Vom Fachmann zum Allrounder

Der neue SAP-Profi

18.09.2008
Von Martin Kreft
Das Berufsbild des SAP-Experten hat sich verändert - vom Fachmann, der sich an den Softwaremodulen orientiert, zum Allrounder mit Prozesswissen.

Hat IT in der Vergangenheit die Unternehmensprozesse funktionsorientiert unterstützt, so muss sie jetzt die Kernabläufe prozessorientiert begleiten und unterstützen. Das funktioniert aber nur dann, wenn Unternehmen ihre Abläufe schnell und flexibel an die Gegebenheiten des Marktes anpassen.

Heute werden die Integration von Frontend und Backend sowie hybride Geschäftsmodelle als Erfolgsfaktoren erkannt. Mehr denn je fragen Unternehmen nach den Möglichkeiten von Prozessintegration und -optimierung. Denn nur mit solchen Mitteln verbessern sie ihre Wettbewerbsposition. Dieses Ziel wird oft durch einen radikalen Wandel von Kundenorientierung, Produktangebot, Qualität und Kosten der gesamten Abläufe erreicht.

Die IT wandelt sich

Die IT muss flexibel genug sein, um dem raschen Wandel des Unternehmensumfelds Rechnung zu tragen und neue Abläufe zu unterstützen. Ihre Rolle ändert sich. Softwareanbieter und Anwender müssen umdenken. Verbesserungen der betrieblichen Abläufe haben Priorität. Die Konsequenz hieraus ist: Softwarehäuser haben funktionierende Prozessmodelle anzubieten. Die Software begleitet die Geschäftsprozesse und fügt sich ohne großen Aufwand in eine Service-orientierte Architektur ein.

Der Vorteil der Integration mit einem einzigen Repository, den ERP-Software bislang auszeichnete, geht verloren. Durch den hohen Integrationsgrad hatten die Unternehmen aber mit der ERP-Software gleichzeitig in die Software eingebettete Abläufe erworben: Der Beleg- und transaktionsbasierende Aufbau initiierte automatisch Prozessketten - vom Angebot über den Auftrag bis hin zum Produktionsauftrag der Auslieferung und Rechnungsstellung. Der Nachteil solcher Lösungen war, dass sich spezifische Abläufe oft nur schwer abbilden ließen. Der Quellcode musste modifiziert und aufwändige Ergänzungen mussten erst entwickelt werden. Das verursachte hohe Kosten, etwa wenn ein Release-Wechsel anstand.

Die existierenden Lösungen sind für die Zukunft zu unflexibel. Um hier Abhilfe zu schaffen, bedarf es der Einführung einer Service-orientierten Architektur (SOA). Sie ist flexibler und modellierbar. Man spricht hier von einem adaptiven Process Network.

Neue Berufsbilder entstehen

Bisher wurden in der Regel die modulorientierten ERP-Systeme von Anwendungsbetreuern verwaltet. Diese Rolle ist unter dem Aspekt der Geschäftsprozess-architektur neu zu definieren - vom Anwendungsbetreuer (Module) zum "Business Process Expert". Diese Rolle kombiniert den Business Analyst, die Person also, die die Abläufe sowie die Unternehmensstrategie kennt, versteht und modelliert, mit dem Applikationsberater - üblicherweise zuständig für das "Mapping" zwischen Geschäftsprozess und Umsetzung in die Lösung (wie SAP ERP, Oracle Applications und vergleichbare ERP-Software).

Durch diese neuen Funktionen wird der Prozess zwischen IT und Fachabteilungen verkürzt. Änderungen lassen sich dadurch schnell umsetzen. Erforderlich ist hier allerdings die Trennung zwischen IT und Geschäft. Wie unterschiedlich die Anforderungen an die Organisatoren und Betreuer von ERP-Systemen sind, zeigen die beiden Grafiken "Was ein Anwendungsbetreuer Logistik können muss" und "Was ein Spezialist für SAP Enterprise 6.0 wissen sollte".

Abschied vom Universalberater

Zwangsläufig ergeben sich neue Sichten auf Strategien und Abläufe im Unternehmen und somit auch neue Anforderungen an Mitarbeiter. Aus Unternehmensperspektive erstellt der Business Analyst den Business Blueprint, danach den Projektplan und das Prozessarchitekturmodell. Aus Implementierungssicht kümmert sich der Anwendungsbetreuer um die Implementierungsinformationen, die Komponentensicht und das Prozesskonfigurationsmodell. Und die Ausführung ist Aufgabe des IT-Spezialisten (mit den Elementen "Ausführbarer Prozess", "State Engine" und "Prozesskonfigurationsmodell").

Aus den dargestellten Aufgaben bei einer prozessorientierten Einführung beziehungsweise geschäftsprozessorientierten Arbeitsweise ergeben sich neue Berufsbilder für die betroffenen Mitarbeiter in den Unternehmen. Stand bisher der Universalberater oder Anwendungsbetreuer im Vordergrund, wird sich dieses Berufsbild grundlegend ändern, wie die beiden Grafiken verdeutlichen.