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Edeka beschert SAP 200-Millionen-Deal

23.10.2007
Der Handelskonzern will seine IT zentralisieren und setzt dabei in den kommenden Jahren auf den kompletten SAP-Software-Stack.

Die Edeka-Gruppe wird in den kommenden Jahren ihre IT konsolidieren und auf eine völlig neue Basis stellen. Zentraler Bestandteil ist dabei die Einführung einer Service-orientierten Architektur (SOA). Der Handelskonzern will dafür SAPs Retail-Branchenlösung sowie den Infrastruktur-Stack rund um die Integrationsplattform Netweaver einführen. Dazu gehören auch Werkzeuge wie Netweaver Business Intelligence (BI), Master Data Management (MDM)sowie die Netweaver Exchange Infrastructure (XI). Das Projekt ist auf fünf Jahre angelegt und soll insgesamt über 200 Millionen Euro kosten.

Edeka und SAP haben das Vorhaben bereits in den vergangenen Monaten vorbereitet. Im Fokus stand dabei die Analyse der Geschäftsprozesse, berichtet Volker Scheffer, Leiter Business Development für den Bereich Retail bei SAP. Künftig soll es mit dem "Edeka Business Process Pool" eine zentrale Instanz für die Beschreibung aller Geschäftsabläufe innerhalb des Handelskonzerns geben. Darauf sollen dann die verschiedenen Softwareservices aufbauen, die entsprechend den individuellen Anforderungen der Geschäftseinheiten ausgerollt werden.

"Die Rahmenparameter stehen fest", berichtet Scheffer. Nun gehe es an die Entwicklung der einzelnen Templates. Der SAP-Manager spricht in diesem Zusammenhang von einem Programm, das aus knapp 200 Einzelprojekten bestehen wird. Für die badischen Softwerker steht dabei viel auf dem Spiel. Sie haben die Gesamtverantwortung für das Vorhaben übernommen.

Scheffer zufolge besteht die größte Herausforderung darin, in dem heterogenen, genossenschaftlich organisierten Handelskonzern an jedem Punkt die richtige Software zum Einsatz zu bringen. Der Spagat dabei sei auf der einen Seite, die komplexe Geschäftsstruktur abzubilden und auf der anderen den Filialhändlern eine einfach zu bedienende Software an die Hand zu geben. Zwar bestehe von Konzernseite die Verpflichtung, die neue Lösung einzusetzen. Scheffer zufolge müsse man aber alle Beteiligten von der Lösung überzeugen. "Gegen den Widerstand der Händler funktioniert das nicht."

Alfons Frenk, Vorstandsvorsitzender der Edeka AG: "Die Konsolidierung der IT-Infrastruktur wird es uns erlauben, die Kosten um mehrere Hundert Millionen Euro zu senken."
Alfons Frenk, Vorstandsvorsitzender der Edeka AG: "Die Konsolidierung der IT-Infrastruktur wird es uns erlauben, die Kosten um mehrere Hundert Millionen Euro zu senken."
Foto: Edeka

Edeka verspricht sich viel von der neuen IT-Infrastruktur. Das Projekt stelle einen Meilenstein dar, sagte der Vorstandsvorsitzende Alfons Frenk. "Damit gehört die warenwirtschaftliche Kleinstaaterei, die wir seit Jahren zu beklagen haben, der Vergangenheit an." Eine Vorgabe der Edeka-Verantwortlichen lautete deshalb auch, die neue Lösung strikt am Standard auszurichten. Der Konzern plant, in Bielefeld ein zentrales IT-Kompetenzzentrum mit rund 250 Mitarbeitern einzurichten. Unter dem Strich will Frenk mit der IT-Konsolidierung in den kommenden Jahren mehrere hundert Millionen Euro einsparen.

Dieses stolze Ziel macht deutlich, dass die IT der Edeka-Gruppe in den vergangenen Jahren offenbar wenig effizient betrieben wurde. SAP-Manager Scheffer berichtet, dass unterschiedlichste System abgelöst würden. Neben einer Reihe von Eigenentwicklungen betreffe das alte SAP-Systeme sowie Software von Wettbewerbern wie Alldata und Oracle. "Die Ablösung von Oracle Retek macht uns natürlich besonders stolz", kann sich Scheffer einen Seitenhieb gegen den Konkurrenten nicht verkneifen.

Aus Sicht von Analysten bietet der Handelssektor den Softwareanbietern gute Chancen. Lynn Thorenz, Retail-Expertin von Pierre Audoin Consultants (PAC), geht davon aus, dass die Investitionen der hiesigen Handelsunternehmen in den beiden kommenden Jahren aufgrund der allgemeinen konjunkturellen Erholung überdurchschnittlich steigen werden (siehe auch: PAC: Handel holt IT-Investitionen nach). Die IT-Ausgaben sollen von knapp 2,4 Milliarden Euro im laufenden Jahr bis 2011 auf etwa 3,1 Milliarden Euro steigen. Im Fokus stehe dabei, die verschiedenen Systeme enger miteinander zu verzahnen, Prozesse stärker zu automatisieren und eine zentrale IT-Infrastuktur zu installieren. Der Bedarf für offene und flexible Systeme sei immens, meint die Analystin. Die Unternehmen hätten in der Vergangenheit ihre Lösungen meist selbst entwickelt und stark an ihre eigenen Bedürfnisse angepasst. Nun täten sich allerdings viele Handelshäuser schwer, ihre Altsysteme abzulösen.

Dabei wittern die Softwarehersteller offenbar gute Geschäfte. Scheffer bezeichnet den Handel als eine der Fokusindustrien für SAP. Wegen des hohen Anteils von Individualentwicklungen hätten alle Softwareanbieter in diesem Segment nur geringe Marktanteile. Damit biete der Markt jedoch ein hohes Potenzial für Ablöseprojekte. (ba)