Bewerber online vorsortieren

09.09.2004
Von Magdalena Schupelius

Dazu kommen die Ausgaben für die Auswertung der Tests, auch sie schwanken sehr stark je nach Art der Prüfungen und der Methode der Auswertung. Für einfache Auswertungen fallen pro Bewerber ungefähr zehn Euro an. Doch die Rechnung geht in den meisten Fällen auf, betont Wottawa: "Die Anfangsinvestition amortisiert sich oft schon innerhalb eines Jahres."

Auch qualitativ sollen die Online-Tests den Unternehmen einen Zugewinn bringen: Sie können echte Leistungsmerkmale des Kandidaten bereits zu einem frühen Zeitpunkt im Bewerbungsprozess ermitteln und damit die biografischen Daten aus dem Lebenslauf ergänzen. Die Bandbreite der eingesetzten Verfahren reicht von reinen Wissens- über Leistungs- und psychologischen Tests anhand derer Motivation, Teamfähigkeit oder Selbstorganisation überprüft werden bis hin zu virtuellen Arbeitsproben. Die virtuelle Simulation der Aufgaben gibt dem Bewerber die Chance, die Folgen seiner Entscheidungen zu erkennen und sie auch zu korrigieren. Er kann also beweisen, dass er aus Fehlern lernt oder Strategien anzupassen vermag. Am Ende entscheidet nicht nur das Ergebnis, sondern auch das Vorgehen über die Bewertung.

Nachteil: Identität lässt sich nicht feststellen

Dennoch wird ein Online-Assessment meist nur in der ersten Phase der Bewerberauswahl eingesetzt. Denn zwei gravierende Nachteile des Online-Assessments bleiben trotz aller Fortschritte erhalten. Weder die Bedingungen, unter denen die Tests absolviert werden noch die Identität der Testperson lassen sich kontrollieren. Darum prüft auch Unilever die erfolgreichen Kandidaten noch in einem herkömmlichen Assessment-Center und achtet hier vor allem auf Eigenschaften wie Motivation oder Teamfähigkeit.

Inzwischen existieren auch für den Abgleich der Persönlichkeit eines Kandidaten mit dem Kompetenzprofil des Unternehmens Web-basierende Tests. GKN Driveline setzt ein solches Verfahren bereits ein. Der Rösrather Automobilzulieferer prüft online die Führungsqualifikationen der Mitarbeiter. Psychologen der Ruhr-Universität Bochum wandelten das Kompetenzmodell des Unternehmens, das festlegt, welches Know-how in welchem Ausmaß an welcher Stelle gefragt ist, in ein situatives Testmodell um.

"Die Unternehmensvertreter bestimmen, welches Verhalten richtig oder falsch ist", erklärt Wottawa. Dadurch lasse sich feststellen, inwieweit das Verhalten der Mitarbeiter mit den Führungsleitlinien der Firma übereinstimmt. Der sonst übliche Vergleich mit der Normgruppe kann entfallen. Das Ergebnis hilft Vorgesetzten, Mitarbeitern und Personalabteilung die geeigneten Maßnahmen zur Personalentwicklung zu ergreifen.