Anwender proben Applikations-Outsourcing

10.09.2003
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Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Prozessnahe Services

Nicht im Festpreis enthalten sind Neuanschaffungen und Integrationsarbeiten, etwa die Einführung eines komplett neuen ERP-Moduls. Solche Erweiterungsvorhaben zahlen die Auftraggeber ähnlich wie im Projektgeschäft nach Zeit- und Materialaufwand. Nicht zwangsläufig fällt bei diesen Arbeiten der Zuschlag zu Gunsten des Application-Management-Partners, doch, weil der die Anwendungslandschaft am besten kennen sollte, hat er die besten Karten, den Auftrag zu bekommen. Das ist ein wesentlicher Grund dafür, dass dieser Markt für die Anbieter so attraktiv ist. "Solche Services stellen ein sehr gutes Instrument zur Kundenbindung dar", meint Leclerque. "Die Dienstleister arbeiten nah an den Applikationen und folglich auch an den Prozessen."

So kommt es, dass sich derzeit sowohl die klassischen Outsourcing-Anbieter wie IBM Global Services, EDS, T-Systems und Siemens Business Services (SBS), als auch Systemintegratoren a là  Accenture, Bearingpoint und Cap Gemini Ernst & Young sowie Spezialisten wie MAK Data System aus Kiel um diesen kleinen Kuchen streiten. Sie nähern sich dem Geschäft aus unterschiedlicher Richtung und mit divergierenden Zielen. "Die Systemintegratoren versuchen, ihre im Projektgeschäft eingebrochenen Umsätze zu kompensieren", erläutert Leclerque. "Zudem hoffen sie auf einen

kontinuierlichen Einnahmenfluss, so dass ihre Umsätze künftig weniger abhängig vom konjunkturanfälligem Projektgeschäft sind." Entgegen kommt den derzeit notorisch klammen Systemintegratoren, dass für den Einstieg in das Application-Management keine großen Vorabinvestitionen erforderlich sind.

Derartige Sorgen plagen die Outsourcing-Spezialisten weniger. Sie wollen das Application-Management als Türöffner für weiterreichende Outsourcing-Verträge nutzen. Im Vergleich mit dem nordamerikanischen, skandinavischen oder britischen Markt sind deutsche Anwender nach wie vor Outsourcing-Muffel, zu groß ist ihre Skepsis gegenüber externen Dienstleistern. Der sanfte Einstieg in dieses Geschäft über den Umweg des Application-Managements könnte die Bedenken zerstreuen, hoffen die Service-Provider.

Zugute kommt den Anbietern, dass diese Disziplin eigentlich nicht neu ist, in etwas anderer Form gibt es solche Dienstleistungen bereits seit langem. Schon früher war es nicht ungewöhnlich, dass die Systemintegratoren die von ihnen eingeführte Software auch nach der Übergabe von ihren eigenen Mitarbeitern in den Räumen des Auftraggeber pflegen, aktualisieren und betreuen. Für die Anbieter war dieses in der Branche als "Bodyleasing" bezeichnete Geschäft lukrativ, weil nach Zeit und Aufwand abgerechnet wurde und sich notfalls auch ein Berater ohne Projekt dort beschäftigen ließ. Erst der erhebliche Kostendruck hat viele Unternehmen dazu bewegt, diese Aufgaben so weit wie möglich wieder in eigene Hände zu nehmen.