US-Softwerker wenden sich von proprietaeren Systemen ab

Unix und MS-Dos spielen bei den Entwicklern die erste Geige

08.01.1993

Mitte 1992 fragte Price Waterhouse 796 US-Softwarehaeuser nach den von ihnen bevorzugten Zielplattformen. Auf der Basis dieser Studie erstellte UDM eine Uebersicht, die auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen MS-DOS und Unix deute. Danach verfuegen die befragen Anbieter derzeit ueber 460 Unix-Anwendungen und entwickeln weitere 253.

Eine aehnlich hohe Akzeptanz weist mit 689 fertigen oder in der Entwicklung befindlichen Anwendungen nur MS-DOS auf (vergleiche Tabelle).

Aus dem PC-Blickwinkel betrachtet, zeigen die Ergebnisse der Price-Waterhouse-Umfrage jedoch eine absolute Dominanz der Microsoft-Betriebssysteme. DOS, Windows, und - obwohl noch nicht auf dem Markt - Windows NT bringen es zusammen auf 1320 Anwendungen. Im Windows-Bereich liegt zudem die Zahl der geplanten Produkte mit 296 um 47 Anwendungen ueber den Entwicklungsvorhaben im Unix-Bereich.

Der Unix-Erfolg wird auch dadurch relativiert, dass dieses Betriebssystem in verschiedenen Varianten von rund einem Dutzend Anbietern angeboten wird, waehrend Microsoft den Desktop-Markt mit DOS und der grafischen Betriebssystem-Erweiterung fast ohne Mitbewerber dominiert. Die Ausnahme bildet zumindest in den Vereinigten Staaten Apple.

Das Macintosh-Betriebssystem unterstuetzen die befragten Softwarehaeuser immerhin mit 143 existierenden und 90 geplanten Produkten. Damit liegt die Mac-Plattform vor IBMs OS/2-Produkt, das wiederum mit 94 lauffaehigen Anwendungen besser abschneidet als jeweils die einzelnen Unix-Derivate, die auf Werte zwischen 56 (HP-UX) und 86 (AIX) Applikationen kommen.

Doch der direkte Vergleich von Unix mit den Desktop-Betriebssystemen truegt. Zum einen sind wichtige PC-Unix-Syxsteme wie Solaris 2, Unix 4,2 und Unixware noch nicht beim Kunden, zum anderen gilt Unix allgemein als Server und nicht wie DOS oder Windows als Front-end-Betriebssystem.

Als Server-System konkurriert Unix eher mit OS/400 von IBM und mit DECs VMS. Nach der UDM-Uebersicht schneidet bei einer solchen Gegenueberstellung jede Unix-Variante fuer sich besser ab, als das OS/400-Midrange-System, das mit 44 fertigen und 26 projektierten Anwendungen aufgefuehrt ist. Die VMS-Produkte liegen mit den 100 plus 20 Applikationen dagegen knapp ueber den entsprechenden Werten fuer die einzelnen Unix-Derivate.

Auf dem Mainframe ist der Unix-Erfolg bisher ausgeblieben. Das liegt nicht zuletzt daran, dass dem Anwender das IBM-Unix teurer kommt als jedes andere Mainframe-Betriebssystem. UDM hat errechnet, dass beispielsweise 1 MIPS auf einem High-end-Rechner der ES/9000-Reihe je nach Konfiguration zwischen 3600 und 5400 Dollar kostet. Setzt der Kunde MVS/ESA ein, so liegen die Aufwendungen nur bei 1900 bis 2800 Dollar.

Die Verbreitung der Programmiersprachen C und C++ unterstreicht den anhaltenden Unix-Boom auf der Workstation-Ebene. Die befragten Softwarehaeuser haben 709 in diesen Sprachen entwickelte Programme auf den Markt gebracht und arbeiten an weiteren 332. Dabei weist der Trend eindeutig in Richtung Objektorientierung. In den 800 Softwarehaeusern laufen derzeit 216 C++-Projekte und nur 116 unter C.

Die Beliebtheit der beiden Programmiersprachen scheint von Unix- auf die PC-Entwickler ueberzugreifen, da sich die klassischen PC-Sprachen wie Basic oder Pascal auf dem Rueckzug befinden. So fuehrt die Price-Waterhouse-Studie dafuer nur acht Basic- und 15 Pascal-Projekte auf. Cobol, nach wie vor die wichtigste Programmiersprache der kommerziellen Grossanwender, spielt bei den 800 US-Softwarehaeusern offenbar kaum noch eine Rolle. Den 101 bestehenden Produkten stehen dort lediglich neun Neuentwicklungen gegenueber.