Psycho-Tricks oder geniales Marketing?

Wie Apple an unser Geld kommt

03.09.2023
Von 


Simon Lohmann ist Freier Autor bei macwelt.de.
Man kann von Apple halten, was man will – doch das Marketing ist genial. Wie Apple Psychologie-Tricks nutzt, um an das Geld der Kunden zu bekommen.
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Ich sehe es jetzt schon vor mir: Ich warte gespannt . Der große Tag für die Vorstellung des iPhone 15 (alle Infos) ist gekommen. Ich starte den Stream und nehme mir fest vor: "Egal, was Apple heute vorstellen wird: Du bleibst stark. Du bleibst standhaft. Du wirst dir das neue iPhone nicht kaufen. Dein aktuelles iPhone funktioniert noch, du brauchst kein neues."

Keine zwei Stunden später sitze ich mit gezückter Kreditkarte vor dem Computer und würde am liebsten sofort bestellen. Wie macht Apple das?

Eine einfache Antwort auf diese Frage gibt es wohl nicht. Apple bedient sich vieler Tricks, damit wir Nutzer unser Erspartes für neue Apple-Produkte ausgeben. Apples Vorgehensweise ist dabei teilweise so subtil, dass wir oftmals gar nicht merken, wie uns geschieht.

Und selbst, wenn man um die Apple-Tricks weiß, heißt das nicht, dass man davor geschützt ist. In diesem Artikel schauen wir uns ein paar der Marketing-Tricks aus Cupertino an.

Apple weckt Emotionen

Wann kommen bei uns Emotionen auf? Vielleicht, wenn wir im Kino einen aufwühlenden Film sehen. Oder im Stadion unseren Lieblingsverein anfeuern. Aber beim Kauf eines Apple-Produkts? Wahrscheinlich werden Sie behaupten, dass Sie dabei keine Emotionen spüren. Schließlich empfinden Sie auch kein Glück, wenn Sie im Discounter neues Waschmittel oder einen neuen Vorrat an Klopapier kaufen müssen.

Doch genau darin besteht der Unterschied. Was man in der ersten Marketing-Vorlesung lernt, wendet Apple in der Praxis an. Man unterscheidet zwischen rationalen und emotionalen Kaufentscheidungen. Alltägliche, zum Leben notwendige Dinge, die wir einfach kaufen müssen, fallen in die erste Kategorie. Doch wer ein iPhone und Co. kauft, kauft emotional. Wie gelingt Apple das?

Apple als Event

Wir fiebern über Wochen und Monate auf den Tag der Vorstellung eines neuen Apple-Produkts hin. Welches andere Unternehmen hat es geschafft, dass sich Leute darauf freuen, zu erfahren, wofür sie als Nächstes ihr Geld ausgeben dürfen? Seit der Pandemie hat Apple seine Produktionsqualität dermaßen hochgeschraubt, dass das Event selbst zu einem Highlight wird. Es wird von Millionen Menschen live verfolgt und dazu getwittert.

Im Vorfeld berichten Medien, Blogger oder Technik-Influencer täglich über das Unternehmen aus Cupertino. Für alle, die sich dafür interessieren, ist Apple Teil des Alltags. Man ist Teil einer Gemeinschaft - und so etwas weckt in uns gute Gefühle.

Apple als Statussymbol

Auch, wenn wir es nicht immer zugeben möchten, schlummert in uns allen das Streben nach Statussymbolen. Was für uns Statussymbole sind, kann sich von Person zu Person unterscheiden: Ein Haus, ein teures Auto einer bestimmten Marke, Urlaube in weit entfernten Ländern, Klamotten oder selbst beim Wocheneinkauf die etwas teurere Markenmilch. Wir wollen bei kleinen und großen Dingen zeigen können, dass wir uns das leisten können. Und das gilt natürlich auch für Technikprodukte, auf denen sich ein kleiner angebissener Apfel befindet.

Foto: Apple

Dabei würde Apple selbst niemals direkt sagen, dass ihre Produkte Luxusgüter sind. Sie nehmen den subtileren Weg und erzählen uns auf den Keynotes über eine Stunde, wie toll ihre Produkte sind. Wenn wir die schönen Produktbilder mit der dazu passenden Musik im Hintergrund sehen und uns eine sonore Stimme sagt, wie toll die Produkte sind, kommen wir irgendwann von ganz allein auf den Trichter, dass wir dieses Produkt unbedingt brauchen.

Statussymbole funktionieren auch über Sichtbarkeit. Das ist kein neues Phänomen, Wissenschaftler sprechen schon seit 40 Jahren über die sogenannte "Social Visibility". Die wirkt nicht nur über Produkte, sondern geht noch viel weiter.

Apple Store: Als Minimalismus vorgetäuschte Knappheit

Foto: Apple

Was unterscheidet einen Apple Store von einem Mediamarkt? In beiden Geschäften kann man Apple-Produkte kaufen, doch könnte das Kauferlebnis kaum unterschiedlicher sein. Apple Stores sehen aus wie Tempel und befinden sich meist in den besten Lagen einer Stadt. Betritt man einen Apple Store wird man von den Mitarbeitern persönlich in Empfang genommen und beraten. Man fühlt sich wie in einem Nobel-Restaurant, in dem man persönlich zum Platz begleitet wird.

Foto: Apple

Dabei neben wir all das nur unterbewusst war. Die Atmosphäre ist dank der Einrichtung aus Holz und Glas viel wohnlicher als in einem Elektromarkt. Während dort Technikprodukte verschiedener Hersteller um die Aufmerksamkeit der Kunden kämpfen, ist der Minimalismus in den Apple Stores ein geheimer Trick.

Es liegen nur wenige Geräte zum Ausprobieren bereit. Das suggeriert uns Kunden Knappheit, selbst dann, wenn sich hinten im Lager die Kartons stapeln. Die ausgestellten iPhones, iPads, Macs und Apple Watches werden außerdem regelmäßig von den Mitarbeitern gereinigt, sodass sie niemals abgegrabbelt aussehen. Doch das alles Entscheidende ist die Art und Weise, wie Apple seine Produkte ausstellt.