Neue Wege gehen - doch kein Neuland betreten
Die Forderung, neue Wege zu denken, gehört heute zum festen Repertoire der Innovationsrhetorik. Sie jedoch wirklich zu gehen, ist etwas anderes. Die Befragungsergebnisse zeigen, dass in den meisten Unternehmen die Einstellung dominiert: Innovation soll im Rahmen des Bestehenden und Bekannten angestrebt werden. Deshalb würden sich nur 24 Prozent der befragten "Innovationsmanager" trauen, einen echten Querdenker in ihr Team zu holen. Und nicht einmal jedes vierte Unternehmen sorgt dafür, dass die eigenen Denkwege regelmäßig von außen in Frage gestellt werden.
Auch hier ist eine Denkschranke am Werk: Wenn Manager über "das Unternehmen" sprechen, dann haben sie meist die Gebäude und die Mitarbeiter im Kopf. Doch "das Unternehmen" ist mehr. Zu ihm gehören auch die Kunden, Partner, Zulieferer und Dienstleister - ja sogar die Freiwilligen im Internet, die zum Beispiel Apps für neue Handy-Betriebssysteme programmieren.
Diese Denkweise, Unternehmen nach der Formel "Gebäude plus Mitarbeiter" zu definieren und nicht als System anzusehen, ist weit verbreitet. Sie ist eine Ursache dafür, dass frischer Wind von außen in den meisten Unternehmen eher ausbleibt.
- Die neue Rolle des CIO
Die Rolle der CIOs ändert sich. Sie müssen den Wertbeitrag der IT für das Business erhöhen und innovative IT-Konzepte umsetzen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle KPMG-Umfrage unter IT-Führungskräften. - 1. IT-Wertbeitrag erhöhen:
Neben den traditionellen drei Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Rohstoffe gewinnt heute Information als vierter Faktor immer mehr an Bedeutung. CIOs realisieren diesen Wandel und reagieren darauf, indem sie den Wertbeitrag der IT zum Business erhöhen. - 2. Transformation der IT:
Die IT entwickelt sich immer mehr zu einem strategischen Wettbewerbsfaktor. CIOs sind daher bestrebt, die IT so zu transformieren, dass sich neue und innovative Geschäftsprozesse zeitnah umsetzen lassen. Wer als IT-Leiter direkt an den CEO berichtet, betrachtet laut Studie die IT mehr als strategischen Faktor. - 3. Der Faktor Mensch:
Wichtigste Komponente im Rahmen der IT-Wertschöpfung ist der Mensch. Das gaben 90 Prozent der Befragten an. Sie wollen deshalb die Potenziale von IT-Mitarbeitern konsequent ausschöpfen. Rund 75 Prozent sehen dagegen IT-Anwendungen als Hauptfaktor, die Hälfte optimierte Prozesse und 21 Prozent die Hardware. - 4. Kosten runter, Prozesseffizienz rauf:
56 Prozent der CIOs gaben an, dass Kostenoptimierungen ein Teil der IT-Strategie sein sollten, weil es ein bedeutender Wettbewerbsfaktor ist. Allerdings sind Kostensenkungen allein kein Allheilmittel. Knapp ein Drittel will daher auch interne Geschäftsprozesse effizienter machen. - 5. Risiko- und Compliance-Management:
Im Zuge der Finanzkrise gewinnen in Unternehmen, insbesondere aus dem Finanzsektor, IT-Projekte zum Risiko- und Compliance-Management immer mehr an Bedeutung. 82 Prozent der Befragten rechnen innerhalb der nächsten Jahre mit steigenden Kosten speziell für diese Bereiche. Dabei dominieren die Themen IT-Sicherheit (85 Prozent und Identity Management (48 Prozent). - 6. Outsourcing mit Mehrwert:
Zwar gehört die Auslagerung von Bereichen der IT inzwischen zum Tagesgeschäft der IT-Abteilungen, doch mit den Leistungen von Outsourcing-Providern sind die CIOs nicht immer zufrieden. Rund 70 Prozent der IT-Chefs wollen deshalb das Preis-Leistungs-Verhältnis in Verträgen neu regeln und dazu mehr Druck auf ihre Outsourcing-Provider ausüben. - 8. Optimistisch in die Zukunft:
CIOs sehen die Rolle der IT in den nächsten Jahren optimistisch. 85 Prozent gehen davon aus, dass die Abhängigkeit von IT-gestützten Prozessen noch steigen wird. Rund 80 Prozent glauben, dass weniger IT-Projekte scheitern und die Erfolgsquote steigt. Die logische Konsequenz daraus: Rund 70 Prozent prognostizieren einen höheren Return on Investment (RoI) für die IT-Vorhaben.
Es gibt mehrere Innovationskulturen
Ein weiteres Ergebnis der Studie "Erfolgsfaktor Innovationskultur", die auf der Befragung basiert, ist: Die Unternehmen haben verschiedene Innovationskulturen. Diese unterscheiden sich unter anderem dadurch, wie (pro-)aktiv das Thema Innovation angegangen wird. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist: Mal umfasst das Streben nach Innovation die gesamte Organisation und mal nur einzelne Bereiche oder Mitarbeiter(-gruppen). Vier Grundtypen können bei der Innovationskultur unterschieden werden: proaktive Innovatoren und passive Innovatoren, reaktive Innovatoren und Zufallsinnovatoren.
Proaktive Innovatoren:
Knapp 20 Prozent aller Unternehmen konnten aufgrund der Befragung als "proaktive Innovatoren" eingestuft werden. In ihnen wird Innovation durch einen enormen Einsatz in allen Bereichen vorangetrieben. Sie haben ambitionierte strategische Ziele, sie arbeiten mit Hochdruck an neuen Ideen und setzen dabei Regeln außer Kraft, die dem Erfolg im Weg stehen. Zudem haben sie eine kreative Kultur geschaffen, die sich mit "Fun & Focus" beschreiben lässt.
Die proaktive Innovationskultur ist offen für Veränderungen und neue Managementkonzepte; Mitarbeiter initiieren eigene Innovationsprojekte und treiben diese voran. Unternehmen mit einer proaktiven Innovationskultur schöpfen ihr kreatives Potenzial aus. Dieser Ansatz funktioniert nur, wenn alle Bereiche "unter Volldampf" an Innovationen arbeiten und der absolute Wille zu Spitzenleistungen besteht. Als "Lohn" erhalten diese Unternehmen eine Innovationsfähigkeit und -kraft, die es ihnen nicht nur erlaubt, auf Marktbedürfnisse schnell zu reagieren, sondern Märkte zu gestalten - etwas, was den passiven Innovatoren schwerfällt.
Passive Innovatoren:
36 Prozent der Unternehmen zählen hierzu. Sie stellen weniger Ressourcen als die proaktiven Innovatoren für Innovationen bereit und die Leistung ihrer Innovationsbereiche ist geringer. Passive Innovatoren haben Prozesse etabliert, mit denen sie Ideen ohne ambitionierte Ziele vorschriftsgemäß vorantreiben. In diesen Unternehmen existiert weder eine ausgeprägte Kultur der Leidenschaft noch eine Führungskultur, die Ideen und Innovationen fördert.
Dieser Typ Innovationskultur eignet sich dafür, langsam und stetig Produkte und Dienstleistungen zu verbessern, so dass zum Beispiel nach Plan jedes Jahr eine verbesserte Modellreihe präsentiert werden kann. Solange keine Wettbewerber in den Markt eindringen, kann diese Kultur auf Jahre eine solide "Qualität" sicherstellen. Große Sprünge hingegen sind schwer.
Der Wechsel von einer passiven zu einer proaktiven Innovationskultur gelingt Unternehmen nur langsam. Strebt die Führung eines Unternehmens einen solchen "Change" an, muss sie sich zunächst gegen die Kultur des passiven Verbesserns durchsetzen. Denn die jahrelang gelernte Innovationsroutine macht es für die Mitarbeiter schwer, plötzlich umzudenken.
Neben diesen "ganzheitlichen" Innovationskulturen, die (weitgehend) die gesamte Organisation umfassen, existieren zwei weitere Kulturen, die sich meist nur auf einzelne Bereiche oder Hierarchieebenen beziehen: die reaktive und die zufällige Innovationskultur.
Reaktive Innovatoren:
Rund ein Viertel der Unternehmen gehören hierzu. Sie verfolgen ambitionierte strategische Ziele, doch die Kultur ist nur darauf ausgerichtet, zu reagieren: entweder auf Marktanforderungen oder Anordnungen der Geschäftsleitung. Ein proaktives Verhalten seitens der Mitarbeiter sowie eine kreativitätsfördernde Kultur spielen nur eine untergeordnete Rolle.
Unternehmen mit einer solchen Innovationskultur sind, wenn sie handeln, sehr effektiv. Doch es dauert lange, bis sie handeln. Eine solche Kultur lässt sich gut mit einer Fast-Follower-Strategie vereinbaren - dem Ansatz, erst einmal abzuwarten, welche Innovationen auf dem Markt Erfolg haben, um sie dann zu kopieren. Doch die Fast-Follower-Strategie birgt Risiken: Sie täuscht Sicherheit vor, weil andere den Markt bereiten. Gerade in Branchen, in denen Geschwindigkeit wichtig ist, werden Fast-Follower schnell von innovativeren Mitbewerbern abgehängt.