Umfrage unter CIOs

CEOs haben keine Ahnung von IT

14.06.2013
Von 


Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Wenn technikaffine Vorstände den CIO mit Frage löchern

Einige Vorstände wollen mehr über die technischen Möglichkeiten erfahren, andere nicht. 14 Prozent der Vorstände haben laut PwC-Erhebung noch nie ein formelles Treffen mit einem CIO gehabt.

Patti Reilly-White, CIO bei Darden Restaurants: Unser CEO treibt IT-Themen voran.
Patti Reilly-White, CIO bei Darden Restaurants: Unser CEO treibt IT-Themen voran.
Foto: Darden Restaurants

Was ein Vorstand von seinem CIO will, hängt maßgeblich davon ab, was im Unternehmen vor sich geht. Patti Reilly-White, CIO bei Darden Restaurants, ist üblicherweise einmal im Jahr Gast eines Board-Meetings. Künftig wird sie die Vorstandsmitglieder wohl häufiger treffen, weil die Restaurant-Kette in den kommenden Jahren rund 200 Millionen Dollar zusätzlich in den IT-Ausbau investieren wird. Das Unternehmen, das mit Marken wie Olive Garden und Red Lobster rund acht Milliarden Dollar jährlich umsetzt, möchte die IT über alle Unternehmensteile hinweg einheitlich gestalten und mobile Bestelldienste und anderen Services in den Restaurants implementieren.

Angesichts des erheblichen Investitionsvolumens verfolgt Darden-CEO Clarence Otis das Projekt sehr genau. Sie verspricht sich einen deutlichen Wettbewerbsvorsprang und geizt gegenüber der IT-Managerin nicht mit Tipps und Hinweisen. "Sie hat genaue Vorstellungen und treibt uns in die von ihr gewünschte Richtung voran", beschreibt Reilly-White das Verhältnis zur Chefin. Das erforderliche Technik-Know-how holt sich CEO Otis nicht zuletzt beim TK-Konzern Verizon, wo sie als Aufsichtsrat an Board-Meetings teilnimmt.

Maya Leibman, American Airlines: Vom Board-Mitglied mit Fragen durchlöchert.
Maya Leibman, American Airlines: Vom Board-Mitglied mit Fragen durchlöchert.
Foto: American Airlines

Kaum verwunderlich ist, dass die Vorstände ihren CIOs immer dann besonders intensiv auf die Finger sehen, wenn es kriselt oder eine Transformation bevorsteht. Vor einem Jahr meldete die US-Fluglinie American Airlines Insolvenz an und beantragte Gläubigerschutz nach Chapter 11 des US-Insolvenzrechts. Zu den monatlichen Meetings des Vorstands wurde auch Maya Leibman als CIO gebeten. Dreimal musste sie vor dem Gremium Rechenschaft ablegen, zweimal davon in Sachen Informationssicherheit, einmal ging es um den Ersatz eines Schließsystems. Dabei musste sie sich auch den Fragen von Board-Mitglied Stephen Bennett stellen. Er war früher CEO von Intuit und damit vom Fach. In den Sitzungen forderte er sehr genaue Angaben etwa über das Testing neuer Applikationen ein. "Viele der Board-Mitglieder sind sehr technikaffin", schildert die Managerin ihre Erfahrung. "Aber Bennet verfügt aber über ganz besonders tiefe Einblicke."

Technologie-Experten im Vorstand sind für jeden CIO eine enorme Herausforderung, das belegt etwa der Informationsdienstleiter Dun & Bradstreet. Zum Verwaltungsgremium des Unternehmens mit einem Jahresumsatz von 1,8 Milliarden Dollar zählt unter anderem Austin Adams, vormals CIO bei den Finanzdienstleistern JP Morgan Chase, Bank One und First Union sowie Ex-HP-Manager. Bis im vergangenen Jahr saß ihm Naomi Seligman zu Seite, ihres Zeichens Gründerin des CIO-Think-Tank The Research Board. Mit zwei solchen Koryphäen im Board wird keinem CIO langweilig. Auf jeden Fall hätten sie immer "für ein intellektuell anstrengendes Meeting" gesorgt, erinnert sich der frühere CIO des Hauses Walt Hauck.

So viel IT-Sachverstand im obersten Gremium eines Informationsdienstleister ist naheliegend, immerhin sind Kerngeschäft und IT eng miteinander verwoben, ähnlich wie bei Finanzdienstleistern. Eine vergleichbar intensive Auseinandersetzung der Vorstände mit den Möglichkeiten neuer Techniken findet sich aber auch in anderen Branchen und Unternehmen, etwa bei FedEx, Pfizer, Procter & Gamble und Wal-Mart.

Estelle Metayer, Beraterin bei Competia: IT ist ein wichtiges Element in der Unternehmensstrategie.
Estelle Metayer, Beraterin bei Competia: IT ist ein wichtiges Element in der Unternehmensstrategie.
Foto: Competia

Diese Liste wird wachsen, davon ist Estelle Metayer überzeugt. Die Mitgründerin und Chefin des Beratungshauses Competia bemüht sich um eine bessere Wettbewerbsfähigkeit ihrer Kunden, und IT ist dabei ein wichtiges Element. Die intensivere Auseinandersetzung der Vorstände mit der Informationstechnik ist unter anderem Folge einer erweiterten Aufgabenbeschreibung von CEOs. Die Manager müssen sich zunehmend sowohl um die strategische Ausrichtung als auch um das Wohlergehen ihres Unternehmens im Tagesgeschäft kümmern. Diese Aufgaben erfordern mehr Wissen im IT-Belange, sagt Metayer: "Wenn der Verwaltungsrat vor allem mit CEOs, Anwälten und Wirtschaftsprüfern im Ruhestand bestückt ist, ist ein Meeting des Gremiums sicher nicht der richtige Ort, um die technologische Strategie zu hinterfragen", räumt die Beraterin ein.

Vorstände, die ihren CIO ins Kreuzverhör nehmen, sind ein echte Herausforderung für jeden Manager. Das Nachhaken ist aber nicht zwangsläufig Zeichen dafür, dass sie die Fähigkeiten ihres obersten IT-Managers in Frage stellen, sie wollen nur seine Ansichten und Einschätzungen auf die Probe stellen, vermutet Talisman-Vice-President Noble: "Sie erden dich wieder und stoßen dich zurück ins echte Geschäftsleben."

Heutigen CIOs rät der erfahrene IT-Manager, die steigende Bedeutung von IT auszunutzen. Sie arbeiten in einer Position, in der sie an den Geschäftsführer oder Finanzchef berichten und Einfluss auf Pläne und Entscheidungen des obersten Managements nehmen können. Noble plädiert dafür, dass sich IT-Manager mehr einmischen: "Die IT ist nicht autonom, in keiner Hinsicht."