Wenn die Arbeit das Leben kontrolliert

Wege aus der falschen Work Life Balance

09.05.2019
Von  und Andrea König
Meridith Levinson ist Autorin unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.

CIO.de: Kann es denn sein, dass die Unternehmen eine Mitschuld an dieser Entwicklung tragen? Sie motivieren ihre Arbeitnehmer, vor allem Führungskräfte, dazu, zu viel zu arbeiten und ein unausgeglichenes Leben zu führen. Diese Menschen bekommen finanzielle Boni - zum Teil hohe Summen - für das Erreichen bestimmter Ergebnisse von ihren Arbeitgebern.

Boni schaden Mitarbeitern

Henry Cloud: Manchmal schaden diese Anreize den Arbeitnehmern viel mehr, als dass sie ihnen Gutes tun. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass diejenigen die besten sind, die sich auch einmal zurücklehnen, eine Sache in Ruhe betrachten und sich dann für die beste Vorgehensweise entscheiden. Dabei lassen sie auch einmal andere gute Wege außen vor, um sich auf den besten zu konzentrieren. So ist es in bestimmten Fällen ratsam, einen Kunden zu feuern, der vor allem Zeit und Energie aus einem gesaugt hat. Ich sage immer, dass diejenigen nach oben kommen, die auch mal loslassen können.

CIO.de: Wie verhindert man denn, dass Arbeit all unsere Energiereserven frisst?

Henry Cloud: Ich halte häufig Vorträge vor großem Publikum. Vor einiger Zeit bemerkte ich Veränderungen an mir. Die Auftritte machten mir keinen Spaß mehr. Ich habe nach den Ursachen geforscht und herausgefunden, dass zwei, drei Dinge das schlechte Gefühl auslösten. Dazu gehört unter anderem, dass ich in fremden Städten immer Meetings zeitlich eng vor und nach den Vorträgen vereinbarte. Ich presste meine Vorträge in ein Korsett und versetzte mich in Stress. Seit ich dieses Problem erkannt habe, schaffte ich die Meetings vor und nach den Vorträgen ab und führte einige weitere Regeln ein. Auf einmal machten mir die Vorträge wieder Spaß.