US-Broker Schwab setzt auf grafisches Informationssystem PC-Netz macht das Management von Investment-Fonds effektiver

13.05.1994

SAN MATEO (IDG) - Die Charles Schwab & Co. Inc., einer der groessten Wertpapierhaendler und Fondsanbieter der USA, hat ein landesweites PC-Netz eingerichtet. Das System ermoeglicht es Boersenmaklern, Banken und Vertriebspartnern, die Schwab-Fonds anbieten, die Entwicklung der milliardenschweren Portfolios fast in Echtzeit zu beobachten.

Da schon simple Berechnungsfehler aufgrund falscher Dateneingabe beim Wertpapierhandel zu millionenschweren Verlusten fuehren koennen, setzte Schwab alles daran, Ungenauigkeiten zu vermeiden. Allerdings erwies sich das mit der im Investmentgeschaeft ueblichen IT- Technologie als sehr schwierig.

Die Suche nach einem besseren Weg fuehrte zu einem ehrgeizigen IT- Projekt, in dessen Verlauf eine grafikorientierte Software, eine Sybase-SQL-Server-Datenbank, Pentium-Rechner und Windows NT als Betriebssystem eingefuehrt wurden.

Genauso wie die Fonds anderer Anbieter werden die taeglichen Veraenderungen in den 17 Schwab-Fonds von Drittunternehmen verfolgt. Dazu gehoeren die Vertriebspartner wie Vermoegensberater, Banken und andere Broker, die das Geld der investierwilligen Kunden bei Hinterlegungsstellen einzahlen und dafuer Fonds- Zertifikate ausgeben.

Wenn die New Yorker Boerse um 16.00 Uhr Ortszeit schliesst, haben diese Unternehmen noch 90 Minuten Zeit, ihre Schwab-Deals zu buchen und die Ergebnisse an das elektronische Kursinformationssystem National Association of Securities Dealers Automated Quotations (Nasdaq) zu melden, damit die Resultate in den Zeitungen des naechsten Tages veroeffentlicht werden koennen. Zusammengerechnet bewaeltigen die Schwab-Partner taeglich bis zu 40000 Transaktionen.

Die Broker waren mit den in dieser Branche ueblichen proprietaeren Computersystemen nicht zufrieden, da sie befuerchteten, dass die Daten der verschiedenen Rechner nicht hundertprozentig uebereinstimmten.

Ausserdem waren die Reports ueber die Fond-Aktivitaeten, die am Ende des Geschaeftstages von den Mainframes der Vertreiber heruntergezogen wurden, oft unvollstaendig und unhandlich. Darueber hinaus trafen sie in der Regel zu spaet ein, um sie noch auf Korrektheit ueberpruefen zu koennen, bevor sie wieder an Makler und Kunden gingen.

"Waechterrechner" sorgen fuer den Informationsfluss

Das neue System sollte es ermoeglichen, die von den Partnern elektronisch uebermittelten Daten in kurzen Abstaenden vollstaendig zu erhalten und zu vergleichen, alle getaetigten Transaktionen nachzurechnen und eine Kurzrechnungspruefung vorzunehmen, bevor die Informationen weitergegeben werden.

Direkten Zugriff auf die Daten der Vertriebspartner erreichte man durch die Installation von "Waechterrechnern", PCs mit Modem und der entsprechenden Kommunikationssoftware, in jedem dieser Unternehmen. Sie ziehen in kurzen Intervallen Daten von den Mainframes ab, komprimieren sie und uebertragen sie in Schwabs Distributions-LAN. "Das sind praktisch unsere Augen und Ohren", erklaert Chris Lanza, Director fuer Technologie und verantwortlich fuer das Business-Process-Redesign der Schwab-Fonds.

Die Software fuer die Datenanalyse stellte den naechsten Schritt dar. Nach einigen Versuchen wurde "Forest & Trees", eine entscheidungsunterstuetzende Software von der Trinzic Corp. installiert, um damit das "Schwab Funds Control and Compliance System" (SCCS) aufzubauen, ein grafikorientiertes Informationssystem. Es vergleicht die Wertpapiere des Portfolios miteinander, die Pakete in der Hinterlegungsstelle mit den eingezahlten Geldern und ueberprueft die Abrechnungen. Ausserdem enthaelt die Software eine Datenbank, ein Praesentationsmodul und ermoeglicht den Zugriff auf Back-end-Prozesse. Dank der Waechter bietet SCCS schon im Tagesverlauf fast Real-time-Informationen ueber den Stand der verschiedenen Fonds.

SCCS habe die Arbeitseffizienz erheblich gesteigert, bestaetigen Lanza und Tim Pawloski, Vice-President Finanzen bei Schwab. Die Mitarbeiter koennten heute einen Sechs-Milliarden-Dollar-Fonds innerhalb von zehn Minuten ueberpruefen. Finden sich Fehler - ueblicherweise sind das inkorrekte Eingaben -, seien sie in der Regel einfach zu beheben. Ausserdem koennen die 90 Minuten, die nach Boersenschluss in den USA zur Verfuegung stehen, um die Ergebnisse zu melden, zur Ueberpruefung genutzt werden.

Nach zweijaehrigem Einsatz wurde SCCS ausgebaut und die Back-end- Verarbeitung auf eine SQL-Server-Datenbank von Sybase migriert. Darueber hinaus wagte das Unternehmen den Schritt, Windows NT als Betriebssystem einzusetzen. Lanza raeumt ein, dass man vor dieser Entscheidung "irgendwie aengstlich" gewesen sei. In Richtung Unix zu marschieren, sei wegen der Multitasking-Faehigkeiten des Betriebssystems zwar verlockend gewesen. Aber da Schwab ein Windows-Shop sei, habe man angenommen, dass NT unkomplizierter zu benutzen und die Tools einfacher bereitzustellen seien. Nach der erfolgreich ueberstandenen Einfuehrungsphase denkt Schwab an die Vermarktung der Loesung.