XPG-User-Guide jetzt in der vierten Auflage

X/Open präsentiert sich nun als Integrator proprietärer Systeme

23.10.1992

MÜNCHEN (gfh) - Das Open-Systems-Konsortium X/Open hat die proprietären Mainframes sowie DOS-PCs als Marktlücke entdeckt. Anläßlich der Vorstellung des Portability Guide X PG4 kündigte X/Open-Chef Geoffrey Morris an, seine Organisation werde sich künftig vor allem um die Einbindung proprietärer Systeme in heterogene DV-Landschaften kümmern.

"Nicht wir haben uns geändert, sondern der Markt", begründet Morris die seit neuestem geltende X/Open-Strategie. Seine Organisation habe sich stets an den Marktbedürfnissen orientiert. Solange es um die Entwicklung von offenen Systemen ging, ungefähr bis 1987, sei X/Open eine reine Herstellervereinigung gewesen. Bei der Etablierung dieser Techniken habe sie als Brücke zwischen Anbieter und Benutzer fungiert. Jetzt ginge es darum, die Forderungen der Anwender nach Einbindung der DOS- und Mainframe-Plattformen in offene Umgebungen zu unterstützen.

Auf die Frage, was Hersteller wie IBM und Microsoft dazu bewegen könne X/Open, die für die Integration nötigen Schnittstellen offenzulegen, meinte Morris: "Die IBM hat bereits die eine oder andere Schnittstellen-Definition publiziert, und auch bei Microsoft hat inzwischen ein grundsätzliches Umdenken in Richtung Standards stattgefunden." Konkreteres werde die Öffentlichkeit erfahren, versprach der X/Open-Chef, wenn im November einige Unternehmen ihre Konformität zum XPG/4-Guide bekanntgäben. Die Vermutung, es könnte sich bei einem dieser Unternehmen um Microsoft und die Wosa-Schnittstellen für Windows NT handeln, wollte er nicht kommentieren.

PC-Richtlinien dienen als K.-o.-Kriterien

Was die XPG-Richtlinien betrifft, die inzwischen als K.o.-Kriterium bei Open-Systems-Anschaffungen der Anwender gelten, zeichnen sie sich in der vierten Auflage nicht nur durch einen massiven Zuwachs an Spezifikationen aus, sondern vor allem durch eine übersichtlichere Gestaltung. Das erstmals als Lose-Blatt-Sammlung herausgegebene Konvolut ist jetzt nach technischen Kriterien, Profiles, geordnet. So sind im Base-Profile alle fundamentalen Komponenten offener Systeme aufgeführt. Die Server und Workstation-Profiles beschreiben jeweils die Verbindung mit ASCII und Grafik-Terminals sowie die Netzwerkanbindung. Weitere Profiles befassen sich mit Kommunikation und Datenbanken. Ein Profile für verteilte Datenverarbeitung soll nächstes Jahr nachgeliefert werden.

Darüber hinaus bemüht sich X/Open darum, neue Open-Systems-Anwender zu gewinnen. Trotz der Bedeutung der XPG-Guides scheint die Herstellerorganisation Probleme zu haben, die User bei der Stange zu halten. So mußte die für November dieses Jahres angekündigte Xtra-Konferenz, das Treffen der X/Open-Anwender in Düsseldorf, mangels Interesse abgesagt werden.

Nun versucht X/Open das Anwenderengagement für offene Systeme durch zusätzliche Business-Guides zurückzugewinnen. Die branchenspezifischen Einsatzstudien sollen den IT-Verantwortlichen helfen, den konkreten Nutzen offener Systeme in ihrem Unternehmen festzustellen, und ihnen ein Modell für die Einführung dieser Techniken an die Hand geben.