Bilanz des ersten Jahres unter IBM-Fittichen

Tivoli muß noch Schwächen im Mainframe-Geschäft ausbügeln

14.03.1997

Die amerikanischen Marktbeobachter wurden von der Entwicklung der IBM-Tochter im letzten Jahr überrascht. Befürchteten sie im Februar 1996 noch, das einst kleine, unabhängige und innovative Softwarehaus werde in den Fängen von Big Blue auf Nimmerwiedersehen verschwinden, sind sie nun eines Besseren belehrt.

Die Mitarbeiterzahl wuchs von 291 auf mehr als 1200, der Umsatz überschritt mittlerweile die Milliarden-Dollar-Marke und machte Tivoli zu einem wichtigen Konkurrenten im System-Management-Markt. Für klare Verhältnisse sorgte die Mutter bei der Zuständigkeit für Neu- und Weiterentwicklungen. "Den angestammten Systemview- und Netview-Entwicklern wurde gesagt, daß sie ab sofort ein Teil des Tivoli-Teams seien. Wer nicht damit einverstanden sei, könne gehen", beschreibt Paul Mason, Analyst bei IDC in Framingham, das Big-Blue-Vorgehen.

Sicherheitslücken wurden geschlossen

Mit dieser Rückendeckung von der Konzernmutter fokussierte sich die Management-Division im letzten Jahr auf unternehmensweite Lösungen und brachte den "Global Enterprise Manager" (GEM) und das "Tivoli Management Enviroment (TME) 10" auf den Markt. Für das Partnerprogramm 10/Plus Association konnte Tivoli 160 Teilnehmer mobilisieren.

Zudem schloß Tivoli kürzlich eine Sicherheitslücke in der TME-Plattform. Der bisherige Mischmasch aus Verwaltungs-Tools, die vom IT-Manager viel Erfahrung und Aufmerksamkeit bei Sicherheitsfragen verlangte, wird von einem zentralen "Security Management Modul" abgelöst. Das gesamte Sicherheitspaket besteht aus zwei Komponenten: "Tivoli Access Control Facility" (TCAF) und "Tivoli Centralized Security Console" (TCSC). Damit lassen sich etwa Zugriffsrechte und Login-Restriktionen für Anwender unter Unix, Netware und Windows NT definieren und verwalten. Daten aus anderen Sicherheitspaketen, etwa von Microsofts Windows NT oder IBMs Mainframe-Lösung RACF, lassen sich importieren. Trotz derartiger Fortschritte ist nicht alles eitel Sonnenschein, denn Tivoli konnte nicht mit den steigenden Erwartungen der Anwender Schritt halten. So entwickelt etwa die Amoco Corp., Chikago, eine Netview-Version für ihre Mainframe- und RS/6000-Server in Eigenregie, weil dem Öl- und Chemiekonzern das Angebotsspektrum der Big-Blue-Tochter nicht ausreichend erschien. Auch IDC-Mann Mason bemängelt, daß Tivolis Stärken nicht im Mainframe-Business liegen.

Auch die vom Tivoli-Chef ausgegebene Losung, sich bei den Entwicklungsvorhaben auf das Management von Applikationen zu konzentrieren, ist kein Alleinstellungsmerkmal. Konkurrenz droht von Amdahl. Die "A+ Software Application Management Suite" bündelt Amdahl-Produkte mit Verwaltungs-Tools von Novadigm und Bull. Die Plattform ist darauf ausgerichtet, Drittprodukte einfach zu integrieren, und liefert beispielsweise Möglichkeiten zum Performance-, Betriebs- und Sicherheits-Management.