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SAP und Oracle melden Erfolge für ihre Handelslösungen

16.01.2008
Im vergangenen Jahr hätten weltweit über 500 Einzelhändler die Branchenlösung SAP Retail in Betrieb genommen, behauptet der Softwareanbieter. Auch Oracle warb anlässlich einer Fachkonferenz in New York mit zahlreichen Kundengewinnen.
Die Analysten von PAC gehen davon aus, dass die IT-Ausgaben des deutschen Handels in den kommenden Jahren kräftig steigen werden.
Die Analysten von PAC gehen davon aus, dass die IT-Ausgaben des deutschen Handels in den kommenden Jahren kräftig steigen werden.

SAP meldet für das vergangene Jahr etliche Neukunden aus dem Einzelhandel. Insgesamt hätten sich 2007 über 500 Handelsunternehmen für die Branchenlösung SAP Retail entschieden, so der Softwarehersteller auf der internationalen Handelsmesse der National Retail Federation (NRF) in New York.

Zu den neuen SAP-Kunden zählt beispielsweise die Grupo Pao de Acucar. Der brasilianische Einzelhändler mit rund 64.000 Mitarbeitern und 573 Filialen plant, seine IT-Infrastruktur mit SAP-Software zu konsolidieren. Insgesamt zehn Altsysteme will das Unternehmen künftig auf einer durchgängigen Plattform zusammenfassen. Ziel der Südamerikaner ist es, mehr Transparenz zu schaffen sowie die Kontrolle in der Betriebsführung zu verbessern.

Die US-amerikanische Handelskette 7-Eleven will SAPs Demand-Management-Lösung in rund 5500 eigenen und Franchise-Filialen einführen. Damit will der Konzern die Analyse des Kauf- und Nachfrageverhaltens seiner Kunden verbessern. In der Folge könne man schneller im Preiswettbewerb reagieren, hieß es. Experten gehen davon aus, dass Werkzeuge für die Nachfragesteuerung in den kommenden Jahren stärker gefragt sein werden. Demnach rechnen die Analysten von IDC damit, dass im laufenden Jahr rund 80 Prozent der Softwarelösungen für den Einzelhandel entsprechende Funktionen für das Demand-Management beinhalten werden.

Auch Oracle meldete anlässlich der Handelskonferenz in New York eine Reihe von Neukunden. Demnach will beispielsweise die Anchor Blue Retail Group verschiedene Werkzeuge aus Oracles Retail-Lösung einführen: Retail-Point-of-Service, Retail-Central-Office, Retail-Back-Office und Retail-Returns-Management. Speziell vom Rückgabe-Management erhofft sich der Händler Vorteile im Geschäftsprozess. Nach Einschätzung von NFR-Experten gehen den Händlern durch betrügerische Rückgaben im Jahr 9,6 Milliarden Dollar verloren.

Der saudische Lebenshändler Al Othaim Holding will komplett auf Oracle-Software setzen. Neben der E-Business-Suite soll Oracles Retail-Branchenlösung breitflächig zum Einsatz kommen. Das Unternehmen plant, in den kommenden beiden Jahren rund 50 weitere Geschäfte in Vorderasien zu eröffnen. Die Nakheel Retailcorp. aus Dubai will verschiedene Analyse- und Planungswerkzeuge aus Oracles Handelslösung implementieren, um das Inventar ihrer Geschäfte effizienter zu steuern und die Geschäftsergebnisse besser auswerten zu können.

Trotz der Erfolgsmeldungen bleibt der Handel für die Softwareanbieter ein schwieriges Pflaster. AMR Research hat im Vorfeld des Kongresses in New York 62 Handelsunternehmen mit einem Gesamtumsatz von rund 400 Milliarden Dollar zu der Entwicklung ihrer IT-Budgets befragt. Demnach wuchsen die Ausgaben im vergangenen Jahr gegenüber 2006 um gerade einmal zwei Prozent. Allerdings zeigt sich ein Trend zur Modernisierung der Systeme: So reduzierten sich die Aufwendungen für den IT-Betrieb um vier Prozent, während die Entwicklungsaufwendungen um sieben Prozent zulegten.

Ob die großen Softwarehersteller davon profitieren, ist fraglich. Immer noch werden rund 40 Prozent der Handelslösungen selbst programmiert. In 60 Prozent der Fälle kaufen die Unternehmen Softwarepakete ein. Der nach wie vor starke Trend, Software selbst zu entwickeln spiegelt sich auch in den IT-Budgets wider. Die Aufwendungen für Eigenentwicklungen stiegen von 2006 bis 2007 um 15 Prozent. Dagegen gaben die Händler sechs Prozent weniger für Softwarelizenzen aus.

Andere Analysten rechnen mit guten Chancen für die Softwareanbieter im Handel. Lynn Thorenz, Retail-Expertin von Pierre Audoin Consultants (PAC), geht davon aus, dass die Investitionen der deutschen Handelsunternehmen in den beiden kommenden Jahren aufgrund der allgemeinen konjunkturellen Erholung überdurchschnittlich steigen werden. Die IT-Ausgaben sollen von knapp 2,4 Milliarden Euro im laufenden Jahr bis 2011 auf etwa 3,1 Milliarden Euro steigen. Im Fokus stehe dabei, die verschiedenen Systeme enger miteinander zu verzahnen, Prozesse stärker zu automatisieren und eine zentrale IT-Infrastuktur zu installieren. Der Bedarf für offene und flexible Systeme sei immens, meint die Analystin. Die Unternehmen hätten in der Vergangenheit ihre Lösungen meist selbst entwickelt und stark an ihre eigenen Bedürfnisse angepasst. Nun täten sich allerdings viele Handelshäuser schwer, ihre Altsysteme abzulösen.

Davon wollen SAP und Oracle profitieren. Das Management der Walldorfer bezeichnet den Handel als eine der Fokusindustrien für SAP. Wegen des hohen Anteils von Individualentwicklungen hätten alle Softwareanbieter in diesem Segment nur geringe Marktanteile. Damit biete der Markt jedoch ein hohes Potenzial für Ablöseprojekte. SAP hat seine Retail-Lösung in den vergangenen Jahren in erster Linie durch Kooperationsprojekte mit Handelsunternehmen ausgebaut und mit Triversity sowie Khimetrics zwei Spezialanbieter übernommen. Auch Oracle identifiziert die Händler als einen wichtigen Branchenschwerpunkt. Der US-amerikanische Softwarekonzern hatte der SAP 2005 den Branchenspezialisten Retek in einem Bieterwettkampf vor der Nase weggeschnappt.

Beide Softwareanbieter liefern sich im Handel ein Kopf-an-Kopf-Rennen. SAP beansprucht die Pole-Position und bezeichnet sich als das führende Softwareunternehmen des Jahres 2007. Dabei berufen sich die Walldorfer auf ein Ranking der US-amerikanischen Fachzeitschrift "Retail Information Systems" (RIS), das eine Rangliste von 45 Anbietern von Warenwirtschaftslösungen aufgestellt hat. Grundlage sind Qualitätsbeurteilungen der Softwaretechniken sowie die Kundenzufriedenheit.

Allerdings liegt SAP in der RIS-Randliste nicht auf Platz eins. Dort steht Konkurrent Oracle mit einer Punktzahl von 81,3. Der deutsche Softwarekonzern folgt erst auf Rang zwei mit 80,1 Zählern. (ba)