Sequent richtet sich neu aus

"Wir wollen unsere Kundenbasis verbreitern"

25.09.1998

CW: Sequent hat im zweiten Quartal 1998 Verluste in Höhe von 58 Millionen Dollar eingefahren. Eine Reaktion darauf war ein Restrukturierungsplan, der unter anderem die Entlassung von 250 Mitarbeitern vorsah. Ist das schon geschehen?

Pancottine: Das ist abgeschlossen. Wir haben im zweiten Quartal einen Fehlbetrag und außergewöhnliche Aufwendungen für die Restrukturierung verbucht. Im Geschäftsjahr 1997 erzielten wir noch ein Rekordergebnis mit zirka 835 Millionen Dollar Umsatz und 39 Millionen Dollar Gewinn.

CW: Als Hauptgrund für den Gewinneinbruch führten Sie geänderte Investitionspläne Ihres Großkunden Boeing an. Ist der Anteil dieses Abnehmers an Ihren Umsätzen so gravierend?

Pancottine: Im Finanzjahr 1997 entfielen etwa 150 Millionen Dollar unseres Umsatzes auf Boeing. Das ist ein großer Teil unseres Geschäfts. Für das zweite Quartal 1998 konnten wir nicht so viel mit Boeing umsetzen, hatten dies aber auch nicht geplant. Eine weitere Entwicklung, die unser Ergebnis sehr negativ beeinflußte, war die Krise im asiatisch-pazifischen Wirtschaftsraum.

CW: Die Asienkrise hat offenbar auch Boeing geschadet. Nach unseren Informationen hat Boeing deshalb Investitionspläne für Sequents "Numa-Q"-Server revidiert.

Pancottine: Das Projekt, das wir mit Boeing fahren, läuft sehr gut. Ein Grund für den Rückgang bei den Hardware-Einkäufen war, daß unsere Numa-Q-Server mehr Rechenleistung zur Verfügung stellen konnten, als man dort erwartet hatte. Das heißt, Boeing mußte weniger Equipment als angenommen beschaffen.

CW: Interessante Begründung... Aber ist es nicht sehr gefährlich für ein Unternehmen wie Sequent, so stark von einem Kunden abhängig zu sein?

Pancottine: Ja. Ein großer Teil unserer Restrukturierungsvorhaben ist darauf angelegt, einen breiteren Kundenkreis anzusprechen.

CW: Heißt das, Sequent wird sich künftig neben dem High-end-Server-Markt stärker auf das Midrange-Segment konzentrieren?

Pancottine: Das ist Teil unserer Bemühungen. Wir planen, innerhalb des laufenden Jahres dafür gerüstet zu sein. Nachdem wir für das zweite Quartal ohnehin einen Verlust ausweisen mußten, entschieden wir uns, alle nötigen Restrukturierungsaufwendungen ebenfalls in dieser Periode zu verbuchen.

CW: Sie rechnen also für die kommenden Quartale nicht mehr mit Verlusten?

Pancottine: Wir glauben, im dritten Quartal 1998 aus der Verlustzone herauszukommen und im vierten Quartal einen kleinen Gewinn verbuchen zu können.

CW: Was ist von Sequent konkret im Midrange-Segment zu erwarten?

Pancottine: Wir werden die angekündigten Numa-Q-Server mit Intels Xeon-CPUs ab 15. Oktober ausliefern. Diese Rechner arbeiten mit bis zu 64 Prozessoren. Die "Numa-Q-2000"-Produktlinie wird von Pentium-Pro auf Xeon-Chips umgestellt. Die CPUs können auch gemischt eingesetzt werden. Das heißt, Kunden, die einen Numa-Q-2000-Server mit Pentium-Pro-CPUs besitzen, können diesen mit Xeon-basierten Vier-Prozessor-Boards aufrüsten. Im ersten Quartal 1999 werden wir außerdem einen Acht-Prozessor-Server mit Xeon-Prozessoren ausliefern.

CW: Sollen diese Rechner auch unter Windows NT arbeiten?

Pancottine: Die Rechner sind in erster Linie auf Unix ausgerichtet. Das Modell Numa-Q-1000 kann auch unter Windows NT betrieben werden. Mit Hilfe unserer "Numacenter"-Technik können wir zudem Unix und NT in einem Rechner ablaufen lassen.

CW: Was ändert sich noch durch die Restrukturierung?

Pancottine: Neben den Aktivitäten im Midrange-Bereich werden wir verstärkt Dienstleistungspakete anbieten. Wir haben dazu die Organisation Solutions Integration gegründet. Derzeit beschäftigen wir etwa 500 Mitarbeiter im Bereich Professional Services.

CW: Um welche Dienstleistungen handelt es sich dabei?

Pancottine: Wir kombinieren die Systemplattform mit einer Reihe von Schlüsselanwendungen und liefern sie dem Kunden als Paket. Das heißt, wir bieten komplette Lösungen an. Für den Kunden bedeutet das, daß sich die Einführungszeiten etwa für SAP R/3 oder Oracle Financials verkürzen.