Hersteller kündigt Sparc-Prozessoren sowie Partnerschaften mit AMD und Fujitsu an

Sun meldet sich mit neuer Roadmap zurück

20.08.2004

Im Zentrum der neuen Produktausrichtung von Sun stehen zwei Architekturen, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Auf der einen Seite hat sich das Unternehmen deutlich zur hauseigenen Risc-Architektur Sparc bekannt und will bis 2006 völlig neue Prozessoren vorstellen. Auf der anderen Seite möchte Sun bald einer der größten Hersteller von Servern auf Basis des AMD-Opteron-Prozessors sein - einer x86-Architektur mit 64 Bit.

Zwischen Linux und Solaris

Die derzeit verfügbare Version 9 des Sun-Unix Solaris ist bereits auf die AMD-Plattform portiert. Mit Version 10 wird dort auch die 64-Bit-Fähigkeit Einzug halten. Die Konkurrenz im eigenen Haus kommt den Anwendern zunutze, meinte beispielsweise die Giga Information Group bereits im November 2003. Denn für Sun-Kunden ergibt sich damit eine Alternative zu Linux, sofern es nur um günstigere Hardware geht: "Kunden, die darüber nachdenken, wegen des Preis-Leistungs-Verhältnisses der Plattform von Solaris auf Linux zu wechseln, müssen sich mit dieser Option nicht mehr auseinander setzen", erklären die Analysten in ihrem Papier. Mit AMD erweitert Sun sein Produktportfolio im unteren Preisbereich um die heute so gefragten Commodity-Server.

Die Zusammenarbeit von AMD und Sun kam für viele überraschend - bietet doch der Server-Hersteller seit einiger Zeit schon Server auf der Basis des Xeon-Prozessors von Intel an. Doch die aktuelle 64-Bit-CPU des Weltmarktführers, der Itanium 2, muss unbeschadet seiner Leistungsfähigkeit in einem zentralen Punkt hinter dem AMD-Produkt zurückstecken: Er ist nur bedingt für die weit verbreiteten 32-Bit-Anwendungen nutzbar. Um das Potenzial der innovativen CPU auszuschöpfen, müssten Anwender und Softwarehersteller ihre Applikationen oft nicht nur neu kompilieren, sondern aufwändig portieren. Die schwachen Verkaufszahlen von Itanium und Itanium 2 zeigen, dass dieser Aspekt die breite Masse der Käufer bislang davon abgehalten hat, sich diese Architektur ins Haus zu holen. Im Gegensatz dazu basiert der Opteron von AMD auf einer 32-Bit-x86-Technik, die um 64-Bit-Funktionalität erweitert wurde.

Um die neue AMD-Hardware einem möglichst breiten Kundenkreis schmackhaft zu machen, geht Sun zwei Wege: Zum einen ist Solaris 10 für x86 völlig Sourcecode-kompatibel zur Sparc-Version. Das heißt, Anwendungen, die auf den Ultrasparc-Servern laufen, können auch auf der AMD-Plattform betrieben werden. Zum anderen wird es binärkompatibel zu Linux werden, so dass auch Linux-Applikationen unter Solaris nutzbar sind. Ferner hat Sun seine traditionellen Streitereien mit Microsoft beigelegt und die Opteron-Server für Windows zertifizieren lassen.

Einen anderen Weg geht Sun in seinem angestammten Segment der Highend-Server. Hier hat vor allem die Ankündigung für Furore gesorgt, dass die Entwicklung des Ultrasparc V eingestellt wird, der den erst seit kurzem verfügbaren Ultrasparc IV ablösen sollte. Stattdessen arbeitet Sun an zwei neuen CPUs, die unter den Codenamen "Niagara" und "Rock" geführt werden. Kernstück der Entwicklung ist CMT, Chip Multithreading. Damit wird der Kern des Prozessors in die Lage versetzt, mehrere Befehlsketten (Threads) parallel abzuarbeiten.

Den Hintergrund erläutert Ingo Frobenius, Product Marketing Manager bei Sun: "Im Schnitt verdoppelt sich die Geschwindigkeit der Prozessoren alle zwei Jahre. Bei den Speicherbausteinen allerdings liegt der Zyklus bei sechs Jahren. Heute können die CPUs viel schneller Befehle abarbeiten, als die benötigten Daten vom Speicher zur Verfügung gestellt werden. Das Resultat ist, dass ein Prozessor, der nur einen Thread verarbeitet, heute 75 Prozent der Zeit damit verbringt, auf den Speicher zu warten." Mittels CMT kann sich der Prozessor während dieser Wartezeit einer anderen Befehlskette zuwenden. Damit arbeitet eine CPU, die zwei Threads bedienen kann, im Idealfall bei gleicher Taktgeschwindigkeit doppelt so schnell wie ein Single-Thread-Prozessor.

Sun verwendet dieses Design bereits beim Ultrasparc IV. Dieser kann zwei Threads pro Prozessor verarbeiten. Mit den kommenden CPUs Niagara und Rock will Sun diese Technologie weiter ausbauen. Niagara soll, so die aktuelle Roadmap, aus acht Prozessorkernen bestehen und vier Threads pro Kern abarbeiten. "Damit wird der Niagara ungefähr 15-mal schneller sein als ein Ultrasparc III", so Frobenius. Sun will den Niagara ab 2006 anbieten.

30fache Performance

Noch weiter soll die Leistung bei dem Prozessor steigen, der momentan den Codenamen Rock trägt. Hier will Sun durch Weiterentwicklungen im CMT-Bereich die 30fache Performance gegenüber dem heutigen Ultrasparc III erzielen. Details zu Rock wurden noch nicht bekannt geben. Es steht allerdings zu erwarten, dass der CPU-Takt deutlich über jener des aktuellen Ultrasparc III liegt.

Niagara und Rock sollen sich laut der Sun-Roadmap keine Konkurrenz machen. Niagara wird besonders auf hohe Netzwerklasten ausgerichtet, wie sie zum Beispiel im Middleware-Bereich auftreten. Rock hingegen soll seine Stärken in datenintensiven Backend-Systemen ausspielen, also etwa bei ERP-Systemen. "Niagara und Rock sind wieder vollständig binarkompatibel zu den heutigen Ultrasparc-Prozessoren", betont Frobenius. Bestehende Solaris-Anwendungen müssen weder portiert noch neu kompiliert werden.

Neben den beiden angekündigten Flaggschiffen wird es nach dem Willen von Sun auch weiterhin den klassischen Sparc geben. Hierzu haben Sun und Fujitsu eine weit reichende Partnerschaft angekündigt. Damit setzen sich die beiden Hersteller und Konkurrenten nun in ein Boot, was die Weiterentwicklung der Sparc-Plattform anbelangt. Geplant ist, bis 2006 die eigenständigen Produktlinien auf Basis von Ultrasparc IV+ und Sparc 64+ zusammenzuführen und unter dem Namen "APL" (Advanced Product Line) auf den Markt zu bringen. Beide Partner haben versprochen, dass die neuen Produkte vollständig binärkompatibel zu den jetzigen Plattformen sein sollen.

Die Analysten sehen die Partnerschaft als vernünftig an. So konstatiert Forrester Research in einem Papier vom Juni 2004, dass die Kooperation der beiden verbleibenden Sparc-Hersteller schon alleine wegen der hohen Investitionen für die Chipentwicklung sinnvoll ist. IDC weist in einer Beurteilung des Deals darauf hin, dass Sun und Fujitsu bereits seit den 80er Jahren immer wieder zusammengearbeitet haben. (ls)

*Jan Schulze ist freier Journalist in Erding bei München.

Sparc versus x86: Was ist die bessere CPU?

Weder Sparc noch x86 sind eindeutig der bessere Prozessor. Blickt man auf die Messergebnisse, welche die Hersteller bei der Standard Performance Evaluation Corporation (Spec) veröffentlichen, zeigt sich der Vorteil der x86-Architektur gegenüber dem Risc-Prozessor: Im Benchmark "CPU 2000", der die Rechenleistung eines einzelnen Prozessors ermittelt, haben die preisgünstigen x86-Prozessoren die Risc-CPUs abgehängt.

Doch reine Einzel-CPU-Vergleiche spiegeln nur einen Teil der Wahrheit. Denn in der Praxis sind viele Komponenten an der Leistungsfähigkeit eines Systems beteiligt. Großes Gewicht bei Unternehmensanwendungen hat zum Beispiel der I/O-Controller, der die internen Datenströme regelt. Und auch die Art, wie die Prozessoren zusammenarbeiten, ist für die Gesamt-Performance entscheidend: Bei x86-Systemen ist die Zahl der CPUs in einer SMP (Shared Memory Multiprocessor)-Maschine in der Regel begrenzt, nur wenige Anbieter haben Systeme mit mehr als acht Prozessoren am Markt. Hoch skalierende Multi-Prozessor-Lösungen werden deswegen bei x86 meist in Form eines Clusters aufgebaut. Allerdings skalieren die Rechner im Cluster im Gegensatz zu SMPs nicht linear, zwei Maschinen mit je vier CPUs sind zusammen langsamer als ein Server mit acht Prozessoren.

Mit Risc lassen sich wesentlich umfangreichere SMPs aufbauen; die Unix-Betriebssysteme sind für den SMP-Betrieb eingerichtet. Und auch die Fernverwaltung der Systeme nimmt in der Risc-Welt einen größeren Stellenwert ein. Auf der Sparc-Plattform ist etwa ein RSC (Remote System Controller) implementiert, der viele Administrationsfunktionen unabhängig von Betriebssystem und Applikationen steuert.

So haben Risc-Plattformen ihre Stärke in Bereichen, in denen große Datenmengen transportiert und verarbeitet werden müssen. Typische Aufgaben sind Datenbanken oder große Applikations-Server - hier zählen Datendurchsatz und Skalierbarkeit. Dagegen sind x86-Server überlegen, sobald es um Web- und kleinere Applikations-Server geht oder wenn umfangreiche Rechenarbeit gefordert wird - etwa beim Number-Crunching.

Abb: Der Sparc-Fahrplan

Die klassische Ultrasparc-Linie wird in der Sparc-64-Reihe von Fujitsu aufgehen. Sun konzentriert sich mit den Prozessoren "Niagara" und "Rock" auf Chip-Multithreading. Quelle: Sun Microsystems