Wenn Arbeitnehmer schuldhaft gegen ihre Vertragspflichten verstoßen haben und so ein Schaden entstanden ist, können sie von ihrem Arbeitgeber in Haftung genommen werden. Allerdings haften sie nach geltender Rechtsprechung nur begrenzt, abhängig vom Grad des jeweiligen Verschuldens. Wie wichtig diese Schadensbegrenzung ist, macht das Verfahren gegen eine Reinigungskraft deutlich, in dem das LAG Niedersachsen über den Schadensersatz wegen der Beschädigung eines Kernspintomografen zu entscheiden hatte (Urteil vom 24.04.2009, Az. 10 Sa 1402/08).
Bei der Frage des Verschuldens unterscheidet die Rechtsprechung generell zwischen vorsätzlichem und fahrlässigem Handeln. Vorsätzlich handelt ein Arbeitnehmer, wenn er nicht nur gegen eine Handlungspflicht, zum Beispiel eine Anweisung oder eine Unfallverhütungsvorschrift verstößt, sondern auch den im Unternehmen eintretenden Schaden zumindest billigend in Kauf nimmt. Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
Darüber hinaus wird geprüft, ob aus leichter, mittlerer und grober Fahrlässigkeit gehandelt wurde. Leichte Fahrlässigkeit ist das typische Abirren, das sich Vergreifen und sich Vertun. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die Sorgfalt besonders schwer verletzt und nicht einmal das beachtet wird, was jedem einleuchtet und auch dem Schädiger in seiner persönlichen Situation hätte einleuchten müssen.
In dem vom LAG zu entscheidenden Fall war die Arbeitnehmerin seit vielen Jahren als Reinigungskraft in einer Gemeinschaftspraxis zu einem monatlichen Bruttoentgelt in Höhe von 320,00 Euro tätig. Die Arbeitnehmerin hatte eine private Haftpflichtversicherung abgeschlossen.
- Zahlendreher und Rechenfehler
CIOs erhalten tagtäglich eine Fülle an Berichten. Da bleiben kleine Fehler schnell unbemerkt - mit teils katastrophalen Folgen. - Adam Ries soll GEZ-Gebühren zahlen
Im März 2009 schickte die GEZ eine Zahlungsaufforderung an Adam Ries. Soweit ist das nichts Ungewöhnliches, doch der Zahlen- und Rechenkünstler ist seit rund 450 Jahren tot. Ein Rechenfehler der GEZ-Behörde sorgte dafür, dass das Adam-Ries-Museum in Annaberg-Buchholz einen Bescheid erhielt, wonach der Gelehrte die Rundfunk- und Fernsehgebühren entrichten sollte. Auch nach der Richtigstellung seitens des Museums folgten weitere Mahnungen - zudem wurde Ries auch aufgefordert, seine Rundfunk-Teilnehmernummer endlich bekannt zu geben. - Rundungsfehler bei der Pferdesport-EM
Bei der Pferdesport-EM 2010 in Prag zeigte das deutsche Team eine beinahe fehlerfreie Darbietung. Überraschenderweise überreichten die Preisrichter aufgrund eines Rechenfehlers anstelle der Goldmedaille den Silberpokal. Ein Rundungsfehler sorgte dafür, dass das Team der Briten irrtümlich eine höhere Gesamtpunktezahl erhielt und somit vor dem Team aus Deutschland lag. Bei einem zweiten Wertungsdurchgang wurde der Fehler behoben und England und Deutschland teilten sich den ersten Platz. - Zu lange Haft durch Rechenpatzer
Das Amtsgericht Heidenheim verurteilte 2008 einen jungen Mann wegen schweren Raubes zu dreieinhalb Jahren Gesamtfreiheitsstrafe. Dieses Jahr hat der Täter hat nicht nur seine Strafe verbüßt, er saß zudem sieben Monate zu lang hinter Gittern. Bei der Strafermittelung unterlief dem Rechtspfleger ein Rechenpatzer: Er vergaß die sieben Monate anzurechnen, die der Verurteilte bereits ausgesetzt hatte. Das ist aber weder dem Gericht noch dem Täter aufgefallen - erst bei seiner Entlassung wurde der Fehler bemerkt. - Ökoenergie mit Rechenfehler
Wegen einer falsch berechneten EEG-Umlage stiegen dieses Jahr die Preise für Ökostrom bei rund 750 Versorgern drastisch an. Es hat sich aber herausgestellt, dass die Stromkosten zu hoch angesetzt wurden, da 2010 weniger Solaranlagen einer Neuinstallierung unterlagen als eigentlich vorgesehen war. Statt 2,7 Cent mussten die Verbraucher nun 3,5 Cent pro Kilowattstunde bezahlen. Das Verbraucherportal Verivox errechnete, dass die Verbraucher insgesamt 882 Millionen Euro zu viel für ihren Strom gezahlt haben. Dieser Betrag soll zwischen den Energieversorgern und den Übertragungsnetzbetreibern mit der EEG-Umlage von 2012 verrechnet werden. - Denkfehler bei der Bahn
In Nordrhein-Westfalen steht die höchste Eisenbahnbrücke in Deutschland. Die Müngstener Brücke ist 107 Meter hoch, 465 Meter lang und mit ihren 112 Jahren an vielen Ecken und Enden rostig. Daher ließ die Bahn in diesem Jahr die Brücke prüfen und sanieren. Dabei ist dem Verantwortlichen ein Denkfehler unterlaufen. Bei der Sicherheitsüberprüfung ging man rein von dem Gewicht eines leeren Zuges aus und vergaß vollkommen die zusätzliche Last durch Güter und Fahrgäste. Jetzt können zwar die Züge die Brücke nutzen, aber nur wenn diese leer sind. - Fehleinschätzung beim Bau der Boing 737
Im Frühjahr dieses Jahres hatten die 123 Passagiere einer Boing 737 ein besonderes Erlebnis: In rund zehn Kilometer höhe riss das Dach der Kabine auf und die Passagiere konnten durch einen eineinhalb Meter langen Riss den Himmel "bewundern". Bei einer anschließenden Überprüfung zeigte sich, dass die vernieteten Übergänge zwischen den Aluminiumplatten die Unfallursache war. Das sorgte umgehend für eine Überprüfung von ähnlichen Flugzeugtypen auf diese Schwachstellen. Bei einigen baugleichen Boings wurden dabei kleine Risse in der Außenhülle gefunden. Dieses Verschleiß-Problem war den Boeing-Ingenieure von Anfang an bekannt. Allerdings ging das Unternehmen davon aus, dass die Ermüdung des Materials frühestens nach 60.000 Flügen beginnt. Das Unglücksflugzeug hatte aber nach seiner 15-jährigen Dienstzeit nur rund 39.000 Flüge absolviert.
Gerät falsch bedient
An einem arbeitsfreien Sonntag besuchte die Arbeitnehmerin eine Freundin, die ebenfalls als Reinigungskraft in der Arztpraxis arbeitete und direkt im Praxisgebäude wohnt. Die Arbeitnehmerin hörte einen Signalton, der von dem Kernspintomografen in der Arztpraxis ausging. Sie betrat die Praxis und begab sich zur Steuereinheit des Gerätes. In der Absicht, den Alarmton auszuschalten, drückte die Arbeitnehmerin einen größeren roten Knopf. Die Arbeitnehmerin kannte sich aber weder mit dem Gerät an sich aus, noch konnte sie die englischen Begriffe wie "alarm silence", "system off" oder "magnet stop" einordnen. Durch die Fehlbedienung entstand an dem Kernspintomografen ein Schaden in Höhe von 30.843,01 Euro.
Das LAG Niedersachsen begrenzte die Haftung der Arbeitnehmerin auf einen Betrag in Höhe von 3.840,00 Euro. Die Arbeitnehmerin handelte zwar schuldhaft, nämlich fahrlässig und hat so das Eigentum ihrer Arbeitgeber verletzt. Sie kann sich im vorliegenden Fall aber auf die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung berufen, da ihr Verhalten als betrieblich veranlasst eingestuft wurde. Betrieblich veranlasst sind alle Tätigkeiten, die ein Arbeitnehmer per Arbeitsvertrag übertragen bekommt, oder die er im Interesse des Arbeitgebers für den Betrieb ausführt. Die Tätigkeit muss im nahen Zusammenhang mit dem Betrieb und dem betrieblichen Wirkungskreis des Arbeitnehmers stehen. Im vorliegenden Fall fühlte sich die Arbeitnehmerin verpflichtet, ihren Arbeitgebern zu helfen. Irrelevant ist, dass dieser Vorgang außerhalb ihrer Arbeitszeit geschah.
Dennoch wird das Verhalten der Arbeitnehmerin von den Gerichten als grob fahrlässig eingestuft. Im vorliegenden Fall hätte sie keinesfalls wahllos einen der Knöpfe drücken dürfen, deren Funktion sie nicht kannte, sondern hätte den Arbeitgeber zum Beispiel telefonisch verständigen müssen. Trotzdem ist die Arbeitnehmerin nicht zu vollem Schadenersatz verpflichtet.