Vorstandschef Hopp korrigiert Ergebniserwartung SAP liebaeugelt mit IBM als R/3-Vertriebspartner

02.07.1993

WALLDORF (hv) - Mit Stolz weist die Siemens-Nixdorf Informationssysteme AG (SNIin ihrer Werbung darauf hin, als "einziges Computerunternehmen" die SAP-Software

R/3 in Lizenz vermarkten zu duerfen. Diesen Exklusivitaetsanspruch koennen die Muenchner moeglicherweise nicht mehr lange geltend machen: Vieles deutet darauf hin, dass die IBM an einem aehnlichen Abkommen interessiert ist.

"Mit dem angestrebten Massengeschaeft werden wir zukuenftig neben dem SAP-Vertrieb weitere Vertriebskanaele oeffnen", verkuendete SAP- Vorstandschef Dietmar Hopp auf der diesjaehrigen Hauptversammlung. "Hier wird es kurzfristig Interessantes zu berichten geben." Was Hopp noch nicht oeffentlich ankuendigen mochte, gilt bei konkurrierenden Anbietern, aber auch in den Forschungs- und Kompetenzzentren der SAP laengst als ausgemacht: IBM moechte die Client-Server-faehige Standardsoftware R/3 aehnlich wie bisher Siemens-Nixdorf als Lizenznehmer anbieten.

Dass SNI langfristig keine Sonderstellung in der SAP-Strategie einnehmen wird, steht ausser Frage. Hopp bereitete die Aktionaere auf Veraenderungen vor, indem er klarstellte: "Auf der Basis offener Systeme ist kein Platz fuer Exklusivvereinbarungen!" Mit IBM, Hewlett-Packard, Digital Equipment, Siemens-Nixdorf und Bull gebe es fuenf "gleichberechtigte Systemplattformen", auf denen R/3 laufe.

Pressesprecher Michael Pfister mag Hinweise auf ein bevorstehendes Abkommen mit Big Blue zwar noch nicht bestaetigen, raeumt aber ein, dass sich in Kuerze die "Ereignisse ueberschlagen" koennten. Es sei naiv anzunehmen, die SAP werde sich so "amateurhaft" verhalten, sich an einen einzigen Hersteller zu binden.

Strategische Kooperationen wuerden angestrebt, SAP spreche dabei auch mit der IBM - allerdings sei bis dato kein Vertrag unterzeichnet. Die Walldorfer interessierten sich natuerlich dafuer, ihr Partnerkonzept weiter auszubauen. Dabei stehe moeglicherweise auch die Zusammenarbeit mit neuen Hardwarepartnern bevor.

Wie die meisten DV-Anbieter leiden auch die Walldorfer derzeit unter dem konjunkturellen Einbruch. Im "krisengeschuettelten Deutschland", so Vorstandschef Hopp, seien Investitionsverzoegerungen an der Tagesordnung. Zwar werde das budgetierte Umsatzziel der SAP zur Jahresmitte wohl erreicht, doch der operative Gewinn liege aufgrund zusaetzlicher Kosten unter der Zielvorgabe.

Grosse Schwaechen

im Auslandsgeschaeft

Eine Reihe teurer Projekte, insbesondere die Portierung von R/3 auf Microsofts Windows NT, von der sich SAP den Einstieg in das Massengeschaeft erhofft, haben nach Erklaerungen des Softwarehauses zu Budgetueberschreitungen gefuehrt. "Unser Ziel, in diesem Geschaeftsjahr zur 91er Umsatzrendite vor Steuern (25,6 Prozent) zurueckzukehren, scheint aus heutiger Sicht nicht mehr erreichbar", bekannte Hopp.

Daran ist offenbar die Schwaeche im Auslandsgeschaeft schuld: Der internationale Umsatz wuchs 1992 nur um 8,4 Prozent, wobei sowohl das Geschaeft mit den europaeischen Nachbarn als auch mit den Vereinigten Staaten nicht so lief, wie es sich die Walldorfer gewuenscht haetten. Waehrend das Ergebnis hierzulande um 70 Prozent anstieg, ging es im internationalen Bereich um 31,5 Prozent zurueck.

Hatte 1991 der Anteil des Auslandsgeschaefts am Gesamtumsatz noch 45 Prozent ausgemacht, so waren es 1992 nur noch 41 Prozent. Mit diesem Resultat liegt Deutschlands groesste Softwareschmiede weit hinter der Software AG zurueck.

Marktforscher wie Andreas Zilch von der IDC Deutschland GmbH in Kronberg sehen in der noch recht schwachen Auslandspraesenz das einzige wirkliche Problem der SAP AG. Der Analyst bescheinigt den Walldorfern jedoch, aehnlich wie die Forrester Research Inc. oder die Gartner Group, ausserordentlich guenstige Voraussetzungen, um sich weiter im Markt durchzusetzen.