Businessplan-Wettbewerbe - Gründen um jeden Preis?

24.01.2002

Die privaten Beteiligungsgesellschaften lecken sich die Wunden und laborieren zur Zeit an ihren verlorenen Schützlingen wie snacker.de mit der Gründerlichtgestalt Jörg Lichtenberg oder VitaGo mit Vorreiter Stephan Naundorf, 1999 noch beim Münchner Businessplan Wettbewerb als Gründer aus den USA gefeiert. "Man muss fast immer auf die staatlichen Finanzierungsinstitutionen wie die TBG ausweichen," klagt Gründer Sascha Kirpal. "Multimedia-Wettbewerb"-Preisträger Daniel Tamberg fand bereits 1998 keine Kapitalgeber für sein Entwicklungstool für Online-Spiele. Allerdings haben ihm Verhandlungen mit den Kapitalgebern und Präsentationen vor den Investoren unschätzbare Erfahrungen gebracht. Tamberg hatte dabei den Eindruck, "dass nur wenige Geldgeber auch wirklich wussten, um was es ging". Neue Medien – und das gilt unserer Erfahrung nach heute immer noch – ist für sie vor allem ein

Marketing-Begriff – die Technik, ihre Möglichkeiten und Grenzen sind nach wie vor ein Buch mit sieben Siegeln für die Finanzexperten. Nur dass man vor einigen Jahren noch blind den Prognosen à la Forrester glaubte, während heute übermäßiges Misstrauen gegenüber dem unbekannten Wesen "Neue Medien" herrscht.

Doch auch Sascha Kirpal lässt kein gutes Haar an den Wagnisfinanzierern: "Jetzt merken sie, dass sie die Businesspläne gar nicht prüfen können, weil sie nämlich nicht die entsprechend qualifizierten Leute dafür haben. Hierfür werden inzwischen Firmen wie McKinsey als Vorauswahlinstanz zwischengeschaltet. Daher ist es dann ganz sinnvoll, wenn sie auch bei Wettbewerben dabei sind und man sozusagen ein Gütesiegel für den Businessplan erhält. Der Nachteil ist, dass so das Ganze heute erstens etwas länger dauert und zweitens es immer schwieriger wird, überhaupt an die Investoren heranzukommen." Leicht resigniert fügt er hinzu: "Meist schafft man das nicht."

Ebenso schwankt die Qualität der Juroren in den Wettbewerben enorm, da nur die wenigsten die Branche kennen, für die die Idee entwickelt wurde. Kirpal: "Viele wurden Juroren, um sich zu profilieren. Viele fallen auf das Marketing-Gebabbel herein." Statt wie auf den natur- oder ingenieurwissenschaftlichen Gebieten tatsächlich Erfindungen, also Innovationen, auszuzeichnen, werden in den herkömmlichen Gründerwettbewerben mit Schwerpunkt Neue Medien allzu oft aber nur Ideen des Produktmarketing prämiert. Was beispielsweise ist an der Idee des "start2grow"-Preisträgers soludo.com innovativ, E-Mail-Support für andere Firmen zu bieten?

Ganz explizit möchte man laut Fraunhofer-Experte Zoche zudem über die Wettbewerbe auch die Hochschulausbildung positionieren und mit der Prämierung demonstrieren: "Unsere Universitäten machen Ausgründungen, die wiederum Leute einstellen. Ergo müssen wir die Unis weiter fördern." Nun stecken aber gerade in diesen universitätsnahen Unternehmungen schon Unmengen von staatlichen Fördergeldern, so dass das Argument Zoches vom ISI auf die Frage nach der Kosten/Nutzen-Relation der Wettbewerbe nicht mehr ganz so schlüssig ist: "Gründer-Wettbewerbe sind ein recht günstiges Instrument, die Umsetzung von Innovationen zu fördern, verglichen zum Beispiel mit der Forschungsförderung." Nur die gibt es für viele ja noch oben drauf. Uni-Ausgründungen haben in den Wettbewerben immer bessere Gewinnchancen: "Ein Doktor im Team - egal was für einer, es kann auch eine Historiker sein - gibt noch einmal 15 Prozent Pluspunkte. Und ein Professor

macht gleich 30 Prozent aus," so Sascha Kirpals Erfahrungen. Denjenigen, die über akademische Titelträger und sonstige Beziehungen nicht verfügen, bleibt der Trost, es ohne Beziehungen geschafft zu haben. Offensichtlichen Nutzen von Gründer- und Businessplan-Wettbewerben haben aber unzweifelhaft die Organisatoren selbst: Der Overhead verschlingt einen Großteil der Gelder der Gründerinitiativen. So wurde in der Stadt Dortmund nach Jahren rigorosen Einstellungstops ein Team von mehr als 20 Mitarbeitern neu angestellt und unzählige Pöstchen in den städtischen Entwicklungs-GmbHs geschaffen. Das Gros der Gelder erhalten jedoch die Beratungsunternehmen wie PriceWaterhouseCoopers, KPMG und allen voran McKinsey, die in der überwiegenden Mehrzahl der Wettbewerbe als "Schirmherr" mit dabei sind. Beim dortmund-project wurde etwa McKinsey für Konzepte aus der Schublade, Türsteher-Dienste auf den Veranstaltungen und Vorträge wie "Was ist ein Businessplan?"