Von Trotteln und Masochisten

12.08.1994

Noch ein paar Anmerkungen zur Sache US-Justizministerium gegen Microsoft, die mit einem Consent Decree, einer aussergerichtlichen Vereinbarung, ganz unspektakulaer endete: Ein Teil der Presse, namentlich das "Wall Street Journal", hat es an Schulterklopfen fuer den vermeintlichen Gewinner Bill Gates nicht fehlen lassen. Um seine unangefochtene Position im Markt, so der Tenor, muesse der Softwaremagier nicht fuerchten. Gleichzeitig wurden die Antitrust- Beamten unverhohlen als Trottel verhoehnt. Der Vorwurf faellt auf die Autoren zurueck. Microsoft hat in der Tat ein Monopol im PC- Softwaremarkt - gut, das auf diese Weise von den Kritikern der Kartellbehoerden bestaetigt zu bekommen.

Man beschreibe eine Konstellation, in der ein maechtiger Softwareproduzent Druck auf Third-party-Anbieter ausuebt, bevor ueberhaupt der Endkundenmarkt entscheiden kann - und man beschreibt ein Monopol. Diese Situation war und ist bei Microsoft im Verhaeltnis zu PC-Herstellern oder Windows-Entwicklern anderer Softwarehaeuser gegeben. Warum die Clinton-Administration nicht mehr daraus gemacht hat, wird ihr Geheimnis bleiben. Ueber das Schlappschwanz-Etikett darf sie sich nicht wundern.

Welcher Zynismus steckt indessen darin, von einer Duldung des Monopols durch die Anwender auszugehen, was doch die Bill-Gates- Superstar-Darstellung in den Medien impliziert. Hier wird die Verlogenheit der Koenig-Kunde-Inszenierung offenbar. Die Anwender koennen auf diesen Orden verzichten. Sollen sich andere als Masochisten auszeichnen lassen - die Chancen von Anbietern wie Novell, Lotus und Borland stehen nicht schlecht. Auch wenn sich das Microsoft-Monopol bisher "nur" auf den Intel-DOS-PC-Markt erstreckt, ist eine klare Warnung an die Adresse der IT- Verantwortlichen angebracht. Aber vielleicht ist die Sorge ja unnoetig.

Nun zu einem anderen Punkt, an dem einige Leute derzeit Gefallen finden: Wie naiv sind eigentlich alle diejenigen, die die Abloesung der Mainframes offenbar nicht erwarten koennen? Diese Frage muss sich gefallen lassen, wer der Zugehoerigkeit zu einer Client- Server-Sekte verdaechtigt wird. Das Gegenteil sei doch der Fall - mit den Mainframes muesse wieder gerechnet werden. Mit Wortklauberei laesst sich bekanntlich einiges erreichen. Wem es Spass macht, beispielsweise die juengste Generation von Superrechnern auf Mikroprozessor-Basis als Mainframe-Zeug zu bezeichnen, der kann an diesem uferlosen Thema festhalten.

Es war schon immer so, dass Begriffe aus der Fachsprache verschwanden, wenn sich eine neue Technologie durchsetzte. Wer spricht heute noch von MDT? Die Nixdorfs, Kienzles und Triumph- Adlers haben keine Stimme mehr. Aber wuerden Digital, Data General oder Hewlett-Packard darauf bestehen, als Minicomputer-Anbieter angesprochen zu werden? Diese Beispiele zeigen, wo der Mainframe- Hund begraben liegt. Eine IBM kann sich beschweren - fragt sich nur, welche. Ganz bestimmt nicht die neue Server-Division "Systems Technology and Architecture" (Seite 1). IBM-Mainframer, bitte melden!