-Krise eines 40-jährigen Mannes: Dieser spüre allmählich die Auswirkungen des Alters, könne sich aber noch an bessere Zeiten erinnern. Intel hat vor genau 35 Jahren seinen ersten Mikroprozessor vorgestellt.

Hinzu kamen zuletzt handwerkliche Fehler des Konzerns. Die Nachfrage nach PCs wurde unterschätzt, Kapazitätsengpässe etwa bei Chipsätzen waren die Folge. Jedoch hat auch diese Betrachtung wie immer zwei Seiten: Intel strich im abgeschlossenen Geschäftsjahr einen Nettogewinn von 8,66 Milliarden Dollar ein, AMD kam im gleichen Zeitraum auf einen Umsatz von 5,85 Milliarden Dollar.