Etats für F&E legen deutlich zu

Volkswagen bleibt Forschungs-Weltmeister

29.10.2014
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Deutsche Firmen stecken überdurchschnittlich viel Geld in die Entwicklung neuer Produkte und Services. Steigen die Budgets 2014 weltweit um gerade 1,4 Prozent, liegt das Plus hierzulande bei 11,3 Prozent, hat eine Studie von Strategie& ergeben.

Deutsche Unternehmen haben ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) im laufenden Jahr gegenüber 2013 deutlich um 11,3 Prozent erhöht. Damit heben sich die hiesigen Konzerne deutlich vom internationalen Trend ab. Weltweit verlangsamte sich der durchschnittliche Anstieg der Forschungsbudgets 2014 auf plus 1,4 Prozent. Im vergangenen Jahr hatten die Unternehmen noch 3,8 Prozent mehr Geld in ihre Forschungsabteilungen gesteckt.

Volkswagen bleibt Forschungs-Weltmeister
Volkswagen bleibt Forschungs-Weltmeister
Foto: Mmaxer, Shutterstock.com

Insgesamt investieren die 1000 größten Unternehmen weltweit in diesem Jahr 647 Milliarden Dollar in Forschung und Entwicklung (Vorjahr: 638 Milliarden Dollar), so das Ergebnis der "Global Innovation 1000" Studie der Management-Beratung Strategy&, ehemals Booz & Company und heute Teil des PwC-Netzwerks. Rund 55,1 Milliarden Dollar, ein Anteil von 8,5 Prozent, gehen auf das Konto der 45 in der Studie erfassten deutschen Unternehmen.

Autobauer forschen am meisten

Spitzenreiter bei den deutschen Entwicklungsbudgets bleibt die Automobilbranche, die 2014 insgesamt 28,6 Milliarden Dollar (2013: 25,5 Milliarden Dollar) für F&E ausgibt und damit über die Hälfte der Forschungsausgaben deutscher Top-Unternehmen schultert. Den Löwenanteil trägt wie schon im Vorjahr der Volkswagen-Konzern, der mit einem F&E-Budget von 13,5 Milliarden Dollar (plus 18,9 Prozent gegenüber Vorjahr) auch internationaler Spitzenreiter bei den Investitionen in neue Technik und Produkte bleibt. Auf den Plätzen in Deutschland folgen Daimler mit 7,0 Milliarden Dollar F&E-Budget (plus 4,8 Prozent gegenüber Vorjahr; international 12. Platz), Siemens mit 5,6 Milliarden Dollar (plus 2,3 Prozent; Platz 21) und BMW mit 5,5 Milliarden (plus 6,5 Prozent; Platz 23).

Spitzenreiter bei den deutschen Entwicklungsbudgets bleibt die Automobilbranche.
Spitzenreiter bei den deutschen Entwicklungsbudgets bleibt die Automobilbranche.
Foto: Strategy&

International folgen auf Volkswagen vor allem Technologie- und IT-Anbieter. Nur knapp hinter dem deutschen Autobauer liegt auf dem zweiten Platz Samsung. Die Südkoreaner steigern ihr Forschungsbudget im laufenden Jahr um 28 Prozent und kommen auf 13,4 Milliarden Dollar. Auf den weiteren Rängen folgen Intel (10,6 Milliarden Dollar, plus 4,6 Prozent) und Microsoft (10,4 Milliarden Dollar, plus 6,1 Prozent).

Effizienterer Einsatz der Forschungsgelder

Die geringen Zuwächse bei den weltweiten F&E-Budgets deuten aus Sicht der Strategy&-Experten darauf hin, dass die Ausgaben für die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen offensichtlich effizienter eingesetzt werden. Demnach hätten die Unternehmen in den vergangenen Jahren ihre F&E-Portfolios und -Prozesse konsolidiert und daher mit weniger Einsatz gute Ergebnisse erzielen können. So lag der Anteil des in F&E-Ausgaben investierten Konzernumsatzes in diesem Jahr im weltweiten Durchschnitt bei noch 3,5 Prozent, in Deutschland bei 4,0 Prozent. Vor zehn Jahren betrug der F&E-Anteil weltweit noch 4,2 Prozent des Umsatzes. "Konzerne sind bei ihren F&E-Investitionen vorsichtiger und effektiver geworden", stellt Klaus-Peter Gushurst, Sprecher der Geschäftsführung von Strategy&, fest. "In einem verschärften globalen Wettbewerb wird jeder für die Forschung eingesetzte Dollar auf seine Wirksamkeit hin überprüft und der Innovationsprozess kontinuierlich optimiert."

Anteil des in F&E-Ausgaben investierten Konzernumsatzes.
Anteil des in F&E-Ausgaben investierten Konzernumsatzes.
Foto: Strategy&

Aus Branchensicht investieren vor allem Unternehmen aus den Bereichen IT und Elektronik, Pharma sowie Automobil viel Geld in die Entwicklung neuer Produkte und Services. Zwischen 2005 und 2014 stemmten diese drei Branchen zwei Drittel aller Investitionen in Forschung und Entwicklung. "Die Produkte und Dienstleistungen der Branchen IT und Elektronik, Pharma und Automobil sind traditionell sehr forschungsintensiv", sagt Gushurst. Auch in der Softwareindustrie seien die Kosten für eine konkurrenzfähige Forschungsabteilung erheblich gestiegen.

Innovation geht auch mit weniger Geld

Doch es geht auch anders. In einer zusätzlichen Umfrage unter internationalen Führungskräften haben die Strategy&-Experten die aus deren Sicht innovativsten Unternehmen weltweit ermittelt. Das Ergebnis der Befragung zeigt, dass die Höhe des F&E-Budgets mit der tatsächlichen Innovationskraft offenbar kaum korreliert: Unter den Spitzenreitern Apple (4,5 Milliarden Dollar), Google (8,0 Milliarden Dollar) und Amazon (6,6 Milliarden Dollar) findet sich nur Google mit Platz neun in den Top Ten der Konzerne mit den höchsten Forschungsausgaben. "Die amerikanischen Innovationsweltmeister Apple, Google und Amazon machen vor, wie man auch ohne Spitzenbudgets im F&E-Bereich Spitzenleistungen erbringen und eine innovationsfördernde Kultur im Unternehmen und entsprechende Reputation etablieren kann", lautet das Fazit von Gushurst.

Die innovativsten Unternehmen weltweit.
Die innovativsten Unternehmen weltweit.
Foto: Strategy&

Auch im aktuellen Innovations-Ranking der Boston Consulting Group (BCG), für das weltweit 1500 Senior-Executive-Manager befragt wurden, haben Apple und Google die Nase vorn und belegen die beiden Spitzenplätze. Überhaupt werden Unternehmen aus der Technologie-, Telekommunikations- und IT-Branche als besonders innovativ angesehen. Alle Top-five-Unternehmen kommen aus diesem Segment. Dagegen werden Autohersteller als weniger Innovativ eingestuft als noch im vergangenen Jahr. Landeten 2013 noch 14 Autobauer unter den Top 50, neun davon sogar unter den Top 20, sind es 2014 gerade noch neun Automobilkonzerne unter den 50 innovativsten Unternehmen weltweit, und nur vier unter den Top20.

Innovations-Ranking von BCG
Innovations-Ranking von BCG
Foto: Boston Consulting Group

Deutsche IT-Konzerne wie die beiden Softwarespezialisten SAP und die Software AG sucht man in den Listen indes vergeblich. Im Innovations-Ranking von BCG tauchen zwar Microsoft (4), IBM (5), Oracle (39) und Salesforce.com (40) auf, für die deutschen Anbieter hat es aber für eine Platzierung unter den Top 50 offenbar nicht gereicht. Auch in der Top-20-Liste der F&E-Spitzenreiter tauchen SAP und die Software AG nicht auf. Beide Hersteller investierten zwar einen überdurchschnittlich hohen Anteil vom Umsatz in F&E, doch die absoluten Zahlen lagen offenbar zu niedrig. Für das laufende Jahr liegen für beide Softwareanbieter noch keine Zahlen vor. Im Jahr 2013 gab SAP für Forschung und Entwicklung knapp 2,3 Milliarden Euro aus, das waren etwa 14 Prozent vom Gesamtumsatz. Die Software AG steckte im vergangenen Jahr fast 108 Millionen Euro in F&E, rund elf Prozent der gesamten Einnahmen.