Smart, aber herzlich

26.02.2007
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Schneller, schöner, gescheiter - so präsentiert sich das diesjährige Smartphone-Angebot.

Megapixel-Kameras, GPS-Module, MP3-Player, WLAN-, HSDPA-, DVB-T- oder gar Fingerscan-Unterstützung - bei den Produkten des Modelljahres 2007 greifen die Smartphone-Hersteller großzügig in die Zauberkiste. Der Aufwand ist berechtigt, schielen sie neben dem Kampf um weitere Anteile im Handy-Markt doch auch auf Zugewinne aus anderen Bereichen, vornehmlich dem Notebook-Segment. Gleichzeitig setzen sie damit die Einstiegshürde für Branchenneulinge wie Apple höher, das für sein noch nicht lieferbares "iPhone" reichlich Vorschusslorbeeren kassierte. Die von Apple präsentierte Kombination von Features - so etwa ein großer berührungsempfindlicher Bildschirm, das Abspielen von Musik und das Surfen im Internet - gebe es bereits in vielen Produkten, versucht Nokia-Chef Olli-Pekka Kallasvuo die Freude der Apple-Enthusiasten zu dämpfen.

Keine Angst vor dem iPhone

Bei all dem Wirbel um die Auswirkungen des iPhones auf das Handy-Segment wird gerne vergessen, dass der kalifornische Hersteller gut daran tut, seine mit dem "iPod" erkämpfte Position im Bereich Musikabspielgeräte vor Eindringlingen aus dem Handy-Segment zu verteidigen. So verfügen inzwischen nicht nur zahlreiche Consumer-Handys über einen integrierten MP3-Player, auch bei Business-Smartphones hält die Technik allmählich Einzug.

Mit Multimedia und Navi: Der neue "Blackberry 8800" von Push-E-Mail-Pionier Research in Motion (RIM)
Mit Multimedia und Navi: Der neue "Blackberry 8800" von Push-E-Mail-Pionier Research in Motion (RIM)
Foto: BlackBerry

Einer der Hersteller, der nun auch für musikalische Unterhaltung auf seinen Geräten sorgt, ist der Push-E-Mail-Pionier Research in Motion (RIM). Zusätzlich zu einem MP3- und Video-Player verfügt der neue, nur 14,5 Millimeter dünne "Blackberry 8800" unter anderem noch über ein GPS-Modul samt Navigationssystem. Weitere Features: Durch das Menü wird über einen mittig unter dem Display integrierten Trackball navigiert. Darüber hinaus stehen Direkttasten für das Senden von E-Mails, zum Ein-, Aus- oder Stummschalten sowie zur Regulierung der Lautstärke zur Verfügung. Da das Gerät auf den Empfang und Versand von Nachrichten getrimmt ist, kommt der mobile Internet-Zugang allerdings etwas kurz, da auf eine UMTS- oder gar HSDPA-Unterstützung verzichtet wurde.

Voll auf den bis zu 1,8 Mbyte/s schnellen Datenturbo setzt indes Samsung. Mit "SGH-i520" und "SGH-i600" stellt der südkoreanische Hersteller gleich zwei neue Business-Smartphones mit HSDPA-Unterstützung vor. Das mit Symbian-Betriebssystem, Zwei-Megapixel-Kamera und integriertem MP3-Player ausgestattete Kompaktmodell SGH i520 erinnert dabei an frühere Slider des Anbieters. Das SGH-i600 wiederum ist das erste Modell der geplanten Ultra-Messaging-Serie und verfügt unter anderem über WLAN-Unterstützung sowie über eine 1,3-Megapixel- und eine VGA-Kamera. Mit 105 Gramm Kampfgewicht und nur 11,8 Millimeter Dicke setzt das Windows-Mobile-Gerät (Version 5.0) zudem neue Maßstäbe in der Klasse 3G-Smartphones mit Mini-Tastatur.

Sony Ericsson: Noch up to date

Reichlich Multimedia-, dafür weniger Business-Aspekte hat die Produktpalette 2007 von Sony Ericsson zu bieten. Das Ausbleiben eines neuen Smartphones ist jedoch zu entschuldigen, da das japanisch-schwedische Handy-Joint-Venture erst im Spätsommer 2006 mit dem "P990i" ein durchaus adrettes und - mit UMTS- und WLAN-Support sowie einer Zwei-Megapixel-Kamera - zeitgemäßes Modell herausgebracht hat.

Im Hause Nokia konzentriert man sich in diesem Jahr bei den Business-Modellen vornehmlich auf die Modellpflege. So musste sich das primär für die mobile E-Mail-Nutzung designte Smartphone "E61" nun einer - bei einem auf 150 Gramm angestiegenen Gewicht leider nur optischen - Schlankheitskur unterziehen. Abgesehen von den angeblich auf Kundenwunsch hinzugefügten Features Zwei-Megapixel-Kamera, Musik- und Video-Player ist vor allem die neue Fünf-Wege-Navigation hervorzuheben, die den umständlichen und ungenauen Joystick des Vorgängermodells ablöst.

Nokia: Communicator reloaded

Im modernen Business-Dress präsentiert sich der mittlerweile legendäre Communicator, nachdem ihn Nokia im zwölften Modelljahr einer Rundumüberholung unterzogen hat. Als "E90 Communicator" verfügt das rund 900 Euro teure Quadband-Gerät nun unter anderem über HSDPA- und Wifi-Unterstützung sowie über eine integrierte GPS-Funktion samt Navigation, zwei Kameras und Multimedia-Eigenschaften. Zudem wechselte Nokia bei dem Business-Smartphone von der S80- auf die weit verbreitete und bewährte S60-Softwareplattform. Damit stehen dem Anwender nun zahlreiche Applikationen von Drittanbietern zur Verfügung.

Im neuen Business-Gewand: Nokias E90 Communicator
Im neuen Business-Gewand: Nokias E90 Communicator
Foto: Nokia

Besonders hervorzuheben beim E90 Communicator: Das Querformat-Display mit 800 mal 352 Pixel Größe erlaubt nun das Browsen über die gesamte Breite einer Website. Außerdem können jetzt Anwendungen außen gestartet werden, ohne den Communicator zu öffnen. Nach dem Aufklappen lassen sie sich nahtlos fortsetzen - und umgekehrt.

"Beauty and Brains"

Völlig neu ist dagegen das Nokia-Smartphone "E65", von den Finnen als Kompromiss zwischen Lifestyle und Workstyle (Slogan "Beauty & Brains") beworben. Will heißen, das elegante Schiebemodell mit UMTS- und Wifi-Anbindung unterstützt E-Series-typische Funktionen, ohne gleich danach auszusehen.

Der zweitgrößte Handy-Hersteller Motorola wartet mit drei neuen Smartphones auf: Das "Moto Q Q9" und das "Moto Q GSM" arbeiten beide mit dem neuen Smartphone-Betriebssystem Windows Mobile 6.0 und verfügen über eine Minitastatur. Wesentlicher Unterschied: Während das Moto Q Q9 HSDPA unterstützt, funkt das Moto Q GSM seiner Bezeichnung entsprechend nur mit GSM/Edge-Geschwindigkeit. Daneben gibt es Größenunterschiede bei Kameraauflösung und internem Speicher. Ebenfalls klar als Smartphone einzuordnen ist das "Kick-Slider"-Handy "Motorizr Z8" mit seinem Symbian-Betriebssystem. Das an die Gesichtsform angepasste, sprich bananenförmige Gerät nutzt die mittlerweile von Sony Ericsson erworbene Benutzeroberfläche UIQ (allerdings ohne Touchscreen) und unterstützt HSDPA.

Smartphone mit Finger-Scan

Neben den etablierten Handy-Anbietern sorgen auch Newcomer im Smartphone-Bereich für interessante Lösungen. So bereitet Toshiba mit den Modellen "Portégé G500" und "Portégé G900" den Einstieg in den europäischen Smartphone-Markt vor. Besonderes Alleinstellungsmerkmal der Japaner ist die aus dem Notebook-Bereich entliehene Authentifizierung via Finger-Scan zum Schutz der auf den Geräten gespeicherten Daten. Mit Windows Mobile 5.0 als Betriebssystem sowie HSDPA- und Wifi-Unterstützung ist der kompakte Slider G500 gut für das von Toshiba vordefinierte Einsatzgebiet mobiler Zugriff auf E-Mails und Internet gerüstet. Das horizontal aufschiebbare Schwestermodell G900 wartet zudem mit einer kompletten Tastatur und einem drei Zoll großen Wide-VGA-Display auf, was die Darstellung von 640 mal 480 Pixel erlaubt. Dank der Verwendung von Windows Mobile 6, mit dem sich Informationen in Outlook, Word, Excel und Powerpoint verwalten lassen, kommen Anwender somit in den Genuss eines leistungsstarken PC im Kleinformat, wirbt der Hersteller.

Für Überraschung sorgt außerdem Hewlett-Packard, das erstmals ein Smartphone mit Handy-Tastatur statt Touchscreen auf den Markt bringt: Der "iPaq 514 Voice Messenger" wartet nicht nur mit Wifi- und UMA-Unterstützung (Unlicensed Mobile Access) sowie dem neuen Microsoft Betriebssystem Windows Mobile 6 auf. Mit sechs Stunden Gesprächszeit legt das Gerät auch in puncto Batterielaufzeit die Latte hoch. Dank einer integrierten Sprachsteuerung von Nuance ist es außerdem möglich, SMS, E-Mails oder Kalendereinträge abzuhören oder zu verfassen oder freihändig Anwendungen und Anrufe zu starten. Weniger zeitgemäß ist dagegen die fehlende UMTS-Unterstützung und die fast schon minimalistisch wirkende 1,3-Megapixel-Kamera.

Den Firmenkunden im Visier?

Dass das eine oder andere Gimmick der Geräte im Endkundensegment gut ankommt, von IT-Verantwortlichen jedoch weniger gern gesehen wird, scheint bei dem Schaulaufen der Branche kaum eine Rolle zu spielen. Der finnische Handy-Riese Nokia und andere Hersteller sind davon überzeugt, dass es mit der zunehmenden Verschmelzung von Privat- und Arbeitswelt kein explizites Firmen-Handy mehr geben wird. Mobiltelefone mit integrierten Kameras seien mittlerweile nur noch in äußerst sensiblen Räumen wie Entwicklungszentren oder Hochsicherheitstrakts verpönt. Wer sich dennoch daran stört, etwa wegen Verletzung bestehender Policies, kann immerhin einzelne Funktionen wieder deaktivieren - dank ausgefeilter Device-Management-Lösungen muss dabei nicht mehr bei jedem Gerät einzeln Hand angelegt werden. Immerhin ein Zugeständnis an die Unternehmenskunden: Trotz des raschen Modellwechsels sei man bemüht, Geräte 24 Monate lang vorzuhalten, so Antti Vasara, Verantwortlicher für den Bereich Business-Endgeräte bei Nokia. Der Gelackmeierte ist der Anwender, da angesichts des vorgelegten Innovationstempos inzwischen bereits manche Smartphones des Vorjahres uralt aussehen.

Einen Pocket-PC mit magnetisch andockbarer Tastatur stellt der taiwanische Hersteller HTC mit dem Modell "Advantage" vor. Das Windows-Mobile-Gerät, hierzulande exklusiv von T-Mobile unter dem Namen "Ameo" vertrieben, unterstützt neben UMTS und HSDPA auch WLAN. Weitere Features sind eine Drei-Megapixel-Kamera, ein GPS-Empfänger sowie ein Touchscreen und ein Mini-Joystick. Als besonderes Extra verfügt der Ameo zum Schutz der 8 Gigabyte großen Festplatte über einen Bewegungssensor, mit dem der Nutzer über ein Kippen oder Drehen des Geräts auch navigieren kann. Daneben eignet sich das Gerät natürlich auch zum Telefonieren, allerdings nur über die Freisprecheinrichtung, via Bluetooth oder Headset. Weiteres Manko ist die Mini-Tastatur, die nicht ganz hält, was sie verspricht.

Aktuelle Smartphone-Modelle in der Übersicht
Aktuelle Smartphone-Modelle in der Übersicht

Last, but not least ist der in Dubai ansässige (aber in China fertigende) Hersteller i-Mate zu nennen, hierzulande bekannt durch das "XDA" von O2. Das Unternehmen beweist sich in diesem Jahr nicht nur als Meister der "Featuritis", es überträgt auch das von Dell entwickelte Build-to-Order-Prinzip auf Smartphones. So kann der potenzielle Käufer bei der Bestellung über eine Web-Oberfläche zunächst ein bestimmtes Basismodell wählen und dieses dann so konfigurieren, dass bestimmte Funktionen freigeschaltet sind oder deaktiviert werden. Außerdem können Netzkonfigurationen für den E-Mail-Empfang eingerichtet werden. Hardwaremodifikationen sieht das neue System allerdings nicht vor. Auch von Direktvertrieb à la Dell kann nicht unbedingt die Rede sein, da i-Mate dieses Tool Netzbetreibern zur Verfügung stellt.

Die Modelle der aktuellen "Ultimate"-Reihe verfügen über identische Bausteine: Intel-Bulverde-CPU mit 520 Megahertz, Windows Mobile 6.0, HSDPA, VGA-Touchscreen, WLAN, Zwei-Megapixel-Kamera und UKW-Radio. Als Formfaktoren stehen zwei Slider-Handys (5150, 6150), eine Art Ultralight-Notebook (7150), ein Smartphone in Barrenform (8150) sowie ein Klapp-Handy (9150) zur Auswahl.

Smartphone-Anbieter auf der CeBIT

Um Enttäuschungen zu ersparen: Viele Anbieter der mobilen Highlights des Jahres 2007 werden Sie auf der CeBit nicht finden: Von den Topfirmen der Handy-Branche fehlen Nokia, LG, Motorola, Sony Ericsson und Samsung - sie setzen stattdessen auf Fachmessen wie den 3GSM World Congress in Barcelona. Auch iPhone-Hersteller Apple bleibt der weltgrößten IT-Messe schon seit Jahren fern. Die Meldung, die Kalifornier wollten das Gerät in Hannover auf einer Sonderschau vorstellen, ist leider nur eine Ente. Tatsächliche Aussteller:

Alcatel-Lucent: Halle 12, Stand B50;

RIM (Blackberry): Halle 26, Stand D32;

Samsung: Halle 26, Stand D60, E60;

Sony Ericsson: Halle 26, Stand D40;

Toshiba: Halle1, Stand L61.

Daneben finden Sie gängige Produkte an den Ständen der Mobilfunkbetreiber wie:

T-Mobile: Halle 26, Stand A01;

Vodafone: Halle 9, Stand B76, sowie eine Sonderschau am Freigelände am Hermesplatz;

O2: Halle 26, Stand C32.