Die wichtigsten Trends (Teil 2)

Cloud Computing im Jahr 2015

17.02.2015
Von 


René Büst ist Research Director in Gartners Managed Business and Technology Services Team mit Hauptfokus auf Infrastructure Services & Digital Operations. Er analysiert Entwicklungen im Bereich Cloud Computing (Anbieter von Managed Cloud-Services und Public Cloud sowie Cloud-Strategien wie IaaS, PaaS und Multicloud), digitale Infrastrukturen und Managed Services sowie den Einfluss der digitalen Transformation auf die IT. Seit Mitte der 90er Jahre konzentriert sich Herr Büst auf den strategischen Einsatz der IT in Unternehmen und setzt sich mit deren Einfluss auf unsere Gesellschaft sowie disruptiven Technologien auseinander.
Im ersten Teil dieser Serie haben Sie unter anderem erfahren, warum Cloud-Marktplätze in diesem Jahr einen regen Zulauf erwarten dürfen und welche Bedeutung von Beratern und Integratoren in der Cloud ausgeht. Im zweiten Teil erfahren sie fünf weitere Top Trends, die Crisp Research für dieses Jahr identifiziert hat.
In den kommenden drei Jahren geht Crisp Research bei Cloud Computing von einem Marktvolumen in Höhe von 28,5 Milliarden Euro in Deutschland aus.
In den kommenden drei Jahren geht Crisp Research bei Cloud Computing von einem Marktvolumen in Höhe von 28,5 Milliarden Euro in Deutschland aus.
Foto: Crisp Research AG

Deutsche Unternehmen werden 2015 etwa 10,9 Milliarden Euro in Cloud-Services, Technologien und Integration & Beratung investieren. Zwar hat sich der Markt im internationalen Vergleich langsamer entwickelt. In diesem Jahr wird er aber auch an mehr Reife gewinnen. Die Gründe hierfür finden sich in diesem Analyst View.

Hier können Sie mit dem 1. Teil dieses Beitrags einsteigen!

6. Mobile Backend-Development

Der digitale Wandel macht heute vor keinem Bereich unseres Lebens mehr Halt. So sind schätzungsweise 95 Prozent aller Smartphone Apps mit Services verbunden, die sich auf Servern in globalen und weltweit verteilten Rechenzentren befinden. Gleichermaßen sind die Apps ohne eine direkte und zumeist konstante Verbindung zu diesen Services nicht funktionsfähig.

Das bedeutet im Umkehrschluss, dass moderne mobile Applikationen ohne eine stabile und global ausgerichtete Backend-Infrastruktur nicht mehr auskommen. Ebenso verhält es sich mit Services aus dem Internet of Things (IoT). Ein Mix aus verteilter Intelligenz auf dem tatsächlichen Endgerät und der Backend-Infrastruktur sorgen für die ganzheitliche Kommunikation und den Informationsaustausch, um die Funktionalität sicherzustellen. Gleichzeitig stellt die Backend-Infrastruktur die ganzheitliche Vernetzung der Endgeräte untereinander sicher.

Public Cloud Infrastrukturen bilden hierfür die ideale Grundlage. Die führenden Anbieter bieten zum einen die globale Reichweite. Zum anderen haben sie bereits fertige Microservices im Portfolio, welche bestimmte Funktionen abbilden und nicht extra entwickelt werden müssen. Diese Services lassen sich direkt für den eigenen Backend-Service nutzen. Andere Anbieter von Mobile-Backend-as-a-Services (MBaaS) oder IoT-Plattformen haben sich auf das Enablement für mobile Backend-Services oder IoT-Services spezialisiert. Beispiele hierfür sind Apinauten, Parse (nun Teil von Facebook) und Kinvey.

7. Cloud goes Vertical

In den ersten Phasen der Cloud haben sich Anbieter von Software-as-a-Service (SaaS) Applikationen verstärkt auf allgemeine beziehungsweise horizontale Lösungen wie Productivity-Suites oder CRM-Systeme konzentriert. Die Bedürfnisse einzelner Branchen wurden dabei weniger stark berücksichtigt, was an den Angeboten klassischer ISVs (Independent Software Vendor) lag, die ihren Weg in die Cloud noch nicht gefunden hatten.

Mit der einhergehenden Cloud-Transformation dieser ISVs und dem kontinuierlichen Eintritt neuer Anbieter, wächst der Markt für Software-as-a-Service (SaaS) und damit das Angebot vertikaler Lösungen speziell zugeschnitten auf eine Branche, z.B. Opower und Enercast aus dem Bereich Smart Energy, Hope Cloud für das Hotelgewerbe und Trecker.com im Agrarbereich.

Ein Beispiel für die Bedeutung der Vertikalisierung ist Salesforce. Neben Investitionen in weitere horizontale Angebote versucht der CRM-Primus seine Plattform speziell für einzelne Industrien wie dem Finanzsektor oder der Automobilbranche attraktiver zu gestalten.

8. Der Channel dreht auf

Der Großteil des Channels hat erkannt, dass er seine Bedeutung in Zeiten der Cloud unter Beweis stellen muss. Allen voran die großen Distributoren haben Initiativen gestartet, um die Attraktivität auf der Kundenseite zu Resellern und Systemhäusern zu erhalten beziehungsweise zu stärken. Das Jahr 2015 kann einen Wendepunkt darstellen. Auf jeden Fall wird es zu einer Bewährungsprobe.

Der Erfolg der Distributoren steht im direkten Zusammenhang mit der erfolgreichen Cloud-Transformation der Systemhäuser. Viele werden diesen Weg jedoch nicht alleine beschreiten können und benötigen Hilfe durch die Distributoren. Anhand unterschiedlicher Cloud-Szenarien wird sich dann zeigen, welche Leistungen über die Distribution weiter eingekauft und welche Services direkt bezogen werden.

Der gesamte Channel muss damit beginnen, sich und sein Geschäftsmodell zu hinterfragen und auf die Cloud auszurichten. Abgesehen von Hard- und Software für den Bau von Private oder Managed Clouds, ist der Zugriff auf Public Clouds anhand des Self-Service ein Kinderspiel. Für so manche Zielgruppen wird der Partner als Systemhaus, und damit auch die Distribution, keine Relevanz mehr haben. Andere Kunden werden Hilfe auf ihrem Weg in die Cloud benötigen. Wenn der Channel nicht in der Lage ist zu helfen, dann wird es jemand anderes tun.

9. Preis versus Feature War

In der Vergangenheit sorgten Preisreduzierungen von virtuellen Maschinen (VM) und Speicherplatz für riesen Schlagzeilen. Amazon Web Services (AWS) legte vor und kurze Zeit später folgten Microsoft und Google. Microsoft wagte sich sogar soweit hervor, dass angekündigt wurde, jede Preissenkung von AWS mitzugehen.

Nun sieht es danach aus, als seien die Anbieter an einer ökonomischen Hürde angelangt und dass der Preiskampf vorerst ein Ende gefunden hat. Stattdessen rücken Features und neue Services in den Vordergrund, um für die notwendige Differenzierung zu sorgen. Hierzu gehören immer leistungsstärkere VMs oder der Ausbau des Portfolios von Value-Added Services. Und das aus gutem Grund. Reine Infrastruktur wie VMs und Speicherplatz sind im Infrastructure-as-a-Service (IaaS) Markt schon lange kein Differenzierungsmerkmal mehr. Vertikale Services sind die Zukunft von Infrastructure-Services in der Cloud.

Zwar startet der IaaS-Markt erst jetzt richtig durch. Dennoch ist Infrastruktur zur Commodity geworden und bietet nur sehr wenig Potential für Innovation. Wir sind an einem Punkt in der Cloud angekommen, wo es darum geht, die Cloud Infrastrukturen zu nutzen, um darauf Services vertikal aufzubauen. Dafür sind Unternehmen und Entwickler neben virtueller Rechenleistung und Speicherplatz auf Value-Added Services wie Amazon SWF oder Azure Machine Learning angewiesen, um das eigene Angebot performant, skalierbar und ausfallsicher zu betreiben und für mobile oder IoT-Produkte zu nutzen.

10. Cloud Security

Die Angriffe auf JP Morgan, die Xbox und nicht zuletzt auf Sony haben im vergangenen Jahr gezeigt, dass jedes Unternehmen ein potentielles Ziel für Cyberattacken ist. Ob nun aus Spaß, finanziellem Interesse oder politischer Motivation, das Bedrohungspotential wächst kontinuierlich. Dabei sollte nicht vernachlässigt werden, dass weitestgehend nur die großen Fälle in den Medien erscheinen. Angriffe auf kleine und mittelständische Unternehmen bleiben unerwähnt oder schlimmer, werden von den Betroffenen gar nicht oder erst viel zu spät erkannt.

Man muss kein Sony-Vorstand sein um zu erkennen, dass durch einen erfolgreichen Angriff viel auf dem Spiel steht. Sei es die Reputation durch gestohlene Kundendaten oder sensible Unternehmensinformationen. Digitale Daten haben sich in vielen Unternehmen zu kostbaren Werten entwickelt, die es zu schützen gilt. Es ist somit nur eine Frage der Zeit, bis man selbst ins Fadenkreuz von Hackern oder gar politisch motivierter Extremisten und Geheimdienste gerät. Das muss nicht zwangsläufig im Jahr 2015 passieren. Allerdings führt die sich stetig ausbreitende Digitalisierung zu einem höheren Vernetzungsgrad, den sich Angreifer zu nutze machen werden, um ihre Attacken zu planen.

Crisp Research geht davon aus, das 2015 mehr Investitionen in höherwertige Security-Services wie Data Leakage Prevention getätigt werden als in Standardsicherheitslösungen wie Firewall- oder E-Mail-Security. Weiterhin werden sich IT-Sicherheitschefs verstärkt mit Strategien beschäftigen müssen, um DDoS-Angriffe abzuwehren. (bw)