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Sun modularisiert Solaris

11.09.2000
Im Visier: Appliances und Embedded Systems

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Sun Microsystems arbeitet gegenwärtig an einer Aufteilung seines kommerziellen Unix-Derivats Solaris für den Einsatz in spezialisierten "Einzweck"-Systemen, so genannten Appliances. Dabei handelt es sich offensichtlich um eine Reaktion auf ähnlich gelagerte Vorhaben von Microsoft und diversen Anbietern aus dem Linux-Umfeld.

Sun erklärte gegenüber dem Informationsdienst "Computergram", entsprechende Solaris-Module würden - zusammen mit passenden Entwicklungswerkzeugen - bereits im Laufe der kommenden zwölf Monate auf den Markt kommen. Eine offizielle Ankündigung ist für das kommende Geschäftsjahr vorgesehen. Die "Solaris-Splitter" zielen auf spezialisierte Einsatzbereiche, beispielsweise Web-Server. Die Entwicklungs-Tools sollen es Developern erleichtern, bestimmte Bereiche des Betriebssystems (etwa die Benutzerschnittstelle) einfacher an ihre Bedürfnisse anzupassen.

Als Zielgruppe für die Solaris-Module nimmt Sun sowohl Appliance-Hersteller wie Dell und Compaq als auch Endanwender ins Visier. Allerdings setzt die McNealy-Company dabei explizit auf ihre hauseigene Prozessorarchitektur "Sparc" und nicht etwa auf die Intel-Konkurrenz, für die Solaris ebenfalls erhältlich ist.

Die Tools richten sich dagegen an OEMs und große Anwender mit entsprechender Entwicklungskompetenz und spezifischen Anforderungen, die Solaris für bestimmte Projekte "maßschneidern" möchten. Andy Ingram, Vice President Solaris Marketing, erläutert: "OEMs und große Service-Provider haben die nötige Erfahrung. UUnet beispielsweise arbeitet in Sachen Skalierbarkeit und Usability an vorderster Front. Andere wie zum Beispiel General Motors oder Bank of America haben solche einzigartigen Bedürfnisse nicht."

Strategische Neuausrichtung

Die Entscheidung, Solaris für den Einsatz in Appliances anzupassen, stellt einen signifikanten Wandel in Suns Betriebssystemstrategie dar. Bis dato favorisierte der Hersteller in diesen Bereichen entweder Java-basierte Ansätze (Handhelds, Embedded-Umgebungen) oder sein Echtzeitbetriebssystem "ChorusOS" (Telekommunikation). Mit beiden Alternativen ist Sun aber nur mäßig erfolgreich. Java ist zwar zunehmend populär, Sun selbst kann davon aber kaum direkt profitieren - in Vergleich etwa zu Windows, mit dem Microsoft signifikante Marktanteile erreichte. Hochrangige Sun-Manager räumten bereits ein, sie erführen "oft erst in dem Moment von einer Java-Entwicklung, wenn ein Partner ein Produkt ankündigt". ChorusOS ist auf den lukrativen, aber sehr überschaubaren Telco-Markt beschränkt.

Die Konkurrenz schläft nicht

Solaris, bislang nur im Server-Bereich wirklich präsent, könnte Sun in diversen Endgeräten sowohl neue Marktanteile verschaffen wie auch als Markt zu mehr Popularität verhelfen. Der Erfolg des modularisierten Unix hängt aber wesentlich davon ab, ob Sun den Preis konkurrenzfähig gestalten kann.

Vor allem Microsoft kümmert sich seit einiger Zeit intensiv um den Markt für Embedded-Systeme und Appliances. Noch in diesem Herbst will die Gates-Company ihr "Windows 2000 Server Appliance Kit" herausbringen, das auf den gleichen Markt zielt wie Suns Produkte, die erst in rund einem Jahr debütieren dürften. Gleichzeitig haben die Redmonder angekündigt, drei Monate nach der Veröffentlichung der nächsten Windows-2000-Version (Codename "Whistler) eine Embedded-Variante vorzustellen.

"Embedded Systems werden immer populärer. Weil inzwischen auch Endverbraucher im Spiel sind, müssen die Hersteller und OEMs schnell reagieren", glaubt Deanne Hoppy, Microsoft-Produkt-Managerin für Embedded and Appliance Products. Die Pläne von Sun wollte die Microsoft-Frau übrigens nicht direkt kommentieren - sie erklärte lediglich, der Markt sei "groß genug für alle Player".

Hoppy sieht Suns größte Herausforderung darin, das modulare Solaris - ohne Verzicht auf Features - zu einem akzeptablen Preis anzubieten. Embedded- und Appliance-Betriebssysteme seien Massenartikel, die Anbieter seien Wiederverkäufer und kauften mit Großhandelsmentalität. "Dies ist ein Massenmarkt - es geht um Stückzahlen und Features. Je mehr Features man bietet, desto mehr Geld kann man verlangen."

Dan Kuznetzky, President System Software Research bei IDC (International Data Corp.), hält Suns Vorhaben für sinnvoll und aussichtsreich - analog zu Microsoft, das seine Betriebssysteme ausgesprochen erfolgreich segmentiert habe. "Sun könnte Produkte entwickeln, die mit denen von Microsoft bei Features und Preis Kopf an Kopf konkurrieren. Das wird dem Wettbewerb gut tun", meint der Analyst.