Ermittlungen weiten sich auf Windows 98 aus

Software-Allianz liefert der Justiz Argumente gegen Microsoft

13.02.1998

Nach dem vorläufigen Verbot der Zwangskoppelung von Windows 95 und dem Browser "Internet Explorer" haben die Ermittlungsbehörden des amerikanischen Justizministeriums sowie die Generalstaatsanwälte von elf Bundesstaaten nun das für Mitte des Jahres angekündigte Betriebssystem Windows 98 ins Visier genommen, bei dem der Browser als Benutzerumgebung, als sogenannter Active Desktop, integriert ist.

Aufgestoßen ist den Klägern nicht nur die enge Koppelung, sondern auch die damit verbundene "Active-Channel"-Leiste. Dort gibt es eine direkte Verbindung zu Medienpartnern von Microsoft wie den Filmkonzernen Time Warner und Walt Disney oder Finanzdienstleistern wie Dow Jones. Einige von diesen Firmen haben bereits Vorladungen erhalten, damit geprüft werden kann, ob Microsoft diese Kanäle zur Eroberung neuer Märkte nutzt.

Firmenchef Bill Gates argumentiert, daß diese Kanäle als Werbemaßnahme für Partner dienen, die Microsofts Web-Technik benutzen. Anwender könnten die Links bei Bedarf rasch entfernen. Eine solche Option haben PC-Anbieter, die Windows 98 vorinstallieren, jedoch nicht, beanstanden die Ermittlungsbehörden.

Was die Koppelung von Betriebssystem und Browser betrifft, so hat Microsoft inzwischen die für Internet-Software zuständigen Abteilungen in den Bereich eingegliedert, der für die Betriebssysteme Windows 9x und Windows NT zuständig ist. Damit unterstreicht die Firma ihre Argumentation, daß Betriebssystem und Browser so eng zusammengehören, daß es unzumutbar wäre, wenn ein Gericht die Trennung anordnen würde. Einen direkten Zusammenhang zwischen dem Monopolismus-Verfahren und der Zusammenlegung der Abteilungen streitet Microsoft jedoch ab.

"Mein Ziel war es immer, die Lebensqualität der Menschen durch Software zu verbessern. Deshalb bin ich enttäuscht, daß die Regierung versucht, diese amerikanische Erfolgsgeschichte zu kontrollieren", reagierte Microsoft-Chef Bill Gates in einem Fernsehinterview auf die Monopolismus-Vorwürfe. Nach seiner Ansicht dürfe niemand der innovativen PC-Branche bei der Integration von Komponenten Vorschriften machen (siehe Gates-Interview Seite 15 und Microsoft-Analyse auf Seite 20).

Bei der Abweisung solcher Pläne setzt er vor allem auf das Berufungsgericht. Dort wurde ihm ein erster Erfolg zuteil. Der von Richter Thomas Jackson benannte und von den Microsoft-Anwälten wegen Befangenheit abgelehnter Softwareberater Lawrence Lessig muß seine Tätigkeit bis zur Anhörung am 21. April einstellen. Dann wird auch über die einstweilige Verfügung gegen Microsoft, die eine Trennung von Browser und Betriebssystem erzwang, entschieden.

Doch mit seinen Praktiken hat Microsoft inzwischen auch mit der Software Publishers Asscociation (SPA) Probleme, der der Softwareriese neben 1200 anderen Softwerkern angehört. Der Vorstand der Organisation hat sieben Regeln für fairen Wettbewerb veröffentlicht. Im Punkt drei heißt es: "Betriebssysteme sollten nicht benutzt werden, um unfairerweise Vorteile für eigene Produkte oder Dienstleistungen gegenüber denen von Konkurrenten zu erzielen."

Solche Aussagen werden als Angriff gegen Microsoft gewertet und daher von einigen Mitgliedern abgelehnt. Einer herstellerneutralen Organisation, die sich sonst vor allem der Jagd auf Softwarerpiraten widme, stehe es nicht an, in Rechtssachen eindeutig Position zu beziehen, noch dazu gegen eine Mitgliedsfirma.