Transparenz und Wertschätzung zahlen sich aus

Auf Augenhöhe trennen

29.08.2023
Von 
Francine Zimmermann war 15 Jahre in verschiedenen Managementpositionen in der IT tätig. Als Business Coach hat sie sich auf das Thema „Trennung auf Augenhöhe – wertschätzende und menschenzentrierte Kündigung auch in herausfordernden Situationen“ spezialisiert. Sie begleitet Vorstände, Geschäftsführer und Führungskräfte in schwierigen Kündigungssituationen. Sie berät Unternehmen, den wertschätzenden Umgang mit Kündigungen in die Unternehmenskultur zu integrieren und Nachhaltigkeit zu erreichen.
Bei Führungskräften passiert es häufig, dass diese von heute auf morgen nicht mehr da sind. Das ist in vielen Unternehmen gängige Praxis – mit weitreichenden Folgen, nicht nur für die Betroffenen.
Wertschätzende und menschenzentrierte Kündigung ist ein Wettbewerbsvorteil.
Wertschätzende und menschenzentrierte Kündigung ist ein Wettbewerbsvorteil.
Foto: Roman Samborskyi - shutterstock.com

Unabhängig davon, ob Führungskräfte oder Mitarbeiter gekündigt werden: Wertschätzende und menschenzentrierte Kündigung ist ein Wettbewerbsvorteil - nicht nur mit Blick auf den Fachkräftemangel. Dabei geht es um Unternehmenskultur, Mitarbeiterbindung und Effizienz.

Bevor Sie sich von einer Führungskraft oder einem Mitarbeiter trennen, denken Sie über mögliche Alternativen nach. Häufig ist der erste innere Impuls, dass keine Alternativen existieren. Das liegt daran, dass Arbeitgeber nur die naheliegendste Lösung sehen, die den bekannten Denkmustern entsprechen.

Manche Situationen sind verfahren und herausfordernd. Der Vorgesetzte hat mehrfach Gespräche mit dem Mitarbeiter geführt, dennoch ist eine Verhaltensänderung nicht erkennbar. Die Leistung ist nicht zufriedenstellend, bis hin zur kompletten Arbeitsverweigerung. Eventuell wurde die Stelle oder ein Unternehmensbereich gestrichen.

Gleichzeitig gibt es aber (fast) immer zusätzliche Wege. Diese zu berücksichtigen ist wichtig, denn:

  • Verlässt ein Mitarbeiter das Unternehmen, verliert es häufig umfangreiches Wissen. Das kostet Geld.

  • Für die Neubesetzung einer Position wird ebenfalls Budget benötigt. Das betrifft zum einen den Auswahlprozess und die Einarbeitungszeit, zum anderen liegen Gehälter von neuen Mitarbeitern häufig über denen, von bestehenden. Besonders wichtig ist der Aspekt, wenn der bisherige Mitarbeiter im Zusammenhang mit einer höheren Gehaltsforderung gekündigt wurde.

  • Passt es zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter nicht mehr, heißt das nicht, dass der Mitarbeiter nicht ins Unternehmen passt und an anderer Position für das Unternehmen einen Mehrwert bietet.

  • Verlassen Führungskräfte die Firma, sorgt das für Leistungsabfall im Team oder im gesamten Unternehmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass je höher die Position in der Hierarchie und je plötzlicher das Ausscheiden, umso weitreichender sind die Folgen, die in das Unternehmen hinein wirken.

  • Die Kündigung einer Person kann weitere Kündigungen von Arbeitnehmern nach sich ziehen, die das Unternehmen braucht und halten will.

Bleibt die Kündigung der einzige Ausweg, hat diese wertschätzend, menschenzentriert und auf Augenhöhe zu geschehen, um folgende Risiken zu vermeiden:

1. Für die gekündigte Person

Eine Kündigung bedeutet immer Emotionen wie Wut, Panik und Trauer. Nicht selten fühlt es sich wie ein Scheitern an. Das Vertrauen in sich selber und in die eigenen Kompetenzen wird erschüttert. Daher fällt es Betroffenen häufig schwer, im Anschluss eine neue adäquate Position zu finden oder sogar die Veränderung als persönliche Chance zu nutzen. Psychischen Störungen in der Folge sind möglich.

2. Für das Team und die Mitarbeiter, die zurückbleiben

Es bleiben Mitarbeiter im Unternehmen zurück - Kollegen der gekündigten Person, das Team der Führungskraft, die das Unternehmen verlassen hat oder die gesamte Belegschaft, wenn der Geschäftsführer betroffen ist.

Je schneller die Person nicht mehr Teil der Organisation ist und je geringer die Kommunikation, desto größer der Schock und die daraus resultierende Unsicherheit der zurückbleibenden Menschen. Das kann dazu führen, dass sich Mitarbeiter nicht weiter auf die Arbeit konzentrieren können. Die Teamperformance sinkt messbar. Es entstehen Ängste und es wird darüber diskutiert, was passiert ist und ob man als Nächstes betroffen ist. Die Ängste sorgen dafür, dass Mitarbeiter und die Teams ihr Potenzial nicht voll entfalten.

3. Für das Unternehmen

Jeder freigesetzte Mitarbeiter ist auch ein Werbeträger - oder eben nicht. In Zeiten des Fachkräftemangels erlangen Plattformen wie Kununu immer mehr Relevanz. Bewerber informieren sich sehr genau über den potenziellen neuen Arbeitgeber. Eine negative Bewertung über den Arbeitgeber im Rahmen der Kündigung oder sogar zum Ablauf der Kündigung hat mehr Gewicht als viele positive Rezessionen.

Denn, wie sich ein Unternehmen von seinem Mitarbeiter trennt, sagt mindestens so viel über die Unternehmenskultur aus, wie Teamentwicklungsmaßnahmen, Frauenanteilen in Führungspositionen oder Equal Pay, um nur einige Beispiele zu nennen. Damit riskieren Sie die Chance, neue Mitarbeiter zu gewinnen. Das hat massive Auswirkung auf Ihre Wettbewerbsfähigkeit.