Sparkasse drosselt mit IT den Energiekonsum

02.12.2011
Die Kategorie "Einsatz von IT-Systemen zur Optimierung von Prozessen" gewann die Sparkasse Pforzheim Calw. Sie fand einen einfachen und aus Sicht der Jury absolut nachahmenswerten Weg, den Stromverbrauch von Endgeräten zu senken.

Wohl kaum jemand, der von einem Automaten Geld abhebt, macht sich Gedanken darüber, dass sich hinter dieser Einrichtung ein normales IT-System verbirgt, das ständig unter Strom steht. Die Bankautomaten verbrauchen Energie, obwohl sie in der Regel nicht rund um die Uhr aktiv sind. Laut einer Statistik der Deutschen Bundesbank waren in Deutschland im Jahr 2010 rund 60.000 Geldautomaten im Einsatz. Für die Ökobilanz der Finanz-institute ist das nicht erfreulich.

Auch die Sparkasse Pforzheim Calw sah sich mit dieser Problematik konfrontiert. Sie betreibt 150 Filialen. Selbstbedienungsgeräte wie Kontoauszugsdrucker und Geldautomaten gehören zum Serviceangebot. Ende 2010 unterhielt die Sparkasse 174 Geldautomaten und 170 Kontoauszugsdrucker. Von Letzteren sind 23 so genannte Selbstbedienungsautomaten in der Lage, eine Vielzahl unterschiedlicher Bankaktivitäten abzuwickeln.

In allen SB-Automaten arbeiten Standard-PCs auf Basis des Windows-Betriebssystems und noch weitere für die Automation notwendige Module und Geräte. Den Betrieb regelt aber der PC. Er übernimmt auch die direkte Kommunikation mit dem Rechenzentrum wie den Datenaustausch.

Systemische Hürden

Hier nun beginnt ein für diese Geräte typisches Problem. Alle Systeme sind wegen strikter Sicherheitsanforderungen, die alle Sparkassen beachten müssen, "gehärtet", wie der Banker sagt. Das bedeutet: Eine zusätzliche, nachträgliche Softwareinstallation auf den Systemen ist ausgeschlossen. Hersteller der Automaten sowie der Rechenzentrumsdienstleister Finanz Informatik haben das Aufspielen von Software aus Sicherheitsgründen untersagt. Der Dienstleister kümmert sich aber um einen reibungslosen Betrieb, indem er den Sparkassen eine Management-Lösung zur Verfügung stellt, mit der die SB-Automaten überprüft, administriert und überwacht werden können.

Wollte die Sparkasse Pforzheim Calw also ihrer Selbstverpflichtung zum ökologischen IT-Betrieb nachkommen, musste sie sich eine alternative Lösung einfallen lassen. Ohne die Installation von zusätzlicher Software auf den Endgeräten und ohne neue Hardware musste sie einen Weg finden, den Energieverbrauch ihrer IT-Landschaft auch über das Netz zu erfassen und zu steuern.

Weitere Bedingung war, das bereits vorhandene Gebäude-Management-System einzubeziehen. So sollten Informationen über den gesamten Energieverbrauch gesammelt und transparent dargestellt werden. Ein intelligentes, einfach zu bedienendes Regelwerk sollte dann dazu beitragen, den Energieverbrauch zu senken und dies auch nachzuweisen.

Eine Möglichkeit, den Stromkonsum zu reduzieren, besteht darin, nicht mehr benötigte Systeme geordnet herunterzufahren. Die Sparkasse nutzt hierzu die Lösung von JouleX, einem Unternehmen, das sich auf ganzheitliche Energie-Management-Lösungen spezialisiert hat. Mit der JouleX-Lösung können alle IP-Endgeräte im Netz erfasst und ihr Energieverbrauch visua-lisiert und über unterschiedliche Aktionen gesenkt werden. Ferner lassen sich damit die SB-Geräte steuern.

Energieverbrauch erkennen

Um das ehrgeizige Projekt zu verwirklichen, mussten zunächst die IT-Systeme der Sparkasse in die JouleX-Lösung integriert werden - hier zunächst Arbeitsplatzsysteme wie Drucker, PCs, Thin Clients sowie VoIP-Telefone. Das Ziel dieses Projektschritts lag darin, den Energieverbrauch dieser Geräte zu erkennen und zu ermitteln, wie groß das Energieeinsparpotenzial ist.

Arbeitest du noch, oder ...

In einem zweiten Schritt galt es Regeln festzulegen, mit denen festgestellt werden kann, ob ein System noch benötigt wird oder ob es sich bereits im Leerlauf befindet. Hierzu überprüfen die Banker zu festgelegten Zeiten, in der Regel zu den Öffnungs- und Arbeitszeiten, die für den Betrieb relevanten Anwendungen. Abhängig vom Ergebnis werden die Systeme entweder her-untergefahren oder zu einem späteren Zeitpunkt erneut kontrolliert. All dies erledigt sich automatisch.

Erste Erfahrungen zeigten, dass sich insbesondere bei so genannten Fat-, aber auch bei Thin Clients viel Energie einsparen lässt. Nach und nach weiteten die Projektverantwortlichen diesen Ansatz nach unterschiedlichen Regeln auf alle IP-basierenden Arbeitsplätze aus. Bald konnten sie sich der Aufgabe widmen, Server und Netzkomponenten in das Öko-System der Sparkasse einzugliedern. Schließlich ließen sich alle IT-Geräte via JouleX verwalten. Kontoauszugsautomaten ebenso wie virtualisierte Server können nun zu festgelegten Zeiten heruntergefahren und ebenso wieder gestartet werden.

Redundanz ist Verschwendung

In der zweiten Phase konzentrierten sich die Projektverantwortlichen auf die Geld- und Kontoauszugsautomaten. Vor allem in Filialen, in denen Kunden außerhalb der Öffnungszeiten keinen Zugang zu den Terminals haben, sind die Leerlaufzeiten sehr hoch - ebenso das Potenzial für Energieeinsparungen. Bei den Geräten im Kundenbereich galt es im Übrigen ein kleines, aber wichtiges Problem zu lösen: Es reichte nicht, die in den SB-Geräten verbauten PCs herunterzufahren. Für den Kunden hätte solch ein SB-Automat immer noch die Anmutung eines in Betrieb befindlichen Kundenterminals besessen. Die IT-Experten der Sparkasse behalfen sich mit einer Stromversorgungseinheit, die noch vor den SB-Automaten geschaltet wurde. Nunmehr konnten auch diese Geräte via JouleX zuerst korrekt heruntergefahren, dann komplett vom Strom getrennt und auch wieder angeschaltet werden.

Da operative Kosten wie etwa auch Ausgaben für Energie oftmals über die positive oder negative Profitabilität eines SB-Standorts entscheiden, kam der Integration der SB-Geräte in das Gesamtprojekt sowohl kaufmännisch wie ökologisch eine große Bedeutung zu. Mit dem realisierten Projekt konnten die Banker nach eigenen Worten "enorme Einsparungen" verwirklichen.o

von Jan-Bernd Meyer

Kann das Sparkassenbeispiel übertragen werden?

Durch den Einsatz der offenen JouleX-Lösung kann dieses Projekt weltweit in nahezu alle IP-basierenden IT-Landschaften übertragen werden. Die Sicherheitsanforderungen aller Sparkassen untersagen eine zusätzliche Softwareinstallation zur Steuerung der Automaten. Wegen der agentenlosen Integration von JouleX muss keinerlei Software auf den einzelnen Geräten installiert werden. Somit wird die Lösung hohen Sicherheitsanforderungen gerecht. Deshalb ist das Projekt einfach übertragbar. Da JouleX zudem für die Steuerung der Geräte die existierenden IP-Schnittstellen und -Protokolle nutzt, lassen sich energiesparende Regeln relativ einfach einführen.

Massives Einsparpotenzial

Ein Beispiel zeigt, wie viel Geld Banken sparen können, wenn sie konsequent nach Öko-Richtlinien agieren und ihre IT-Landschaften entsprechend ausrichten. Die Sparkassen stellen ihren Kunden in Deutschland rund um die Uhr 58.890 SB-Geräte zur Verfügung. Hierdurch entstehen jährlich Stromkosten in Höhe von 19 Millionen Euro. Bei einer durchschnittlichen Lebensdauer von acht Jahren entstehen so Energiekosten von über 150 Millionen Euro. Diese könnten durch mehr Energieeffizienz relativ einfach gesenkt und so die Umweltbelastung gemindert werden. Einerseits ließe sich der aktive Stromverbrauch reduzieren, zum anderen könnten die Standby-Zeiten verkürzt werden. Das würde sich auch auf die IT-Betriebskosten insgesamt positiv auswirken.

Ökologische Nachhaltigkeit

Die Sparkasse Pforzheim Calw gibt an, dass sie mit allen per JouleX bereits umgesetzten Energiesparmaßnahmen in knapp 400 Tagen 40 Megawattstunden (MWh) Strom einsparen konnte. Damit verringerte sich der CO2-Ausstoß um über 24 Tonnen. Neben diesen direkten lassen sich weitere, indirekte Einsparungen erzielen. So kann etwa durch das gezielte Abschalten der Selbstbedienungs-Geräte deren Laufzeit verlängert werden, und die Wartungseinsätze gehen zurück. Das führt logischerweise dazu, dass Techniker seltener vor Ort sein müssen. Inzwischen sind in knapp über 500 Tagen 72,28 MWh Energie eingespart und 43 Tonnen CO2-Ausstoß vermieden worden.

Energiekosten sinken stark

Die Sparkasse machte einige Angaben zu den Energiekosten. So konnten die Banker nach ersten Kalkulationen an 83 von insgesamt 360 Selbstbedienungs-Geräten die Stromkosten um 23 Prozent reduzieren. Erwartungsgemäß verringerten sich die Ausgaben für Energie bei SB-Geräten in Kundenbereichen, die nur zu bestimmten Tageszeiten betreten werden können, besonders. Einsparung: fast 80 Prozent. Die Server-Virtualisierung schlug ebenfalls sehr überzeugend zu Buche: Um 33 Prozent niedrigere Energiekosten fielen an.

Im Bereich der Arbeitsplätze sind die Einsparungen im Vorfeld schwer zu kalkulieren, da hier die Mitarbeiter weiterhin individuell in die Systemverfügbarkeit eingreifen können und somit selbst aktiv zur Energieeinsparung beitragen. Aber die automatische Erhebung und Kontrolle per JouleX sorgt auch hier für enormes Einsparpotenzial, das derzeit anhand der eingesparten Kosten pro Jahr über 50 Prozent ausmacht.