Der Datenbank-Markt

Trio Triumphalis Relationalis

24.09.2004
Von 
Jan Schulze ist freier Autor in Erding bei München.
Der Markt für relationale Datenbanken ist sehr konstant: Seit langem machen drei Firmen die Sache im Wesentlichen unter sich aus. Große Umbrüche sind mittelfristig nicht zu erwarten.

Datenbanken sind ein Grundpfeiler jeder IT. Ohne sie könnten weder Warenwirtschaftssysteme noch Kundenverwaltungen arbeiten, Groupware-Applikationen wären nicht möglich. So gut wie jede unternehmenskritische Anwendung basiert auf Datenbanken. Da die Systeme seit vielen Jahren technisch ausgereift sind und wenig Spektakuläres bei den regelmäßigen Neuerungen zu finden ist, fristen Datenbanken ein Schattendasein neben den ständig neu aufkommenden Hype-Themen. Schaut man auf aktuelle Zahlen für den deutschen Datenbankmarkt, bietet sich seit längerem schon dasselbe Bild: Drei Firmen teilen das Gros des Neulizenzgeschäfts unter sich auf. IBM, Oracle und Microsoft hatten im Jahr 2003 laut den Marktforschern von Gartner Dataquest zusammen einen Marktanteil nach Umsatz von über 86 Prozent in Deutschland.

Und für den deutschsprachigen Markt (Deutschland, Österreich, Schweiz) im Jahr 2002 ermittelte IDC einen Anteil am gesamten Umsatz der großen Drei von 88 Prozent. Den Rest teilen sich zahllose andere Anbieter - darunter viele namhafte IT-Häuser wie Hewlett-Packard oder Computer Associates.

Der unangefochtene Platzhirsch ist dabei IBM. Big Blue konnte sich laut Gartner Dataquest im vergangenen Jahr mit seinen Datenbanken DB2 und IMS in Deutschland einen Marktanteil von über 46 Prozent sichern. Dabei profitiert IBM vom eigenen Hardwaregeschäft, wie Colleen Graham, Principal Analyst bei Gartner Research, feststellt: "Die Z- und I-Series tragen bei IBM stark zum Datenbankumsatz bei." Auf den Mainframes sind die IBM-Datenbanklösungen nur wenig Konkurrenz ausgesetzt. Das wird sich nach Grahams Einschätzung in absehbarer Zeit auch nicht ändern, da die Plattformen eine große Verbreitung haben.

Oracle: Technologisch besser

Oracle, mit über 21 Prozent Marktanteil die Nummer zwei, hat jedoch gute Chancen, den Datenbankkönig zu gefährden. "Technologisch ist Oracle ausgeklügelter als IBM", schätzt Gartner-Analystin Graham die Situation ein. Vor allem bei Datenbanken für Linux-Umgebungen konnte Oracle zulegen. Rund 300 Millionen Dollar habe das Unternehmen von Lawrence Ellison im vergangenen Jahr weltweit in diesem Segment umgesetzt. Im Vergleich zum Gesamtmarkt sei das allerdings noch recht wenig: Alleine in Deutschland gaben die Anwender 2003 insgesamt fast 600 Millionen Dollar für neue Datenbanklizenzen aus. Einen Grund für das noch schwache Linux-Geschäft sieht Graham in der Wichtigkeit von Datenbanken für die Unternehmen. Hier wolle keiner der Erste sein, der die bewährten Pfade verlässt: "Es ist ein reifer Markt, der sich nur

langsam ändert." Mittelfristig werde Oracle jedoch im Linux-Umfeld stark wachsen. Auch die Bemühungen des weltweit zweitgrößten Softwareherstellers um das Thema Grid-Computing werden nach Grahams Ansicht starke Einflüsse auf den Markt haben und den Einsatz preiswerterer Hardware für die Datenbanken vorantreiben. Betrachte man nur die relationalen Datenbank-Management-Systeme (RDBMS), lägen die Marktanteile von IBM und Oracle bereits recht nahe beisammen, berichtet Gartner-Analystin Graham.

Am deutschen Datenbankmarkt muss sich der weltgrößte Softwarekonzern mit dem dritten Platz zufrieden geben. Knapp 19 Prozent kann Microsoft mit seinen Produkten "Access" und "SQL Server" laut Gartner Dataquest hier für sich verbuchen. Ähnlich wie bei IBM ist auch Microsofts Datenbankumsatz eng mit anderen Produkten verzahnt, in diesem Fall mit dem hauseigenen Betriebssystem Windows. Bislang kaufen laut Graham die Anwender den SQL Server noch nicht primär für den Einsatz mit ERP (Enterprise Resource Planning)-Systemen, sondern setzen ihn eher im Arbeitsgruppenumfeld ein. "Aber der SQL Server wird zunehmend als Enterprise-Level-Datenbank gesehen", beobachtet die Analystin. Durch die enge Verzahnung von Anwendung und Betriebssystem ist Microsofts Erfolg im Datenbankmarkt vor allem daran geknüpft, wie sich die Server-Betriebssysteme in

den Rechenzentren verankern.

Die restlichen knapp 14 Prozent des Neulizenzgeschäfts verteilen sich auf ein breites Spektrum von Nischenanbietern. NCR Teradata, Nummer vier am Markt, kann gerade mal auf 2,1 Prozent Marktanteil schauen. Der Grund dafür ist die hohe Spezialisierung: "Teradata ist eine Highend-Datenbank für Data Warehouses", so Graham. Andere Anbieter haben teilweise mit Problemen zu kämpfen. "Die Marktkonsolidierung ist im Gang", folgert die Gartner-Analystin. An der Dominanz von IBM, Oracle und Microsoft werde sich in den kommenden fünf Jahren nichts ändern.

Bezeichnend für die Reife der Datenbanken und des Markts ist die sehr langsame technologische Weiterentwicklung bei den Basisfunktionen. Die Hersteller können sich darüber kaum voneinander differenzieren. Ein weiteres Indiz ist, dass erst jüngst zwei Datenbanken mit relativ geringer Verbreitung von den Herstellern in Open-Source-Produkte überführt wurden. Computer Associates hat seine Ingres-Datenbank diesem Modell unterworfen, IBM wird die Java-Datenbank "Cloudscape" an das Apache-Projekt übergeben.

Neue Anbieter Fehlanzeige

Es ist zu vermuten, dass dahinter nicht zuletzt der geringe kommerzielle Erfolg der Produkte steht. Und auch mit neuen Anbietern, die den Markt aufrollen, ist nicht zu rechnen. Zwar drängen zum Beispiel die Open-Source-Datenbanken immer stärker auch in die Unternehmen, doch von großen Migrationsprojekten im unternehmenskritischen Einsatz ist nur sehr wenig zu sehen. Dafür können zwei Hauptgründe geltend gemacht werden: Zum einen hat sich um die profilierten Anbieter relationaler Datenbanken und ihre Produkte ein umfangreicher Markt an Drittherstellen gebildet, die wichtige und nützliche Ergänzungen zu den Datenbank- systemen anbieten. Diese Unterstützung fehlt den Open-Source-Lösungen meist. Zum anderen sind die eingesetzten Datenbanken zu wichtig für den Geschäftsbetrieb, als dass ohne große Not bestehende Altsysteme abgelöst werden.

* Der Autor Jan Schulze ist freier IT-Fachautor aus Erding bei München. [jan@schulze-miedl.de]