Trotz Skepsis lagern Banken IT aus

12.08.2003
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Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

"Outsourcing kann allerdings nur funktionieren, wenn beide Seiten zufrieden sind. Es bringt nichts, die Marge des Vertragspartners immer weiter drücken zu wollen", warnt Schein. Die Kunden sollten sich auf einen permanenten Balanceakt zwischen eigenen Ansprüchen und den Gewinnzielen der Anbieter einstellen. Um in diesem Spannungsfeld ein ausgewogenes Verhältnis zu pflegen, müssen sich vor allem die nach dem Betriebsübergang im Anwenderunternehmen verbliebenen Mitarbeiter umorientieren: Gefragt ist nun eine professionelle Serviceorganisation. "Die Erhebung hat gezeigt, dass zufriedene Outsourcing-Nehmer über ein sehr gutes Relationship-Management-Team verfügten, das zum Großteil von außen eingekauft wurde", berichtet Schein.

In jedem Fall benötigt ein Unternehmen mit ausgelagerten IT- und Betriebsdiensten Experten, die über ausgewiesenes IT- und Prozess-Know-how verfügen. Das können durchaus Mitarbeiter aus der ehemaligen IT-Abteilung sein. Heikler gestalten sich die Aufgaben der Relationship- beziehunsgweise Services-Level-Manager, denn sie sollten ähnlich wie Key-Account-Manager der Herstellerfirmen arbeiten. Sie müssen Kontakte pflege, Informationen austauschen und Verhandlungen führen. Interne Kräfte sind hier selten erste Wahl. Schein berichtet von einem Unternehmen, das sehr gute Erfahrungen mit einer leitenden Mitarbeiterin gemacht hat, die aus einem Beschwerde-Call-Center eingestellt wurde. Sie brachte enorme Erfahrungen im Umgang mit Konfliktsituationen ein. Schließlich benötigen die Unternehmen Juristen zur Vertragsgestaltung und -entwicklung. Geschickte Anwender haben dazu in der Vergangenheit gezielt Rechtsexperten aus dem Lager der Outsourcing-Anbieter eingekauft. Ihnen obliegt unter anderem die Aufgabe, die Kontrakte so zu gestalten, dass ein gute und sauberer Ausstieg aus Outsourcing-Vereinbarungen möglich ist. Den Weg zurück, also das Insourcing, halten die Unternehmensberater von McKinsey im Übrigen für sehr problematisch. Andererseits sollten die Leistungsbeziehungen im Outsourcing unbedingt so gestaltet werden, dass ein Provider-Wechsel jederzeit möglich ist.

Die Studie

McKinsey befragte in Zusammenarbeit mit IBM Emea (Europe, Middle East, Africa) und der European Financial Management & Marketing Association die CIOs oder COOs von zehn mittelgroßen Banken mit einem verwalteten Vermögen (Assets under Management = AUM) zwischen 15 und 80 Milliarden Euro, neun großen Banken (AUM: 80 bis 300 Milliarden Euro) sowie zwölf Großbanken (AUM: über 300 Milliarden Euro) aus sieben europäischen Ländern. Weitere Experteninterviews (insgesamt gab es 70) fanden mit Industrieexperten und Vertretern der Service-Provider statt. Die Erhebung wurde zwischen Januar und Mai 2002 betrieben, betrachtet wurden insgesamt elf Servicekategorien, und zwar sechs IT-Dienste (Desktop, Data Center, Netzwerk, Call Center, Geldautomaten sowie Applikationen) und fünf Betriebsdienste (Drucken, Clearing, Kreditvergabe, Kredit- und Debit-Abwicklung, Kontoführung). Diese Services sind laut Einschätzung der Autoren Schlüsselfunktionen der Banken. Kombiniert repräsentieren sie etwa 30 bis 40 Prozent der Gesamtkosten einer durchschnittlichen Bank.
Unter den 31 untersuchten Banken hat nur eine den kompletten Betrieb ausgelagert, alle anderen haben mindestens eine Aufgabe externen Providern übertragen. 44 Prozent der Befragten gaben an, Kostendruck sei der einzige Hauptgrund für das Outsourcing. Andere Finanzdienstleister ließen weitere Gründe wie bessere Funktionalität, höhere Verfügbarkeit und den Gewinn an Flexibilität gelten. Aus den Experteninterviews haben die McKinsey-Berater unter anderem Outsourcing-Metheden sowie eine Matrix erarbeitet, die die Wertschöpfung und Machbarkkeit verschiedener Outsourcing-Dienste aufzeigt. Die Auslagerung von Applikationen bietet beispielsweise gutes Sparpotenzial, ist aber schwer zu betreiben. Desktop-Dienste auszulagern fällt hingegen leicht, sparen lässt sich jedoch kaum etwas.