Die meisten Unternehmen haben erkannt: Unser künftiger Erfolg hängt weitgehend von unserer Fähigkeit zur Innovation ab. Nur wenigen gelingt es aber, in ihrer Organisation eine Kultur zu schaffen, die Kreativität und Innovation fördert - stattdessen versuchen sie, Geistesblitze durch Regeln und Anordnungen zu erzeugen. Das zeigt die Studie "Erfolgsfaktor Innovationskultur". Für sie wurden fast 200 Innovationsmanager und Top-Manager befragt.
Die meisten Unternehmen sind Innovations-Pioniere - wenn man ihren Hochglanzbroschüren und Jahresberichten glaubt. Doch wie sieht die Realität aus? Um dies zu ermitteln, befragte die Ideeologen Gesellschaft für neue Ideen mbH 194 Verantwortliche in den Bereichen Business Development und Produktentwicklung sowie Vorstände und Geschäftsführer von Unternehmen im deutschsprachigen Raum zur Innovationskultur in ihrer Organisation. Das Ergebnis ist ernüchtert: Zwar erachten die meisten Unternehmen, die Fähigkeit zur Innovation als zentralen Erfolgsfaktor, doch wenn es darum geht, Ideen wirklich voranzutreiben, treten sie oft auf die Bremse.
Die Befragung ergab unter anderem: Nur in jedem dritten Unternehmen ist Innovation ein Teil des täglichen Tuns. 70 Prozent belassen es bei Ankündigungen oder gehen Innovationen halbherzig nach. Und mehr als 80 Prozent der Unternehmen lähmen sich und ihre Mitarbeiter durch lange Entscheidungswege. Eine wirkliche "Macherkultur" hingegen - also ein Umfeld, das kreativen Köpfen zwar einen Rahmen vorgibt, sie aber ansonsten "machen" lässt - existiert nicht einmal in jedem sechsten Unternehmen. Und in drei von vier Unternehmen wird Innovation nur so lange gefördert, wie sie nichts kostet. "Innovations-Budgets", mit denen Mitarbeiter überzeugende Ideen rasch umsetzen können, gibt es gerade mal in jedem vierten Unternehmen.
Beim Thema Innovation extrem uninnovativ
Was ist Wahnsinn? Der ehemalige US-Präsident Benjamin Franklin drückte es so aus: "Immer wieder das selbe tun und dabei auf andere Ergebnisse hoffen." Genau das tut ein Großteil der Unternehmen, wenn es um das Thema Innovation geht. Sie setzen immer wieder auf die "bewährten" Prozesse, um Innovation voranzubringen. Dabei ist spätestens seit Mitte der 90er Jahre bekannt: Innovation lässt sich durch schwerfällige Prozesse nicht effektiv steuern. Und zahlreiche Studien belegen, dass die klassischen Innovationsprozesse mit Verantwortlichkeiten, Schnittstellendefinitionen und klaren Regeln nur für eine Art von Innovation geeignet sind: inkrementelle Verbesserungen und Neuentwicklungen, die nah dran am Bestehenden sind.
"Echte" Innovationen hingegen brauchen andere Managementkonzepte und Innovationsmodelle - zum Beispiel solche, wie sie die Forscher Teresa Amabile (Harvard Universität) sowie Alan G. Robinson und Sam Stern von den Universitäten Massachusetts und Oregon entwickelt haben, um Innovation wendiger, kreativer und schneller zu machen. Sie beruhen meist auf der Idee kleiner Start-up-Teams im Unternehmen, die eigenverantwortlich handeln, schnell und flexibel Hürden überwinden und sich ihre Themen mitunter sogar selbst suchen.
Kreativität nach Vorschrift
Noch lassen sich die Rahmenbedingungen für Innovation in den meisten Unternehmen mit folgenden Worten umreißen: Viele Regeln und Vorschriften und wenig Kreativität. Selbst in den Innovationsabteilungen deutscher Unternehmen müssen Regeln genau eingehalten werden: Bei vier von fünf Befragten ist der Regelbruch - selbst im begründeten Ausnahmefall - nur sehr eingeschränkt möglich. In 35 Prozent der Unternehmen dominieren die Regeln so sehr, dass man ihr Streben nach Innovation als "Kreativität nach Vorschrift" bezeichnen kann. Und nur in 28 Prozent aller Unternehmen sind Kreativität und kreatives Denken hoch angesehen. Und gar nur 24 Prozent trauen sich, "Querdenker" einzustellen.
Genau dies sind aber die Erfolgsrezepte der Unternehmen, die mit innovativen Managementansätzen ganze Märkte revolutioniert haben - wie die Unternehmen Amazon und Samsung und der BlackBerry-Hersteller Research In Motion. Sie alle setzen auf Prinzipien, die den meisten befragten Unternehmen noch fremd sind: schnell und wendig mit einem hohen Maß an Selbstverantwortung.
- Wie CIOs Gehör finden
Wie es IT-Führungskräfte hinbekommen, mit dem CEO auch über Strategie und Innovationen zu sprechen, darüber hat sich Chris Curren von PwC Gedanken gemacht. - 1. Stellen Sie sich vor, alles wäre mobil:
Nehmen Sie sich die Zeit und suchen Sie quer durchs Unternehmen nach Gelegenheiten für mobiles Arbeiten. Anschließend helfen Sie Ihrem CEO dabei, sich diese Gelegenheiten ebenfalls vorstellen zu können. - 2. Räumen Sie die IT-Budgets vom Tisch:
Es gleicht einem endlosen Stellungskrieg darüber zu diskutieren, welche Abteilungen zur Finanzierung der IT beizutragen hat. Zudem lassen sich mit solchen Debatten innovative und förderungswürdige IT-Initiativen und Projekte prima blockieren. Schlagen Sie in einer solchen Situation vor, eine separate Finanzquelle für solche IT-Initiativen anzubohren, die abteilungsübergreifend ausgestattet wird. Damit leiten Sie solche Diskussionen zurück zum Kern: der Innovation. - 3. Das Ausmaß der gemeinsamen Anstrengungen wird über Erfolg und Misserfolg entscheiden:
Reden Sie mit Ihrem CEO darüber, wie er Sie am wirkungsvollsten unterstützen kann, alle Ressourcen und Prozesse zu mobilisieren, die für die strategischen Arbeiten nötig sind. Tun Sie das, bevor Ausgaben anfallen. - 4. Wecken Sie Erwartungen auf umfassende Effekte des strategischen IT-Einsatzes:
Hören Sie Ihrem CEO genau zu, wenn er bei Innovationsthemen über seine Erwartungen an die Unterstützung durch die IT-Abteilung spricht. Gleichen Sie diese Wünsche mit den Fähigkeiten der IT ab, damit ihre Prioritäten mit denen des CEO. - 5. Technologie kann auch ein Hindernis für Innovationen sein:
Veraltete Technik oder starre Policies etwa für den Umgang mit E-Mail oder Social Media können auf dem Weg hin zu besserer Kommunikation mit Kunden und Mitarbeitern eine echte Barriere bilden. Warten Sie nicht darauf, dass Ihnen Ihr CEO erzählt, wie die IT dem Gesamtunternehmen im Weg steht.
Innovation mit Vollkaskoschutz
Warum halten so viele Unternehmen an ihren schwerfälligen Innovationsprozessen fest? Ein Grund ist das Bedürfnis nach Absicherung seitens des Managements. Geordnete Prozesse täuschen ihm Sicherheit vor.
Dieses 90er-Jahre-Managementdenken ist ein Teil des Problems - denn in ihm kommt der Gedanke nicht vor: "Lasst’ uns die Dinge doch einfach mal ausprobieren. Und wenn die ersten Versuche scheitern? Dann lernen wir daraus und tasten uns so an die Lösung heran." Das tradierte Managementdenken eignet sich für stabile Zeiten, aber nicht für Zeiten des schnellen Wandels. Heute gilt für hoch-innovative Unternehmen: Sie haben in ihrer Organisation eine Kultur des Experimentierens etabliert. Amazon-Gründer Jeff Bezos ist zum Beispiel überzeugt: "Man muss ein Unternehmen so organisieren, dass die Struktur eine möglichst hohe Zahl von Experimenten zur gleichen Zeit zulässt."
Genau damit tun sich Unternehmen im deutschsprachigen Raum schwer. Innovation, gerne - aber bitte kein Risiko. Nur knapp jedes fünfte Unternehmen fördert aktiv Experimente, die restlichen sichern sich zuvor durch Studien und Analysen ab. Und nur zwölf Prozent akzeptieren "schlechte" Ideen als Teil des kreativen Prozesses. Das steht in Widerspruch zu hochinnovativen Unternehmen wie Research In Motion. Die Philosophie von dessen Gründer Mike Lazaridis lautet: "Neun schlechte Ideen helfen, die zehnte gute zu entwickeln."