Der Mittelstand entdeckt Osteuropa

26.05.2004
Von 
Holger Eriksdotter ist freier Journalist in Hamburg.

Recherche vor Ort

Offshore-Experten raten deshalb, sich vor Projektbeginn intensiv mit der Materie zu befassen. Viele Faktoren sind entscheidend: Kann das Partnerunternehmen Erfahrungen in dem gefragten Bereich vorweisen? Gibt es deutsch- oder englischsprachige Ansprechpartner? Ist die Infrastruktur und Kommunikationslandschaft auf dem neuesten Stand? Offshore-Experte Haeck rät sogar zu weitergehenden Recherchen. "Man sollte so viel wie möglich über den potenziellen Partner in Erfahrung bringen und auch das Unternehmen vor Ort in Augenschein nehmen." Weil es meist um viel Geld geht, könne es sich auch lohnen, auf lokales Consulting zurückzugreifen, um sich über Management, Kapitalausstattung, Renommee und vielleicht sogar Fluktuationsrate des potenziellen Outsourcing-Partners ein genaueres Bild zu verschaffen.

Grundsätzlich sind natürlich auch Mittelständler in der Lage, auf eigene Faust mit Offshore-Partnern erfolgreich Projekte zu realisieren. Aber anders als in Großunternehmen ist die Personaldecke meist zu knapp, um Mitarbeiter eigens mit dem Management der Projekte zu betrauen. "Wenn ein Mittelständer einige qualifizierte Leute von der operativen IT freistellt, die sich voll dem Offshore-Projekt widmen können, hat das gute Erfolgsaussichten", sagt Beyer von Skilldeal. Das aber sei nur selten der Fall, weil schon die operative IT die vorhandene Manpower verzehre. "Ein interkulturelles Offshore-Projekt verschlingt erheblich mehr Organisations-, Kommunikations- und Management-Aufwand als mit einem deutschen IT-Dienstleister vor der Tür; das lässt sich nicht nebenbei abwickeln", warnt Beyer.

Gute Noten für Offshore-Firmen

Grund dafür ist aber weder die Qualifikation noch die Motivation der ausländischen Mitarbeiter. Im Gegenteil: In beiden Bereichen erhalten die Offshore Unternehmen beste Noten. "Gerade in Osteuropa ist eine Aufbruchsstimmung zu verzeichnen, die etwas an die deutschen Wirtschaftswunderzeiten erinnert", sagt Dirk Buchta, Mitglied der Geschäftsleitung bei der Managementberatung A.T. Kearney. Die Motivation und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter sei vorbildlich und weit besser als in vielen deutschen Betrieben: "Die sehen die Möglichkeit, mit harter Arbeit ihren Wohlstand zu vergrößern, und ergreifen die Chance."

Eine Studie des Beratungsunternehmens Deloitte & Touche, die das Offshoring im Telekommunikationssektor untersucht, kommt zu dem Schluss, dass Outsourcing oft zu besserer Qualität bei sinkenden Kosten führen kann. "Die Ausbildung in den Offshore-Ländern ist häufig so gut, dass die Mitarbeiter zum Teil qualifizierter als die eigenen sind und man trotzdem noch Geld sparen kann", sagt Studienleiter Igal Brightmann.