SIS-Chef Christoph Kollatz

Bei SIS kracht und raucht es nicht mehr

23.06.2008
Kollatz: Wir haben uns in Großbritannien alle wesentlichen Projekte noch einmal genau angeschaut. Wir erwarten nun keine weiteren Überraschungen und sind sehr zuversichtlich, dass wir die gesteckten Ziele erreichen.
Kollatz: Wir haben uns in Großbritannien alle wesentlichen Projekte noch einmal genau angeschaut. Wir erwarten nun keine weiteren Überraschungen und sind sehr zuversichtlich, dass wir die gesteckten Ziele erreichen.
Foto: Redaktion COMPUTERWOCHE

CW: Der Schwenk zum selektiven Outsourcing ist vor allem bei Großkunden zu beobachten. Ist das Ihre bevorzugte Klientel?

Kollatz: Die Gruppe, die in der Zusammenarbeit mit Siemens IT Solutions and Services den größten Nutzen sieht, sind Kunden vom gehobenen Mittelstand aufwärts - dazu gehören natürlich auch internationale Konzerne.

CW: SIS hat zuletzt viele Deals im Ausland gewonnen. Ist das gewollt, oder gibt es im Ausland einfach mehr Möglichkeiten?

Kollatz: Der regionale Schwerpunkt liegt in Europa und Deutschland. Knapp 15 Prozent des Umsatzes kommen aus den USA. Unser internationales Geschäft wächst dabei stärker als das deutsche Geschäft. In Nordamerika, in einigen asiatischen Staaten sowie in Osteuropa verzeichnen wir zweistellige Wachstumsraten. Jüngste Beispiele für gewonnene Projekte mit großen, internationalen Kunden sind Nike, Coca Cola und Daimler. Aufgeschlüsselt nach Branchen wachsen wir stark im Gesundheitswesen, Energieversorgung, Industrie sowie der öffentlichen Hand.

Keine weiteren faulen Deals

CW: Ein Projekt mit der öffentlichen Hand in Großbritannien hat Ihnen die letzte Quartalsbilanz verhagelt. Ein Vertrag mit dem britischen Arbeitsministerium wurde gekündigt, weil SIS sich offenbar verkalkuliert hatte. Gibt es weitere problematische Abkommen?

KOLLATZ: Wir haben sofort reagiert und uns in Großbritannien alle wesentlichen Projekte noch einmal genau angeschaut. Offene Themen wurden bereinigt und haben sich in der Bilanz des zweiten Quartals niedergeschlagen. Wir erwarten nun keine weiteren Überraschungen und sind sehr zuversichtlich, dass wir die gesteckten Ziele erreichen. Auch weltweit haben wir die wichtigen Projekte geprüft und sind uns sicher, dass wir sie unter Kontrolle haben.

CW: In Deutschland betreiben Sie mit dem Herkules-Deal der Bundeswehr ebenfalls ein Großprojekt der öffentlichen Hand. Kann es auch hier zu größeren Problemen kommen?

KOLLATZ: Herkules ist ein sehr anspruchsvolles Projekt, das wir gemeinsam mit der Bundeswehr und IBM betreiben. Wir liegen gut im Zeitplan und haben die ersten großen Meilensteine planmäßig hinter uns gebracht. Derzeit arbeiten wir am Rollout auf die neuen Technologieplattformen. Das Team ist gut aufgestellt und wird die anstehenden Herausforderungen oder mögliche Probleme gemeinsam mit dem Kunden meistern.

CW: SIS konnte stark im Ausland zulegen. Ist das Marktwachstum in Deutschland so schwach?

Kollatz: In der Tat hinkte der deutsche IT-Markt in den vergangenen Jahren immer ein bis zwei Prozentpunkte hinter dem weltweiten Wachstum her. Dennoch sehen wir gerade in unserem Heimatmarkt viel Potenzial durch die Zusammenarbeit mit Siemens.

Starke Konkurrenz durch Offshorer

CW: Stoßen Sie auf indische Wettbewerber in den Ausschreibungen deutscher Kunden?

Kollatz: Ja, genau wie wir auf Wettbewerber aus den USA stoßen. Wenn es sich um Themen handelt, in denen man keine tief gehende Branchenexpertise benötigt und keine langjährige Zusammenarbeit und Partnerschaft erforderlich ist, dann ergeben sich eher Einstiegspunkte für diejenigen Wettbewerber, die stark das Kostenargument bemühen. Wir spielen auf beiden Feldern - wir realisieren einerseits innovative, wertsteigernde Lösungen und können gleichzeitig Standarddienste sehr günstig liefern. Das funktioniert aber nur, weil derzeit mehr als 35 Prozent unserer Mitarbeiter in so genannten Niedriglohnländern arbeiten.

CW: Spiegelt sich diese Quote auch in Projekten wider?

Kollatz: Es kommt auf das jeweilige Projekt an. Es gibt Projekte mit einem Offshore-Anteil von 70 bis 80 Prozent. Andere Vorhaben betreiben wir mit sehr wenigen Offshoring-Ressourcen.

CW: Wie integrieren Sie die Offshoring-Leistung in die lokalen Projekte? Für die hiesigen Mitarbeiter besteht ja zunächst einmal keinen Anlass, indische Kollegen einzubinden und Aufgaben zu verlagern.

Kollatz: Wir haben haben dafür klar definierte, standardisierte Prozesse und unsere Mitarbeiter sind entsprechend informiert und geschult. Es gibt zudem so genannte Offshore-Manager, die frühzeitig in die Diskussion mit den Kunden und in die Vorbereitung der Angebote eingebunden werden. Zudem betone ich immer wieder, dass die Zusammenarbeit im internationalen Netzwerk Arbeitsplätze nicht bedroht, sondern vielmehr sichert. Nur wenn wir es nicht schaffen, dem Kunden ein attraktives Gesamtangebot zu unterbreiten, sind Jobs gefährdet.