CMP-Maschinen als flexible Plattform auch für Mainframe-Betriebssysteme

Unisys bohrt Intel-Server auf

23.03.2001
MÜNCHEN (CW) - Mit der Server-Architektur "Cellular Multiprocessing" (CMP) sorgte Unisys Ende der 90er Jahre für Furore. Ursprünglich waren die Maschinen nur für SCO, NT und Windows 2000 tauglich, nun sollen auch andere Betriebssysteme zum Zug kommen.

Unisys bietet seit Ende 1999 unter dem Namen "ES7000" mit Intel-Chips bestückte Server an, die sich besonders gut skalieren lassen. Der Hersteller aus Blue Bell, Pennsylvania, nutzte dafür sein Know-how aus der Mainframe-Fertigung. Als bislang einziger Lieferant stellt Unisys Intel-Server her, die bis zu 32 Prozessoren aufnehmen. Neben Dell und Compaq haben auch Hewlett-Packard, ICL und Hitachi OEM-Verträge unterzeichnet.

SMP und/oder PartitionenDas Kernstück der Architektur nennt sich Cellular Multiprocessing. Ein ES7000-Server lässt sich als ein großes Symmetrisches-Multiprocessing-(SMP-)System betreiben oder in bis zu acht SMP-Partitionen aufteilen. Jede Partition arbeitet unter einem Betriebssystem, wobei in einem Server auch gemischt werden kann. Unisys unterstützt Windows NT und 2000 sowie SCO Unixware.

Die Partitionen lassen sich zudem unterschiedlich konfigurieren: Jeder Partition können Ressourcen wie Prozessoren, Memory und I/O-Module zugeordnet werden. So sind Shared-Nothing-Systeme ebenso möglich wie SMP-Verbünde, in denen sich die Partitionen einen definierten Hauptspeicherbereich teilen. In diesem Fall kommunizieren Anwendungen über die schnellen Memory-Bausteine. Über einen eingebauten Prozessor mit passender Software kann der Systemadministrator die Partitionen konfigurieren. Neben der statischen Einstellung einer Partitionsgröße ist auch die dynamische Allokation möglich.

Gemischte Intel-ChipsZwar sind die Intel-Prozessoren wie bei anderen Herstellern auch in Vierergruppen auf einem "Sub-Pod" angeordnet, erhalten von dort aber Zugriff auf einen großzügig dimensionierten dritten Cache-Speicher. Damit sollen die Trefferquote und die Prozessoreffizienz erhöht werden. Das modulare Design erlaubt, dass Boards mit 32-Bit-Chips und solche mit den zukünftigen IA-64-Prozessoren gemischt betrieben werden können. Anwender können so beispielsweise Applikationen innerhalb eines Servers auf die neue Intel-Generation migrieren. Beim Hauptspeicher setzt Unisys ebenfalls auf Modularität und Erweiterungsmöglichkeiten. Die Speicherbausteine sitzen auf "Memory Storage Units" (MSU), die sich jeweils auf bis zu 16 GB ausbauen lassen. Ein vollbestücktes System mit 32 CPUs beherbergt 64 GB Memory.

Crossbar gegen FlaschenhalsStatt eines Bussystems - immer der Flaschenhals bei SMP-Architekturen - verwenden die Unisys-Maschinen die "Crossbar"-Technik: Jeder der maximal vier Crossbar-Knoten unterstützt zwei Prozessor-Boards, zwei direkte I/O-Brücken (DIB) sowie vier Hauptspeichermodule (MSU). Jede DIB stellt drei PCI-Bus-Verbindungen zur Verfügung, die jeweils vier PCI-Adapter unterstützen. Ein voll ausgebauter Server betreibt bis zu acht I/O-Brücken mit 96 PCI-Adaptern.

Unisys hat nach eigenen Angaben bislang 320 ES7000-Maschinen ausgeliefert. Durchschnittlich sind die Server mit 22 Intel-Prozessoren und 16 GB Memory bestückt, berichtet Unisys-Manager Peter Samson. Noch in diesem Jahr sollen zwei Mainframe-Versionen der Rechner vorgestellt werden.

Die eine Variante basiert ebenfalls auf Intel-Prozessoren und soll unter einem emulierten "MCP" arbeiten. Das ehemalige Burroughs-Betriebssystem verwendete Unisys für die kleineren und mittelstarken "Clearpath"-Mainframes. Die zweite Modifikation der ES7000-Server wurde als Hybridmaschine angekündigt: Neben Intel-Prozessoren sollen auch Rechnerplatinen aus den proprietären "Sperry-2200"-Servern eingebaut sein. Damit können Anwender sowohl Applikationen unter Windows NT und 2000 als auch Anwendungen mit hohen Transaktionsvolumen unter dem Betriebssystem "OS 2200" in einem Gehäuse verarbeiten.

Nach Angaben des Branchendienstes "Computergram" gibt es Gerüchte, dass einige der OEM-Abnehmer ihre Unix-Versionen - oder Mainframe-Betriebssysteme - auf die neuen ES7000-Server portieren könnten. Unisys selbst will in den kommenden Monaten die hauseigene "Communications Application Platform" (CAP), die derzeit unter MCP auf den Clearpath-Servern läuft, auf die Intel-Plattform portieren.

Auch der ERP-Markt - und hier besonders die SAP-Welt - sind ins Augenmerk der Unisys-Marketiers gerückt: Mit 10 400 gleichzeitigen Benutzern im SD-Benchmark unter Windows 2000 stellte ein ES7000-Server kürzlich einen neuen Rekord bei dieser SAP-Leistungsmessung auf. Außerdem seien, so Unisys-Manager, gemischte Umgebungen denkbar, etwa Mysap.com in einer Unixware- oder Linux-Partition und gleichzeitig eine CRM-Applikation in einer anderen.

Demnächst mit 64 Intel-CPUsFür die Sicherung der zukünftigen Leistungsfähigkeit ist ebenfalls gesorgt: Derzeit entwickeln die Ingenieure in Blue Bell die zweite Generation der CMP-Systeme. Zukünftige"CMP2"-Server sollen sich mit bis zu 64 Intel-Prozessoren bestücken lassen.

Insbesondere das Microsoft-Betriebssystem Windows 2000 Datacenter verlieh den ES7000-Maschinen starken Rückenwind. Unisys ging dafür eine Kooperation mit den Redmondern ein: Im Austausch gegen technisches Know-how unterstützt Microsoft die Marketing-Aktivitäten des Ex-Mainframers. Mindestens genauso wichtig sind für Unisys allerdings die OEM-Verträge mit IT-Größen wie Compaq, Dell und HP. Für das laufende Jahr sollen sie für 30 Prozent des CMP-Umsatzes sorgen, im Jahr 2002 soll das OEM-Geschäft bereits zwei Drittel der Umsätze mit ES7000 ausmachen.

Abb.1: Cellular Multiprocessing (CMP) von Unisys

Modularität und Skalierbarkeit stehen bei den Unisys-Servern im Vordergrund. Die Crossbar-Technik als Ersatz für enge Bussysteme erlaubt den großzügigen Einsatz von Peripherie. Quelle: Unisys

Abb.2: Ausgelieferte Server in Westeuropa

Compaq konnte den Marktanteil bei den ausgelieferten Servern ebenso steigern wie Dell und Sun. Die Verlierer heißen HP und vor allem Fujitsu-Siemens. (Quelle: Gartner Dataquest)