Zehn Prozent Wachstum pro Jahr bis 1994

US-Marktforscher erwarten Boom bei Midrange-Systemen

21.12.1990

Im Gegensatz zu den zahlreichen Spekulationen der letzten Zeit sagen die Experten der Palo Alto Management Group in ihrer neuesten Studie über die Entwicklung des Marktes für "Midrange-Systeme zur Lösung technischer Aufgaben" bis 1994 ein mittleres Wachstum von zehn Prozent pro Jahr voraus.

Die 150 Seiten umfassende Studie über "The Evolution of Midrange Systems in Technical Computing ist Teil des von der Palo Alto Management Group und der Genias Software GmbH aus Neutraubling bei Regensburg angebotenen "Superperfomance Computing Services" (SPCS). Als "Midrange"- (MR) Systeme werden dort Rechner mit Leistungen zwischen Supercomputern einerseits sowie PCs und Workstations andererseits bezeichnet.

Sie werden zur Lösung technischer und kommerzieller Probleme eingesetzt. Im höheren Leistungsbereich handelt es sich und proprietäre Systeme wie die von Convex, DEC, IBM und Prime, während sonst auf Standard-RISC-Prozessoren gesetzt wird - zum Beispiel bei Alliant, Control Data, Floating Point Systems, Hewlett-Packard, Silicon Graphics und Unisys. Für Spezialanwendungen finden sich inzwischen auch massiv-parallele Systeme wie etwa von Intel, Maspar und Ncube.

Zwar geht die Studie davon aus, daß das Umsatzwachstum dieser MR-Systeme im technischen Bereich nicht an die jährlichen 18 Prozent im PC- und Workstations-Markt heranreicht. Aber gerade die hohe Wachstumsrate sei eine wichtige Ursache für den gesunden MR-Markt mit einem jährlicher Wachstum von etwa zehn Prozent, wie es die Abbildung veranschaulicht.

Sogenanntes "Arbeitsgruppen" und "Netzwerk-Computing" erfordert einen zentralen Computer, der als (lokaler) Server den Bedarf der Arbeitsgruppen an Informationsaustausch, Netzwerk-Management und Datenhaltung einschließlich Back-up-Funktionen abdeckt und der gleichzeitig Anwendungen bearbeiten, kann die zu groß für die Desktop-Systeme sind. In der Regel ist der Einsatz mittlerer Systeme zusammen mit billigen Desktop-Einheiten preisgünstiger als das Hochrüsten solcher Desktops mittels Hochleistungsbausteinen.

Ein Schlüssel zum Erfolg dieser mittlerer Systeme dürfte dabei ihre Skalierbarkeit sein. Hersteller, die den unteren Leistungsbereich zugunsten des oberen vernachlässigen, gehen - - so die SPCS-Studie - schweren Zeiten entgegen.

Andererseits werden für dieses Marktsegment Turbulenzen aufgrund des schnellen Fortschritts im Bereich der Prozessoren und anderer Technologien vorhergesagt. Die wachsende Akzeptanz von Unix und anderen offenen Standards wird darüber hinaus die Bewegung zu den offenen Systemen verstärken. Das sich dadurch vergrößernde Angebot erschwert die Entscheidungen bei der System -Auswahl weiter.

Trotz der Dominanz der proprietären Architekturen von IBM und DEC wird der Anteil standardisierter Prozessoren am "Midrange"-Markt weiter wachsen und schließlich dominieren. Die Gründe liegen nach Meinung der SPCS-Experten in ihrem Preis-Leistungs- Verhältnis, ihrer absoluten Leistung und ihrer größeren Netzwerk-Integrationfähigkeit. Besonders interessant ist jedoch daß mit zunehmender Standardisierung der Netzwerk-Schnittstellen (zum Beispiel TCP/IP, NSF), Der System-Schnittstellen (zum Beispiel IEEE Posix-1003.1) und der Benutzeroberfläche (zum Beispiel X-Windows und OSF/ Motif) der Aspekt der zugrunde liegenden Architektur (proprietär, RISC, CISC) kaum mehr eine Rolle spielt.

Die Workstation-Preise werden weiter fallen wodurch sich die Grenze zu den PCs mehr und mehr verwischt. Eines der wenigen Unterscheidungsmerkmale wird die unterschiedliche Software - DOS und OS/2 einerseits und Unix andererseits - bleiben. Aufgrund der weiten Verbreitung der DOS-Systeme dürfte die Intel-80X86-Architektur weiter in den MR-Bereich vordringen.

Parallele Systeme werden sich in nächster Zeit stark verbreiten Dafür werden spektakuläre Ergebnisse auf massiv-paralleIen Rechnern sorgen, die schon heute für einige dedizierte Anwendungen zum Beispiel in die Simulation von Fahrzeugumströmungen oder der theoretischen Chemie Supercomputerleistung zu einem besonders günstigen Preis realisieren.

Ein immer größeres Problem bei der Anschaffung von MR-Systemen liegt schließlich in der hohen Dynamik der Software und der Hardwaretechnologien.

Die ständig sinkenden Preise und der ständige Zwang neue Technologien möglichst schnell am Markt anzubieten, führen auch unter den Anbietern zu einem Selektionsprozeß. Nur finanziell gesunde Unternehmen mit entsprechender Innovationskraft können unter derartigen Wettbewerbsbedingungen überleben. Dies ist bei einer Entscheidungsfindung genauso zu berücksichtigen wie der Aspekt der Herstellerabhängigkeit oder die Frage, wie viele Unterschiedliche Produktplattformen innerhalb eines Unternehmens sinnvoll sind.

Die Hardware wird einerseits zwar immer billiger und besser, andererseits aber benötigt die Software-Entwicklung (Benutzer-Interface Betriebssystem-Erweiterungen, Netzwerk-Fähigkeit, System-Anpassung von Anwender-Software etc.) mehr und mehr finanzielle Ressourcen Deshalb kommt die SPCS-Studie zu dem Schluß, daß es immer wichtiger wird, auch die Softwarestrategie der Hersteller in die Entscheidung einzubeziehen.