Um den Preis höherer Komplexität

Virtualisierung krempelt Desktop-Computing um

14.08.2008
Von Wolfgang Sommergut 
Die Verlagerung der Desktops in das Rechenzentrum zählt zu den aktuellen Hype-Themen der IT-Branche. Die gepriesenen Vorzüge dieses Modells könnten sich aber erst in fernerer Zukunft erweisen.

Die Virtualisierung von Servern und Speichern genießt seit einiger Zeit große Aufmerksamkeit. Sie wird in den Rechenzentren immer mehr zur Realität, weil sie helfen kann, durch bessere Auslastung der Hardware Kosten zu sparen. Die großen Anbieter von Virtualisierungsinfrastruktur nehmen nun zusätzlich den Arbeitsplatzrechner ins Visier.

Begreift man Desktop-Virtualisierung als Trennung des Orts, an dem sich der PC befindet, von jenem, von dem aus der Benutzer darauf zugreift, dann gab es dafür schon bisher einige erfolgreiche Modelle. Das einfachste besteht im Fernzugriff auf einen einzelnen Arbeitsplatz-PC durch entsprechende Remote-Control-Software. Dieser Ansatz kommt für eine systematische Zentralisierung der Desktops jedoch nicht in Frage. Die Verlagerung der Desktops in das Rechenzentrum ist indes das wesentliche Anliegen der Virtualisierung.

Terminal-Sitzung versus virtueller PC

Während die physische Verlagerung des PC, bei der jeder Benutzer einen Blade-Einschub im Server-Raum erhält, nur wenig Erfolg hatte, erfreut sich das Terminalmodell seit Jahren großer Beliebtheit. Dabei laufen die Anwendungen auf dem Server, und ihre Bildschirmausgabe wird auf den lokalen Client umgeleitet. Umgekehrt werden die Tastatureingaben und Mausklicks des Benutzers an den Server übertragen. Die prominentesten Vertreter dieses Ansatzes sind Microsofts Terminal Server sowie der "Presentation Server" von Citrix ("kürzlich auf XenApp umgetauft).

Virtuelle Desktops bieten Unternehmen die Möglichkeit, externe Partner mit Arbeitsplatzrechnern auszustatten, ohne dafür physische Hardware bereitstellen zu müssen.
Virtuelle Desktops bieten Unternehmen die Möglichkeit, externe Partner mit Arbeitsplatzrechnern auszustatten, ohne dafür physische Hardware bereitstellen zu müssen.

Bei der zuletzt ausgerufenen Form der Desktop-Virtualisierung läuft dagegen ein komplettes Client-Betriebssystem inklusive aller normalerweise lokal installierten Anwendungen in einer virtuellen Maschine auf dem Server. Für jeden Mitarbeiter existiert in einer solchen Konstellation ein Software-PC im Rechenzentrum, auf den er von seinem Arbeitsplatzrechner oder einem Terminal aus zugreifen kann.

Als Basistechnologie kommt jene zum Einsatz, die auch zur Virtualisierung von Servern dient. Dabei handelt es sich zuvorderst um Software zu Hardwarevirtualisierung, zumeist in Form eines Hypervisors, der nur eine schlanke Abstraktionsschicht über dem blanken Metall darstellt. VMware setzt auf seinen "ESX"-Server, Citrix auf den mit XenSource erworbenen XenServer, Microsoft brachte für Windows Server 2008 Hyper-V auf den Markt, und Sun entwickelt auf Basis des quelloffenen Xen den Hypervisor "xVM" mit Solaris-Kernel. In den von diesen Produkten erzeugten virtuellen Maschinen laufen jedoch nicht wie bisher zumeist üblich Server-Betriebssysteme, sondern in der Regel Windows XP oder Vista.