Spannende Jobs

Behörden wehren sich gegen Langweiler-Image

30.04.2011
Von 
Ina Hönicke ist freie Journalistin in München.

Internationale Projekt-Betreuung

Marc Christopher Schmidt hat bisher seine Entscheidung, im öffentlichen Dienst zu arbeiten, nicht bereut. Schließlich hat der Staat ihm zum Titel "Bachelor of Science in Technology" verholfen. Der ehemalige IT-Freelancer ist im Referat "IT-gestütztes Beschaffungswesen" des Beschaffungsamts im Innenministerium tätig. Dort arbeitet Schmidt als Projektleiter des IT-Investprojekts "XVergabe", in dem ein einheitlicher Standard zur Kommunikation mit Vergabeplattformen entwickelt wird.

2003 bot ihm das Beschaffungsamt die Möglichkeit, während der Arbeitszeit ein Fernstudium zu absolvieren. Das Studium, das eine englische Universität anbot, habe neben mehreren Präsenzterminen vorwiegend online stattgefunden. "Teilweise wurde die Weiterbildung von der Behörde finanziert", erklärt Schmidt. Dass ein solches Fernstudium möglich ist, wusste der IT-Profi bei der Bewerbung nicht. Laut Schmidt wird ein Mitarbeiter, der diesen Wunsch äußert, vor einer Zu- oder Absage von den Verantwortlichen entsprechend geprüft. Die Finanzierung sei zwar von Behörde zu Behörde unterschiedlich, aber ein Einzelfall ist er nach seiner Erfahrung nicht. "Es handelt sich hierbei um ein gutes Instrument der Mitarbeiterbindung", ist Schmidt überzeugt.

Nach dem Studium erhielt er 2008 den Auftrag, das Projekt "XVergabe" zu leiten. "Ich muss in meinem Job vorrangig kommunizieren und im Team arbeiten." Dazu gehöre unter anderem, Vertreter des Bundes, der Länder, der kommunalen Behörden und der Lösungsanbieter an einen Tisch zu bringen, um das Projekt entsprechend voranzutreiben. Alle zwei Monate findet ein Treffen, zumeist im Bonner Raum statt. Da es um die Harmonisierung des Zugangs zur elektronischen Vergabe-Plattform geht, wird auf europäischer Ebene gearbeitet.

Aus diesem Grund müssen Schmidt und seine Kollegen auf jeden Fall die englische Sprache beherrschen: "IT-Profis, die international tätig sein wollen, sind bei uns gut aufgehoben. Ihnen stehen die Türen zu interessanten europaweiten Projekten offen." Den letzten Vorteil sieht er in der Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit. "Selbst als IT-Profi verfügt man noch über ein Privatleben", so Schmidt.

Dass die IT-Aufgaben im Public-Sector es in puncto Spannung und Vielseitigkeit mit denen in der Industrie leicht aufnehmen können, bestätigt einer, der als Berater bereits verschiedene Branchen kennengelernt hat. Simon Spielmann arbeitet als Managing Consultant im Geschäftsbereich Custom Solution Development bei Capgemini: "Wer bei IT-Tätigkeiten im öffentlichen Bereich an Amtsschimmel denkt, irrt gewaltig. Die Jobs sind fachlich anspruchsvoll und überaus interessant - viele politische Entscheidungen ziehen herausfordernde IT-Projekte nach sich." Nach Spielmanns Erfahrung hat man als Hochschulabsolvent meist keine Vorstellung davon, welche Art von Aufgaben der Staat anzubieten hat. "Da die Gesetze - und damit auch die IT - zunehmend auf EU-Ebene ausgearbeitet werden müssen, eröffnet sich für Interessierte immer öfter die Möglichkeit, auf internationalem Parkett zu arbeiten", gibt Spielmann zu bedenken. Der studierte Wirtschaftsinformatiker beschäftigt sich zurzeit mit einem Projekt zur Abwicklung des Visa-Verfahrens. "Das mag auf Anhieb langweilig klingen, ist aber Software-Engineering auf höchstem Niveau. Gerade der öffentliche Sektor muss langfristig planen, die IT-Architekturen sollten zukunftsfähig und flexibel anpassbar sein."

Cornelia Rogall-Grothe empfiehlt interessierten ITlern besonders einen Job beim BSI: "Hier können Mitarbeiter Security-Themen aktiv mitgestalten."
Cornelia Rogall-Grothe empfiehlt interessierten ITlern besonders einen Job beim BSI: "Hier können Mitarbeiter Security-Themen aktiv mitgestalten."
Foto: BMI

"Die Attraktivität des Arbeitsplatzes, aber auch Reputation sind für IT-Fachkräfte von großer Bedeutung - hier kann der öffentliche Dienst im Kampf um die besten Köpfe in der Tat punkten", erklärt denn auch Staatssekretärin Cornelia Rogall-Grothe, die IT-Beauftragte der Bundesregierung. Schließlich würden Computerprofis im öffentlichen Dienst vielfältige Aufgaben mit gesamtgesellschaftlicher Bedeutung finden. "Im Bundesinnenministerium gibt es beispielsweise Tätigkeiten, die sich mit der öffentlichen Sicherheit über die Integration der in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund bis hin zu Sportförderung und Katastrophenschutz beschäftigen", betont die Staatssekretärin. Ein wichtiges Zukunftsthema sei auch die IT-Sicherheit. In diesem sensiblen Bereich ist nach Meinung von Rogall-Grothe insbesondere das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) eine gute Adresse: "Hier können Mitarbeiter Security-Themen aktiv mitgestalten." Die Bundes-CIO ist überzeugt, dass das Langweiler-Image der Behörden bald der Vergangenheit angehören wird.