Präsentieren mit Powerpoint

Weniger Folien sagen mehr

20.08.2008
Von 
Michael Schweizer ist freier Autor in München.

Auf Powerpoint verzichten?

Powerpoint ist kein hoffnungsloser Fall. Gute Präsentationen sind damit möglich. Manche Vortragsprofis verzichten aber darauf oder würden das gerne tun. Dafür gibt es mindestens drei Gründe. Zum Beispiel kann man Vereinfachung als Manipulation verstehen: "Die Schere im Kopf versucht immer mal wieder, Informationen Powerpoint-gerecht zu verbiegen", klagt Thomas Kupfer, selbständiger Dokumentar und Archivar aus Berlin. Der freie PR-Fachmann Dirk Podbielski aus Hamburg hält Powerpoint für ein "komplexes Programm", das "wenig Nutzen bietet, der mit anderen Mitteln nicht effizienter und oft effektiver erzeugt werden könnte". Und Matthias Pöhm warnt, dass Folien den Energiestrom zwischen Redner und Publikum unterbrechen. Deshalb werde man von Powerpoint so müde.

Doch nicht jeder, der ohne Powerpoint auskommen will, wird das durchhalten können. Freiberufliche Präsentationstrainer, Coaches und PR-Experten werden von Kunden gebeten, ihre Folien zu überarbeiten, gleich selbst welche für sie herzustellen oder ihnen beizubringen, wie das geht. Vertriebsleute in Unternehmen müssen damit leben, dass ihr Arbeitgeber den öffentlichen Auftritt standardisieren möchte: Bestimmte Mitteilungen über die Firma sollen in jedem Vortrag vorkommen und werden daher auf Standardfolien gebannt. Viele, die präsentieren müssen, glauben, dass ihre Zuschauer Powerpoint auch dann erwarten, wenn sie es nicht mögen. "Es braucht verdammt viel Mut, es anders zu machen", kommentiert Rittershaus.

Manchmal hilft der Zufall. Christa Nehls erinnert sich: "Vor Jahren wollte ich einen Vortrag halten über SAP CRM Sizing. Leider meinte mein Notebook, es müsse die Zusammenarbeit verweigern. Also bin ich an die Tafel und habe den Vortrag mit Whiteboard und Stiften gehalten. Das Feedback war folgendermaßen: Vielen Dank, wir haben endlich einmal etwas mitbekommen."

Lesetipp: "Es geht auch ohne"

Matthias Pöhm: Präsentieren Sie noch oder faszinieren Sie schon? Der Irrtum Powerpoint. München (mvg Verlag) 2006 (286 Seiten, 19,90 Euro).

Die ersten 60 Seiten widmet Matthias Pöhm Tipps für gute Powerpoint-Präsentationen (Tendenz: wenige Folien mit sehr wenig Text, "Die Botschaft einer Folie muss in maximal zwei Sekunden zu erfassen sein"). Dann erklärt der Schweizer Rhetorik- und Präsentationstrainer das Thema für abgeschlossen: Heute empfiehlt er, auf Powerpoint ganz zu verzichten. Ein besseres Hilfsmittel sei der Flipchart. Damit kann der Redner Spannung erzeugen, indem er ausnutzt, dass das Publikum noch nicht weiß, was kommt: "Sie schreiben die ersten Buchstaben des Wortes schweigend hin und fangen erst in der Sekunde zu reden an, da die Zuschauer gerade noch nicht das Wort erkennen." Pöhms Ratschläge sind immer konkret: "Benutzen Sie nur die größten, dicksten Stifte, die Sie bekommen können."

Pöhm glaubt nicht an Fachsprachen: Redner könnten lernen, alles allgemeinverständlich zu sagen. Er ermutigt zu Hauptsätzen und gefühlsstarken Geschichten. Wer etwas verkaufen wolle, solle jeden Vorteil, den er verspricht, in Euro umrechnen. Wer sich dagegen ein schlafendes Publikum wünscht, dem rät der Trainer zu Worthülsen wie "flexibel", "dynamisch" und "innovativ".

Pöhm beschreibt auch Präsentationen, die von Ideen leben, die man nur einmal verwenden kann. Ein Redner sprach vor Menschen, die für das, was ihnen wichtig war, mehr Zeit haben wollten. Der Redner zählte auf, was die Leute vielleicht jetzt schon taten, und nahm dabei für jede Aktivität ein gefülltes Wasserglas in die Hand. Dann ließ er die meisten Gläser zu Boden fallen.