Apple Watch

Warum Defekte schnell zum Totalschaden werden

19.02.2024
Von 
Halyna Kubiv ist Content Managerin bei der Macwelt.
Hat man keine Apple Care+ mit dem Kauf der Apple Watch abgeschlossen, ist man später bei Defekten aufgeschmissen.

Das Unheil begann eigentlich in einem paradiesischen Ort - am Strand in Catania. Der Sand war golden und warm, das Wasser türkis und einladend, sodass ich schnell in die Wellen sprang. Meine Apple Watch 6, rund drei Jahre alt, habe ich auf dem Handgelenk gelassen - ein Fehler, den ich bereuen werde.

Kurze Zeit später bemerkte ich, dass das Display nicht richtig reagiert - die obere Hälfte war anscheinend defekt, ich konnte nicht mal den Sicherheitscode zum Entsperren eingeben, da dieser eine Eins beinhaltete. Zunächst schob ich die Schuld an die Beta von watchOS 10, die ich zu der Zeit testete.

Man kann jedoch nur unter bestimmten Umständen selbstständig auf die letzte Version zurück, nämlich wenn Apple nach der letzten Version der watchOS 10 Beta bald die nächste Version von watchOS 9 bringen würde. Ansonsten bleibt nur ein Anruf beim Support, der Mitarbeiter wird dann vorschlagen, die Uhr zu einem Support-Zentrum einzuschicken. Die Techniker dort resetten die Smartwatch auf die letzte verfügbare öffentliche Version des Betriebssystems.

Klingt aufwendiger als es ist

Diese Option hatte ich ausgewählt, sie klingt übrigens aufwendiger, als sie ist: Am nächsten Tag erhielt ich von Apple eine Verpackung für die Uhr mit der genauen Anleitung, wie ich sie verpacken soll (Ohne Armband und ohne die iCloud-Sperre, am besten noch ein Backup vorher erstellt). Der Mitarbeiter riet mir noch, mit Fotos der Vorder- und Rückseite den Zustand der Uhr zu dokumentieren, um Beschädigungen beim Versand leichter nachweisen zu können.

Nach zwei Tagen war die Uhr im Service-Zentrum in Tschechien angekommen, die Techniker konnten watchOS 9 wiederherstellen, haben jedoch einen nicht näher genannten Hardware-Schaden entdeckt, dessen Behebung 311 Euro kosten würde. Uff … Die Apple Watch Series 6, um die es geht, hatte zum Zeitpunkt des Kaufes im Herbst 2020 418 Euro gekostet, für ein vergleichbares Modell muss man heutzutage kaum etwas mehr zahlen, als das, was Apple für die Reparatur verlangt.

So hatte ich die Uhr unrepariert zurückverlangt und ging auf die weitere Suche nach den Ursachen. Die Vermutung, die Apple Watch habe während des kurzen Badegangs Schaden genommen, hielt Manuel Häußermann von iFixit Europe für womöglich zutreffend: "IP-Ratings (Grade der Wasser- und Staubfestigkeit) sind Momentaufnahmen, die im Grunde lediglich zum Zeitpunkt des Kaufes Gültigkeit haben. Nach spätestens ein bis zwei Jahren kann man nicht mehr wirklich auf das IP-Rating vertrauen."

Wasserabweisend ist die Apple Watch nicht

Apple nennt die Watch entsprechend lediglich "wassergeschützt", nicht aber "wasserabweisend". Die Verklebung der Apple Watch ist natürlich noch einmal etwas widerstandsfähiger als bei normalen Smartphones, immerhin sind Smartwatches ja auch für den Einsatz beim Schwimmen gedacht. Aber die Abnutzung der Dichtung lässt sich nicht verhindern, was auch Apple anerkennt: "Die Wasserbeständigkeit ist nicht dauerhaft und kann mit der Zeit abnehmen. Die Apple Watch kann nicht erneut auf Wasserbeständigkeit hin geprüft oder neu abgedichtet werden." (siehe https://support.apple.com/de-de/HT205000).

Etwas anders gestaltet sich die Sache bei der Apple Watch Ultra, schließlich vermarktet Apple die Uhr als eine Alternative zum Tauch-Computer. Die Smartwatch ist nach ISO-Norm 22810:2010 bis 50 Meter wasserabweisend, zudem bietet Apple einen besonderen Service an: Man kann seine Ultra an Apple schicken, damit die Experten die Abdichtungen und Verklebungen der Uhr überprüfen. Denn bei einem Badegang im Mittelmeer entsteht höchstens finanzieller Schaden, bei einem Tauchgang auf eine nennenswerte Tiefe könnte ein ausgefallener Tauch-Computer aka Apple Watch Ultra schnell lebensgefährlich werden.

Kaputtes Display ist eine der häufigsten Reparaturursachen

Tom Kaden, der Werkstattleiter der Online-Plattform "As Good as New" konnte uns bestätigen, in seiner Karriere als Reparateur bei der Firma einige Apple Watches mit Wasserschaden auf den Tisch bekommen zu haben. Die meisten Schäden entstehen jedoch, wenn der Bildschirm bereits entweder sichtbar und unbemerkt beschädigt wurde. Es gab jedoch einen auffälligen Fall, bei dem sich das Displayglas mit der Verklebung zusammen löste - die Techniker konnten aber nicht sagen, ob auch der Inhaber oder die Inhaberin der Uhr dafür mitverantwortlich war.

Laut Kaden sind die häufigsten Reparaturfälle bei einer Apple Watch entweder ein schwacher Akku oder ein kaputtes Display. Einen schwachen Akku kann Apple noch ersetzen, dafür ruft der Hersteller 99 Euro auf, ein im Vergleich zum Anfangswert der Watch passabler Preis. Ist die Watch, wie bei einem Kollegen aus der PC-Welt-Redaktion, auf den Kachelboden gefallen und der Bildschirm zerschellt, steht man vor dem Totalschaden - in dem Fall würde nur Apple Care+ weiter helfen.

Ein kaputtes Display der Apple Watch.
Ein kaputtes Display der Apple Watch.
Foto: Hans-Christian Dirscherl

Bei der Apple Watch ist die Situation mit den Dritt-Reparateuren jedoch deutlich schlechter als beim iPhone. Zum einen ist die Uhr deutlich kleiner als, die Reparaturen und schon das Auseinanderschrauben gestaltet sich schwieriger als bei Smartphones. Zum anderen ist die Apple Watch nicht so verbreitet wie iPhones oder populäre Androiden, für die meisten Werkstätten ist es nicht rentabel, Dienstleistungen dafür anzubieten.

So hat der Kollege Lohmann im Sommer argumentiert, selbst eine intakte, aber eine oder zwei Generationen ältere Uhr lohnt nicht mehr, verkauft zu werden, zu groß ist der Wertverlust gegenüber einem neuen Gerät. Erschwerend kommt natürlich hinzu, dass sich im Fall der Fälle die Reparatur nicht lohnen wird, was potenzielle Käufer zusätzlich abschreckt.

Fazit

Bei einer defekten Apple Watch kann ihr Inhaber oder ihre Inhaberin gleich vom Totalschaden ausgehen: Apple verlangt für eine Watch-Reparatur unverhältnismäßig hohe Beträge, 311 Euro sind rund 75 Prozent des ursprünglichen Preises. Damit eine Reparatur attraktiv wird, muss der Preis dafür lediglich ein Drittel des aktuellen Wertes betragen, dafür gehen zumindest die französischen Abgeordneten im Gesetz für das Recht auf Reparatur aus.

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Will man gleichzeitig eine solche Uhr in Zahlung direkt bei Apple geben, schlägt der Hersteller eine Gutschrift in Höhe von 20 Euro vor, ein Witz gegenüber dem Preis für ein neues Gerät. Das iPhone kann sich durch seine Popularität und Verbreitung auf eine recht ausgebaute Infrastruktur stützen, was Reparaturen und Ersatzteile angeht. Dazu sind die aufgerufenen Preise im Vergleich zum Wert des Geräts noch relativ gemäßigt, sodass sich die Kunden eher überlegen, das iPhone reparieren zu lassen.

Eine zerschmetterte Apple Watch.
Eine zerschmetterte Apple Watch.
Foto: Hans-Christian Dirscherl

Bei der Apple Watch sind die Reparaturpreise in der Relation zum Startpreis aus den Fugen geraten, keiner wird sich ernsthaft überlegen, den aktuellen Wert der Apple Watch nochmal in eine Reparatur zu investieren - lieber legt man noch etwas dazu und man hat gleich eine neue Uhr.

So gesehen ist die Apple Watch keineswegs so nachhaltig, wie Apple dies gerne behauptet, denn zur Nachhaltigkeit gehört eben auch, dass das Gerät so lange im Umlauf bleibt wie nur möglich. Während bei einem iPhone ein Leichtes ist, den Akku auszutauschen und in der Familie weiterreichen, wo es noch ein Jährchen oder zwei seine Dienste verrichtet, ist es bei einer Apple Watch fast unmöglich. Recht auf Reparatur kann Apple den notwendigen Schub in die Richtung geben, entweder die Reparaturpreise für die Apple Watch zu reduzieren oder zumindest mit Dritt-Reparateuren in diese Richtung zu arbeiten. (Macwelt)