Verändert Open Source die Softwareindustrie?

18.02.2004
Von 
Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.
Kritik an der General Public Licence will Bruce Perens nicht gelten lassen. Der Open-Source-Aktivist reagierte sichtlich verärgert auf einen Fachvortrag.
Kritik an der General Public Licence will Bruce Perens nicht gelten lassen. Der Open-Source-Aktivist reagierte sichtlich verärgert auf einen Fachvortrag.

Während die Diskussion zunächst überwiegend ohne Emotionen geführt wurde, kam es beim Thema der rechtlichen Besonderheiten im Zusammenhang mit Open Source zum offenen Disput. Thomas Hoeren von der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster nannte in seinem Vortrag "Open Source - Recht oder Chaos?" Probleme, die bei der Nutzung der General Public License (GPL), der am weitesten verbreiteten Open-Source-Lizenz, auftreten können. "Die GPL ist von ihren Machern zu keinem Zeitpunkt als juristisches Dokument verstanden worden. Es handelt sich um ein außerrechtliches Memorandum", so der Hochschullehrer. In einem für die Linux-Anhänger ebenso erheiternden wie provozierenden Beitrag sprach er davon, dass Richard Stallman, einer der Urheber der GPL, "antijuristisch" denke. Viele Fragen im Zusammenhang mit der GPL seien juristisch nicht lösbar, so beispielsweise, ob es sich bei der unentgeltlichen Hergabe von Software um eine Schenkung im Sinne von Paragraph 516 BGB handle. Open-Source-Software lasse sich weder dem Vertragstypus des Schenkungsrechts noch irgendeinem anderen Rechtsgebiet zuordnen.

Seine Ausführungen untermalte Hoeren mit älteren Fotos von Stallman, die den Gründer der Free Software Foundation (FSF) unter anderem mit Heiligenschein als einen kompromisslosen und anarchistischen Verfechter des Open-Source-Gedankens erscheinen ließen. Sichtlich verärgert reagierte Bruce Perens, ebenfalls ein prominenter Open-Source-Protaganist, auf den Vortrag. Er verlangte "etwas mehr Respekt" vor den Leistungen Stallmans, der sein ganzes Erwachsenenleben der Förderung quelloffener Software gewidmet habe. Die Ausführungen zu den angeblichen juristischen Problemen im Zusammenhang mit der GPL seien zum Teil schlicht falsch.