Persönlichkeitsrecht nicht immer verletzt

Darf der Chef das Aussehen vorschreiben?

30.06.2014
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Wie weit das Weisungsrecht des Arbeitgebers für Kleidung und Frisur des Arbeitnehmers geht, sagt Dr. Christian Salzbrunn.
Männliche Mitarbeiter mit langen Haaren - da möchte mancher Arbeitgeber gerne einschreiten. Aber darf er auch?
Männliche Mitarbeiter mit langen Haaren - da möchte mancher Arbeitgeber gerne einschreiten. Aber darf er auch?
Foto: djma, Fotolia.com

"Chefs dürfen Unterwäsche vorschreiben!" lautet eine Überschrift zu einem Zeitungsartikel, der zu diesem Thema verfasst worden ist. In der Tat ist es in vielen Branchen üblich, dass Arbeitgeber ihren Mitarbeitern mit Kundenkontakt bestimmte Vorgaben zu ihrem äußeren Erscheinungsbild machen. Oftmals geht es nur darum, dass eine einheitliche Firmenkleidung als Erkennungszeichen vorgegeben wird oder dass ein der Branche angemessenes gepflegtes Äußeres gewährleistet werden soll.

Zunehmend aber versuchen Arbeitgeber gegenüber ihren Mitarbeitern auch weitere Details vorzuschreiben, wie z. B. die Farbe und die Länge von Fingernägeln, die Farbe der Unterwäsche oder die Farbe der Haare etc. Da solche Vorgaben das Persönlichkeitsrecht der einzelnen Mitarbeiter tangieren, sind solche Regelungsbereiche nicht selten Gegenstand von arbeitsgerichtlichen Verfahren zwischen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite.

Grundsätzlich kann ein Arbeitgeber Regelungen zu einer Kleider- oder Trageordnung in seinem Unternehmen über das ihm zustehende Direktions- bzw. Weisungsrecht gem. § 106 Gewerbeordnung (GewO) einführen. Dabei hat er billiges Ermessen auszuüben, was bedeutet, dass der Arbeitgeber die Grundrechte seiner Mitarbeiter und hier vor allem die bestehenden Persönlichkeitsrechte beachten muss.

Er muss also darauf achten, dass die jeweiligen Bestimmungen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Diese müssen im Hinblick auf den mit einer solchen Vorgabe verfolgten Zweck geeignet, erforderlich und angemessen sein. Besteht in einem Unternehmen ein Betriebsrat, so hat dieser bei der Einführung einer Kleider- oder Trageordnung über den § 87 Abs. 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ein Mitbestimmungsrecht. Eine ohne die Zustimmung des Betriebsrats erlassene Kleider- oder Trageordnung ist rechtsunwirksam.

Vorgaben für weibliche Mitarbeiter

Streitig sind natürlich oftmals die Details, also die genaue Reichweite dieses Weisungsrechts. Das LAG Köln musste nun einmal mehr am 18.08.2010 hierüber entscheiden. Dem Beschluss lag folgender Sachverhalt zu Grunde: ein Sicherheitsunternehmen, welches unter anderem im Auftrag der Bundespolizei die Kontrollen der Flugpassagiere am Köln-Bonner Flughafen durchführte, vereinbarte mit dem Gesamtbetriebsrat gegenüber den Mitarbeiterinnen folgende Anordnungen:

  • "Das Tragen von BHs, Bustiers bzw. eines Unterhemdes ist vorgeschrieben.

  • Diese Unterwäsche ist in Weiß oder in Hautfarbe ohne Muster / Beschriftungen / Embleme etc. zu tragen beziehungsweise andersfarbige Unterwäsche darf in keiner Form durchscheinen.

  • Feinstrumpfhosen sowie Socken dürfen keinerlei Muster, Nähte oder Laufmaschen aufweisen. Grundsätzlich sind Socken oder Feinstrumpfhosen zu tragen.

  • Fingernägel dürfen in maximaler Länge von 0,5 cm über der Fingerkuppe getragen werden.

  • Fingernägel dürfen nur einfarbig lackiert sein."