Online-Wahlen

Der Heim-PC wird kein Wahllokal

24.09.2009
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Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Kein Schutz vor DoS-Attacken möglich

Viele Wähler fürchten mangelnde Sicherheit des Wahlergebnisses oder gar Manipulationen.
Viele Wähler fürchten mangelnde Sicherheit des Wahlergebnisses oder gar Manipulationen.

Mit dieser vorsichtigen Strategie hoffen die Befürworter, die Bedenken nach und nach zu zerstreuen, denn die Kritik ist erheblich. Der Chaos Computer Club verweist etwa darauf, dass Denial-of-Service-Angriffe der Internet-Wahl den Garaus machen könnten. Rechtswissenschaftler fürchten negative Einflüsse auf das Gemeinwohl und die Demokratie. Problematisch ist zudem, dass Teile der Wahlabwicklung einem privatwirtschaftlichen Unternehmen übertragen werden. Das, so Internet-Wahl-Verfechter, sei allerdings auch heute schon bei der Briefwahl so, weil die Deutsche Post die Briefe transportiert. Das Web-basierende-System verspreche geringere Kosten, höhere Wahlbeteiligung, komfortablere Stimmzettel und eine fehlerfreie Auszählung.

Die umstrittenen Wahlcomputer der holländischen Firma Nedap wurden in einigen Wahllokalen bei der Bundestagswahl 2005 eingesetzt. Quelle: Chaos Computer Club
Die umstrittenen Wahlcomputer der holländischen Firma Nedap wurden in einigen Wahllokalen bei der Bundestagswahl 2005 eingesetzt. Quelle: Chaos Computer Club
Foto: Chaos Computer Club

Auf die akzeptierte und übliche Briefwahl verweisen die Anbieter mit Bedacht und Nachdruck. Damit möchten sie einem Vergleich mit den digitalen Wahlcomputern vorbeugen, die das Bundesverfassungsgericht aufgrund ihrer Intransparenz verboten hat. Etwa 2000 Nedap-Wahlgeräte kamen bei der Bundestagswahl 2005 in einigen Wahllokalen zum Einsatz. Sie speichern und zählen die Stimmen direkt im Gerät. Das Verfahren ist von außen nicht nachzuvollziehen. Zudem gelang es niederländischen Kritikern, die dezentralen Computer zu manipulieren.

Online-Wahlen könnten die Beteiligung verbessern, hoffen die Verfechter. Kritiker fürchten "Junk-Votes", also leichtfertige und unreflektierte Stimmabgaben, die die politische Kultur gefährden.
Online-Wahlen könnten die Beteiligung verbessern, hoffen die Verfechter. Kritiker fürchten "Junk-Votes", also leichtfertige und unreflektierte Stimmabgaben, die die politische Kultur gefährden.

Die T-Systems-Lösung "voteremote" speichert und zählt hingegen alle Stimmen zentral. Das Verfahren ermöglicht die Stimmabgabe am heimischen PC. Dazu muss sich der Wähler etwa mit Hilfe des elektronischen Personalausweises oder einer PIN-TAN-Kombination auf einer Website authentifizieren und registrieren. Ist er wahlberechtigt und hat noch keine Stimme abgegeben, sendet das zentrale Wahlsystem ihm einen elektronischen Wahlzettel zu. Nachdem der Wähler sein digitales Kreuzchen gemacht hat, schickt er sein Votum zweifach verschlüsselt in das zentrale Rechenzentrum zurück. Dort werden Identität und Votum voneinander getrennt. Nachdem die Wahllokale geschlossen haben, werden die virtuellen Wahlzettel gemischt und anschließend gezählt. Die Wähler benötigen lediglich einen PC mit gängigem Betriebssystem (Windows, Linux, MacOS), Browser und Internet-Zugang. Eine Client-Software ist nicht erforderlich. Die Infrastruktur für die öffentliche Hand ist komplexer. Server, Datenbanken und Rechenzentrumskapazität würden wohl zertifizierte privatwirtschaftliche Dienstleister bereitstellen.

Online-Wahlen: Die Vorteile

Kosten: Die digitale Stimmabgabe erübrigt die manuelle Auszählung der Wahlzettel. Das spart Geld für Helfer insbesondere bei einigen Kommunalwahlen, wo die Bürger sehr viele Stimmen auf verschiedene Kandidaten verteilen können. Die Telekom rechnet vor, dass bei der Bürgerschaftswahl 2008 in Hamburg 15.500 freiwillige Helfer für je 30 Euro engagiert wurden. Das habe den Stadtstaat 465.000 Euro gekostet. Auch bei innerbetrieblichen Wahlen ließe sich kräftig sparen. Einer Erhebung des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln zufolge müssen Unternehmen für einen Mitarbeiter, der zur Wahl geht und dazu seinen Arbeitsplatz verlässt, durchschnittlich rund 12,50 Euro veranschlagen.

Wahlbeteiligung: Die Wähler müssen ihr Heim beziehungsweise ihren Arbeitsplatz nicht verlassen, um ihre Stimme abzugeben. Es ist kein Geheimnis, dass Beteiligung an politischen Wahlen unter schlechtem Wetter leidet. Wenn es regnet, scheut der eine oder andere Wähler den Gang zur Urne. Hier kann die Online-Wahl Abhilfe schaffen.

Komfort: Wer bei Kommunalwahlen panaschieren und kumulieren durfte, weiß, wie unübersichtlich Wahlzettel und Stimmvergabe sein können. Online-Systeme können verhindern, dass beispielsweise zu viele Kandidaten angekreuzt werden und damit der Stimmzettel ungültig wird. Außerdem entfällt die komplizierte manuelle und fehleranfällige Auszählung.

Verlässlichkeit: Die abgegebenen Stimmen werden maschinell gezählt. Es gibt keine Fehler, wie sie bei der manuellen Auszählung vorkommen.