IQ-Test

Was Intelligenztests können

25.04.2024
Von 
Julia-Eva Seifert ist freie Journalistin in Mainz.
„Intelligenz ist das, was der Intelligenztest misst.“ So lautet die wenig trivial anmutende Definition des Psychologen Edward Boring. Warum diese Definition gar nicht so banal ist und was mit einem IQ-Test gemessen wird, lesen Sie hier.
Die meisten Intelligenztests beschränken sich darauf, logisches und analytisches Wissen zu testen, obwohl man sich einig ist, dass dazu viel mehr gehört.
Die meisten Intelligenztests beschränken sich darauf, logisches und analytisches Wissen zu testen, obwohl man sich einig ist, dass dazu viel mehr gehört.
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Das Wort Intelligenz stammt aus dem Lateinischen, genauer, von dem Verb intellegere (dt. erkennen, verstehen, einsehen). Wer intelligent ist, der hat die Fähigkeit, Dinge schnell einzusehen oder zu verstehen - auf diesen Versuch einer Definition kann man sich wohl verständigen.

Eine Definition, auf die sich die Wissenschaft insgesamt geeinigt hat, gibt es von dem Begriff Intelligenz dagegen nicht. Worauf man sich in Fachkreisen jedoch verständigen konnte, ist, dass Personen, die man gemeinhin als intelligent ansieht, kognitiv (sehr) leistungsfähig sind.

Intelligenz ist mehr als logisches Denken

Worin diese kognitive Leistungsfähigkeit aber genau besteht, darüber ist man sich noch nicht abschließend einig. Denn Intelligenz bedeutet eben nicht nur, dass Personen in der Lage sind, Zusammenhänge logisch zu erschließen oder Aufgaben aufgrund von vorhandenem Wissen möglichst kreativ zu lösen.

Ebenso scheint es für eine komplette Beschreibung von Intelligenz nicht ausreichend, dass die betreffende Person in der Lage ist, sich schnell in neuen Situationen zurechtzufinden und zügig auf eine Idee zu kommen, wie sich ein bisher unbekanntes Problem lösen lässt. Auch musikalische Begabung, ein Faible für Sprachen oder - nicht zu vergessen - Empathie, also die Fähigkeit, sich in andere Personen hineinzuversetzen, gehören zur Intelligenz dazu.

Was misst ein IQ-Test?

Nicht verwunderlich, dass es immer wieder Kritik an dem Intelligenztest gibt, denn ein solcher Test - jedenfalls die herkömmlichen - messen ganz viele Eigenschaften gar nicht, die zur Intelligenz eines Menschen gehören. Die Fähigkeit zur Empathie zum Beispiel kann ein herkömmlicher Intelligenztest nicht erfassen. Auch musikalische Begabung wird, wenn überhaupt, nur sehr oberflächlich ermittelt.

So bleibt es dabei, dass diejenigen Intelligenztests, die in Deutschland und vielen anderen Ländern der westlichen Welt genutzt werden, sich in der Regel darauf beschränken, analytisches und logisches Denken, die Auffassungsgabe, das räumliche Vorstellungsvermögen und immerhin zum Teil auch die Sprachbeherrschung testen.

Erste Tests mit Kindern

Auf der Grundlage dieser Ergebnisse wird der Intelligenzquotient einer Person bestimmt. Nämlich indem man zunächst das sogenannte Intelligenzalter bestimmt. Dieser Begriff geht zurück auf den französischen Psychologen Alfred Binet und seinen Kollegen, den Arzt Théodore Simon. Beide entwickelten Anfang des 20. Jahrhunderts Aufgaben, die dazu dienen sollten, einen eventuellen Förderbedarf von Kindern zu ermitteln.

Zu Beginn war der IQ-Test also nicht dazu gedacht, besonders herausstechende Begabung auszufiltern, sondern, im Gegenteil, Kinder zu identifizieren, die besonders gefördert werden müssten.

Mit den Testaufgaben, die die beiden Forscher entwickelten, wurde das Intelligenzalter der Kinder bestimmt, indem die Forscher die Aufgaben nach Schwierigkeitsgrad geordnet haben. Besonders einfache Aufgaben mit einem niedrigen Schwierigkeitsgrad können schon von jungen Kindern gelöst werden, für schwierigere Aufgaben ist es dagegen besser, wenn die Kinder älter sind und ein größeres Verständnis von der Welt und ihren Zusammenhängen haben.

Abhängig davon, wie gut die Kinder die verschiedenen Tests lösten, teilten sie die Wissenschaftler verschiedenen Altersklassen zu. Den Intelligenzquotienten errechneten sie jedoch noch nicht.

Nach dem Tod von Binet machte das ein anderer Wissenschaftler, der US-amerikanische Psychologe Lewis Terman von der Stanford University. Er ergänzte Aufgaben und entwickelte den bestehenden Test weiter. Zusätzlich dazu lieferte er die Formel mit, anhand derer man den Quotienten errechnen konnte. Den Intelligenzquotienten errechnete er, indem er das Intelligenzalter, also wie gut die Person Aufgaben lösen konnte, die im Prinzip noch zu schwierig waren, durch das biologische Alter mal 100 teilte.

Der Intelligenzquotient heute

Heute ist der Intelligenzquotient der Goldstandard, wenn man die Intelligenz eines Menschen bewerten möchte. Die Vorgehensweise, um den Quotienten zu bestimmen, ist der ursprünglichen Herangehensweise immer noch sehr ähnlich: Je mehr Aufgaben die Testperson korrekt löst, umso mehr Punkte bekommt sie und umso höher ist der Intelligenzquotient, den sie im Intelligenztests erzielt.

Testpersonen, die einen Wert erzielen, der um 100 IQ-Punkte liegt, gelten als durchschnittlich intelligent. Dabei sollte man beachten, dass der Intelligenzquotient in Form der Gaußschen Glockenkurve verteilt ist. Bedeutet: Ein durchschnittlicher IQ ist kein Grund, sich zu schämen, sondern statistisch betrachtet sehr wahrscheinlich. Eben deshalb, weil die überwiegende Mehrzahl in einem Bereich zwischen 85 und 115 liegt.

Als hochbegabt gelten Personen, die einen IQ von mehr als 130 haben. Und das ist eine recht kleine Zahl: Nur 2 bis 2,5 Prozent der Menschen erreichen diesen Wert bei einem Intelligenztest.

Intelligenz testen ohne Test: Achten Sie auf diese Anzeichen

Sie haben keine Lust oder keine Zeit, einen Intelligenztest zu absolvieren, möchten aber trotzdem einen Eindruck davon bekommen, ob Sie zu den eher durchschnittlich intelligenten Personen gehören oder vielleicht doch hochbegabt sind?

Dann sollten Sie darauf achten, ob Sie folgende Anzeichen bei Ihnen erkennen. Die Indizien können natürlich auch dazu dienen, Ihren Eindruck zu überprüfen, ob Ihr Kollege oder Nachbar eher durchschnittlich intelligent ist oder sich vielleicht so eigenartig verhält, weil er hochbegabt ist. Können Sie folgende Anzeichen ausmachen?

1. Ein guter Zuhörer sein: Personen, die besonders intelligent sind, scheinen diese Eigenschaft zu teilen: Sie können gut zuhören. Das lässt sich damit begründen, dass Personen mit einer überdurchschnittlichen Intelligenz in der Regel an vielen verschiedenen Dingen interessiert sind. Da sie einen großen Wissensdurst haben, sind sie froh über eine Menge Input. Und den bekommen sie am besten, wenn sie konzentriert ihren Mitmenschen zuhören. Denn die haben hin und wieder etwas Spannendes zu erzählen.

2. Zum Chaos neigen: "Ordnung ist nur etwas für Primitive, das Genie beherrscht das Chaos." Ob Albert Einstein, dem dieses Zitat in unterschiedlichen Varianten zugeschrieben wird, damit jedoch meinte, dass besonders intelligente Personen dadurch hervorstechen, dass sie einen überaus unaufgeräumten Schreibtisch haben, sei dahingestellt. Es scheint jedoch Hinweise darauf zu geben, dass Personen mit einem hohen IQ von einer chaotischen, man könnte auch sagen, kreativ angeordneten Umgebung profitieren. Denn die gibt ihnen eine ganze Menge Input oder Anregungen, um auf neue Ideen zu kommen.

3. Ohne die Gesellschaft anderer auskommen: Personen mit einem höheren Intelligenzquotienten als der Durchschnitt haben häufig kein gesteigertes Interesse daran, sich mit anderen Menschen zu treffen. Sie kommen auch gut damit zurecht, Zeit allein zu verbringen und ihren Gedanken nachzuhängen oder sich denjenigen Dingen zu widmen, die sie gerade besonders interessieren. Dieses Verhalten kann dazu führen, dass besonders intelligente Menschen zu Eigenbrötlern ohne oder mit nur wenig Sozialkontakten werden.

4. Eine hohe Anpassungsfähigkeit besitzen: Wer eingangs aufgepasst hat, den wird dieses Anzeichen nun nicht überraschen: Personen, die überdurchschnittlich schlau sind, gelingt es recht einfach und schnell, sich an geänderte Gegebenheiten anzupassen. Übrigens können Hochbegabte nicht nur schnell auf Situationen reagieren, die ihnen fremd sind oder zügig unbekannte Probleme lösen. Ein hoher IQ scheint außerdem einen positiven Einfluss auf die Reaktionsgeschwindigkeit im Allgemeinen zu haben.

5. Sich selten zufrieden geben: Besonders intelligente Menschen sind äußerst selbstkritisch. Sie betrachten die Ergebnisse ihrer Arbeit recht objektiv und sehen daher an vielen Stellen Verbesserungspotenzial. Gerade bei der Teamarbeit kann dieser Drang zur Optimierung Konfliktpotenzial bedeuten. Denn höchstwahrscheinlich sind die übrigen Kollegen im Team nicht so intelligent und/oder sehen die Notwendigkeit überhaupt nicht, etwas am Ergebnis zu verbessern.

Aber auch dann, wenn die hochintelligente Person allein arbeitet, ist das keine Garantie dafür, dass das Ergebnis optimal sein wird oder bis zur Perfektion optimiert werden kann. Personen, die einen Hang zur Selbstkritik haben, laufen Gefahr, schneller an Depressionen zu erkranken. Sie schaffen es in vielen Fällen einfach nicht, die hohen, selbstgesteckten Ziele zu erreichen.

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