Schwächen bei der Konvertierung

Tools zur Postscript-Bearbeitung lassen vielfach zu wünschen übrig

23.01.1997

Postscript begegnet man in drei Varianten: als "Druckdatei", als "Encapsulated Postscript" (EPS - mit und ohne Bildschirmvorschau) oder neuerdings auch als "Portable Document Format" (PDF). Die Verwendung beziehungsweise Weiterverarbeitung der PS-Daten leidet allerdings unter mehreren Faktoren: Sie sind häufig unnötig groß (10, 20 und mehr MB pro A4-Seite), es fehlen Teildaten (Schriften, Bilder), der PS-Code enthält falsche Angaben (bei den Farben beispielsweise Rot-Grün-Blau statt Cyan-Magenta-Yellow-Black) oder ist vom PS-Interpreter des Empfängers nicht verwertbar. Gerade letzteres stellt das Hauptproblem dar: Ohne die Interpretation des PS-Codes kann nicht einmal eine visuelle Prüfung der Datei vorgenommen werden - es sei denn, es handelt sich um die EPS-Variante inklusive einer Bildschirmdarstellung.

PS-Interpreter sind rar gesät

Erstaunlicherweise gibt es bis heute nur zwei Softwarepakete in der grafischen Welt, die einen PS-Interpreter beinhalten, wobei der Ausdruck PS-RIP (RIP = Raster Image Prozessor) als Synonym für diese Interpreter gebraucht wird. Bei den Produkten handelt es sich um "Corel Draw 6.0" für PCs und Mac-Rechner sowie um Adobes "Illustrator 6.0" für den Macintosh.

Die Konsequenz: Mittlerweile sind etwa ein Dutzend Utilities auf dem Markt, die den Umgang mit PS-Daten erleichtern beziehungsweise produktiver gestalten sollen. Sie lassen sich grob in "Editierer", "Konverter" und "Production Tools" einteilen. Die meisten dieser Werkzeuge haben in sehr unterschiedlicher Ausprägung sogenannte Preflight-Checking-Features, also Funktionen, die PS-Code auf seine Verwendbarkeit und Vollständigkeit überprüfen.

Zu den Editierern zählen zwei sehr unterschiedliche Produkte: "Digiscript" (ehemals "Epscript") von One Vision aus Regensburg sowie "Tailor" von First Class im belgischen Zwijnaarde. Das Regensburger System bietet die umfassendsten Möglichkeiten, um nahezu jeden PS-Code zu interpretieren und nachträglich zu bearbeiten. Es konvertiert PS in ein eigenes Datenformat. Dieses läßt sich dann in Digiscript-eigenen Grafik-, Satz-, Layout- und Bild-Editoren frei verändern und anschließend in vereinfachtem PS-Code wieder ausgeben. Das unter der Nextstep-Oberfläche laufende Programm kostet inklusive Ausbildung rund 20000 Mark.

Die Möglichkeiten des rund 700 Mark teuren Tailor (für Mac-OS 7.5), unterschiedlichen PS-Code zu interpretieren, reichen nicht so weit. Grafisches Editieren und Farbveränderungen laufen recht gut, im Text- und Schriftbereich sind die Grenzen aber ausgesprochen eng gesteckt. Sollten die Editierfunktionen nicht den Anforderungen genügen, ist eine Umwandlung in das Tag Image File Format (Tiff) oder das Adobe- Illustrator-Format möglich. Tailor reicht damit auch in die Kategorie der Konverter hinein.

Ein klassisches Produkt unter den Konvertern ist der "Transverter Pro". Ihn gibt es als 32-Bit-Programm für PCs und den Mac, der Preis liegt bei etwa 800 Mark - den Vertrieb hat der Hamburger Prepress-Spezialist Impressed übernommen. Die Software kann reines PS und Acrobat PDF auf dem Monitor darstellen, in EPS umwandeln und die zur Plazierung im Layout erforderlichen Previews in Tiff erzeugen. PS, EPS und PDF können außer in Tiff auch in die Grafikformate PCX, WMF oder Pict umgewandelt werden - und zwar nicht nur als gesamte Datei, sondern ebenso in frei wählbaren Ausschnitten. Speziell für Online-Dienste lassen sich die Formate JPEG und GIF verwenden, wobei Farbtiefe, Rasterfeinheit, Kompressionsgrad und Anti-Aliasing eingestellt werden können. Alle Umwandlungen können im Batch-Verfahren erfolgen.

Mit derart umfangreichen Konvertierungsfunktionen kann das Windows-Programm "PS Alter" von der englischen Firma Quite Software nicht aufwarten http://ds.dial.pipex.com/Quite/index.htm . Möglich ist die Anzeige von Postscript sowie die Umwandlung in EPS, Tiff und BMP. Der Nachteil des für 200 Pfund angebotenen Systems liegt in der Beschränkung auf den PS-Level-I, abgesehen von einigen Level-II-Aufrufen.

Eine Besonderheit bietet PS Alter für Programmierer und PS-Spezialisten, bei denen das Produkt die leicht antiquierten Systeme "Ghostscript" von Aladin Software oder Adobes "Lasertalk" ablösen könnte. Im sogenannten Werkbank-Modus umfaßt PS Alter eine komplette Umgebung für die Entwicklung, den Test und das Debuggen von PS-Programmen.

Für die Formatumwandlung und Darstellung von Postscript bietet Adobe selbst den zur Acrobat-Produktfamilie gehörenden "Distiller" an. Nahezu unübertroffen ist die Distiller-Fähigkeit, auch mangelhaftes Postscript zu verarbeiten und gegebenenfalls bereinigt wieder auszugeben.

Derartige Features werden eigentlich auch von einem Preflighter-Werkzeug erwartet, das darüber hinaus plattformübergreifend Schriften und Farben erkennen sowie Bildprobleme beheben sollte. Am besten sind diese Eigenschaften noch in den Preflight-Funktionen von Digiscript entwickelt. Das Produkt verschließt sich jedoch einem breiten Markt aufgrund der viel zu hohen Systemanforderungen, vom Preis ganz zu schweigen.

Alle anderen Kandidaten zeigen zumindest in einigen Teilbereichen eklatante Schwächen:

- Illustrator und Corel haben den Nachteil, daß sie mit Fonts von Fremdsystemen nicht umgehen können, über Bildverknüpfungen nichts aussagen und im Spektrum der verarbeitbaren PS-Vielfalt weit hinter dem Distiller zurückbleiben.

- Tailor hat große Probleme mit Schriften und Bildern beziehungsweise deren Verknüpfungen und kann nicht mehr PS verarbeiten als die zuvor genannten Pakete.

- Der Transverter erkennt Schriftprobleme, ohne sie jedoch derzeit beheben zu können. Schwierigkeiten bei Farben und Bildern bemerkt das Programm gar nicht, die PS-Toleranz bewegt sich im üblichen Rahmen.

Probleme im Umgang mit Fremddaten

Am geeignetsten für das Preflighten zeigt sich da noch das Production-Tool "Preprint Pro" von Luminous für den Macintosh. Es ist für 4500 Mark ebenfalls bei Impressed erhältlich. Dabei handelt es sich um ein sehr spezielles Produktionswerkzeug für Druckvorstufen-Umgebungen, in denen auf reiner Mac-Basis ein Workflow mit anderen Luminous-Produkten wie "Presswise" und "Trapwise" angestrebt wird. Farben und Bilder beziehungsweise deren Verknüpfungen werden professionell dokumentiert und druckgerecht verändert, Schriftenprobleme lassen sich regulieren. Die große Schwäche von Preprint Pro liegt in seiner Unfähigkeit, mit Fremddaten umzugehen.

Ein anderes Production-Tool ist "Pro Script" von Cutting Edge aus Oslo. Es unterstützt speziell in der Zeitungsindustrie die Verarbeitung von PS-Daten. Seine Besonderheiten bestehen darin, daß es mit Schriften plattformübergreifend jonglieren kann und die Übertragung von PS-Daten aufgrund von Kompressionsverfahren deutlich beschleunigt.