Projekte, Kommunikation, Kultur

So verändert sich die Arbeit der SAP-Berater

24.06.2019
Von Freddy Staudt
SAP-Berater sind bei Kunden oft als Digitalisierer unterwegs. Doch ihre eigene Arbeitskultur verändert sich selbst stark. die projekte werden kürzer, die Arbeitsorganisation virtueller, die Ansprechpartner zahlreicher. Und Fachwissen um die SAP-Module reicht nicht mehr aus.

Die Digitalisierung beeinflusst das Wo, Wann und Wie des Arbeitens der Berater. Sieben Kernpunkte haben Norbert Rotter, CEO der itelligence AG, sowie Dieter Schoon, der Personalleiter des Unternehmens, identifiziert, an denen deutlich wird, wie sich die Arbeitskultur in der SAP-Beratung derzeit verändert.

1. Kürzere Projekte

Projektzuschnitte: Beratungshäuser organisieren SAP- und Digitalisierungsprojekte zunehmend agil und teilen sie in kleinere Einheiten auf. In der Folge haben die Projekteinsätze der Berater kürzere Laufzeiten. "Statt dass SAP-Berater über Jahre hinweg als Vollzeitkraft einen SAP-Roll-out betreuen, sind sie heute oft parallel in verschiedenen und wechselnden Projekten eingesetzt", so Schoon. Teilweise würden Berater ad hoc wegen eines spezifischen Kompetenzprofils in ein Projekt geholt, um kurz- oder mittelfristige Ziele zu erreichen. Das entspreche der Vorgehensweise in SAP-Projekten im Mittelstand.

Dieter Schoon, itelligence AG: "Statt dass SAP-Berater über Jahre hinweg als Vollzeitkraft einen SAP-Roll-out betreuen, sind sie heute oft parallel in verschiedenen und wechselnden Projekten eingesetzt."
Dieter Schoon, itelligence AG: "Statt dass SAP-Berater über Jahre hinweg als Vollzeitkraft einen SAP-Roll-out betreuen, sind sie heute oft parallel in verschiedenen und wechselnden Projekten eingesetzt."
Foto: itelligence AG

2. Berater müssen nicht nur beim Kunden vor Ort sein

Mobilität: Berater können höhere Teile der Arbeitszeit von zu Hause oder von unterwegs erbringen. Unter anderem dank Remote-Zugriff auf IT-Ressourcen ist weniger Anwesenheit Inhouse beim Kunden nötig. Während Berater früher klassischerweise Montag bis Donnerstag im Anwenderunternehmen saßen und freitags im Büro ihrer Beratungsfirma, können sie nun in vielen Fällen die Hälfte ihrer Arbeitszeit im Home Office verbringen. Für die meisten Berater ergibt sich so eine bessere Work-Life-Balance.

3. Berater organisieren sich in virtuellen Teams

Teamorganisation: SAP-Berater, die am Puls der Digitalisierung arbeiten, sind in virtuellen Teams organisiert. Sie stimmen sich in diesen Teams über moderne und integrierte Kommunikationstools wie Chats und Projektmanagement-Plattformen ab. Die Teams oder Teile davon treffen sich nach wie vor auch persönlich, aber dies kann an wechselnden Orten geschehen und ist stärker von aktuellen Projekten und Prioritäten beeinflusst. Unabhängig von der formellen Zugehörigkeit zu einem bestimmten Team und zu einem Vorgesetzten arbeiten Berater stets in verschiedenen Projektteams mit. Sie bekommen auf diese Weise sehr viel schneller Erfahrung und Einblick in eine größere Zahl an Digitalisierungsprojekten. Erfahrungen aus einem Projekt können sie sofort beim nächsten einbringen.

4. Parallele Projekte erfordern gutes Selbstmanagement

Selbstmanagement: Die Arbeit in parallellaufenden Projekten bei unterschiedlichen Kundenunternehmen und mit unterschiedlichen Kollegen und Verantwortlichkeiten erfordern zugleich eine hohe Professionalität bei Zeitmanagement und Selbstführung. "Wir unterstützen unsere Berater zum Beispiel durch digitale Tools im Projektmanagement und durch Coaching. Dennoch braucht es viel Überblick und Selbstbewusstsein, um angesichts der vielen Stakeholder in verschiedenen Projekten die Prioritäten richtig zu setzen", weiß Schoon.

5. Neue Arbeitsorganisation verändert Kommunikation

Kommunikation: Durch die neue Arbeitsorganisation steigt nicht nur die Zahl der Ansprechpartner, mit denen ein Berater zu tun hat, exponentiell an. Die besten Aussichten, Digitalisierungsprojekte erfolgreich zu steuern, hat derjenige, der Vertrauen schafft, Kollegen und Kunden auf dem Laufenden hält und klar darlegt, warum ein bestimmtes Problem auf die ein oder andere Art adressiert wird. "Ein Berater ist ein Kommunikator", ist sich der itelligence-CEO Rotter sicher, "nur wer größten Wert darauf legt, alle Beteiligten in angemessener Weise zu informieren, kann überzeugen und die Digitalisierungsprojekte voranbringen."

Itelligence-Chef Norbert Rotter ist sich sicher: "Nur wer größten Wert darauf legt, alle Beteiligten angemessen zu informieren, kann die Digitalisierungsprojekte voranbringen."
Itelligence-Chef Norbert Rotter ist sich sicher: "Nur wer größten Wert darauf legt, alle Beteiligten angemessen zu informieren, kann die Digitalisierungsprojekte voranbringen."
Foto: Itelligence

6. Neue Technologien beobachten und sie auf den Praxiseinsatz prüfen

Faszination für Digitalisierung: Es reicht nicht länger, ein paar wenige der hochkomplexen SAP-Module zu beherrschen. "Es gilt vielmehr, immer die Augen offen zu halten, wie sich neue Technologien gewinnbringend in den eigenen Projekten einsetzen lassen", erzählt Schoon. Angesichts der riesigen Bandbreite dieser Technologien bleiben seiner Erfahrung nach vor allem die Berater am Ball, die mit der Digitalisierung ihr Hobby zum Beruf gemacht haben. Wen es fasziniert, wie Herausforderungen mittels neuer Technologien wie Big Data, Cloud, KI, Blockchain oder mit vernetzten Geräten und Sensoren gemeistert werden können, behält auch bei hohen Anforderungen seinen Ideenreichtum, gute Laune und Neugierde. Schließlich will er die Grenzen des Machbaren ausloten. Schoon: "Häufig sind das diejenigen Berater, die auch zuhause mit dem Raspberry Pi oder vernetzten Sensoren das eine oder andere Problem innovativ lösen."

Es reicht nicht länger, ein paar wenige der hochkomplexen SAP-Module zu beherrschen. Berater müssen mit der Digitalisierung ihr Hobby zum Beruf gemacht haben.
Es reicht nicht länger, ein paar wenige der hochkomplexen SAP-Module zu beherrschen. Berater müssen mit der Digitalisierung ihr Hobby zum Beruf gemacht haben.
Foto: Georgejmclittle - shutterstock.com

7. Ein guter Berater denkt out-of-the box

Kreatives Denken: Früher lenkten die eingesetzten SAP-Module die Berater in relativ klare Bahnen. "Es gab zum Beispiel begrenzte Möglichkeiten, wie man einen Lieferprozess in einer bestimmten Branche gestaltet." Mit der Digitalisierung sprenge die Vielzahl an kombinierbaren und integrierbaren Technologien alle Grenzen des Denkens. Ein guter Berater zwinge sich ständig, out-of-the-box zu denken. Er versucht, auch für alte Probleme neue Lösungsansätze zu finden und zeitnah auszutesten. Gerade dazu sei auch die neue Teamarbeit hilfreich, mit der man schnell eine Gruppe an Beratern digital zusammenrufen kann, um innovative oder disruptive Ansätze zu entwickeln oder zu evaluieren.

Was aber immer analog bleibe und Vor-Ort-Präsenz erfordere, sei das Zwischenmenschliche, der persönliche Draht zum Kunden und zu den Kollegen wichtig, so die beiden Itelligence-Manager.