Sapient

Sapient: Auferstanden aus Ruinen

13.10.2005
Von Hermann Gfaller

Der Erfolg der eilig zusammengeschusterten Schulung: Die relativ ahnungslosen Dienstleister fingen selbst Feuer und wurden über Nacht gefragte Internet-Berater. In den Folgejahren stieg der Umsatzanteil der Web-Projekte auf über 70 Prozent. Der Börsenkurs explodierte von rund sieben Dollar auf 76 Dollar im Spitzenjahr 2000. Anders als bei anderen New-Economy-Stars wuchs aber auch der Umsatz auf 503,3 Millionen Dollar, und das bei einem unter dem Strich positiven Ergebnis. Dan platzte die Blase, der Kurs stürzte unter einen Dollar, die Kunden legten ihre Internet-Projekte auf Eis, und Sapient musste in mehreren Wellen knapp die Hälfte der über 3300 Mitarbeiter entlassen.

Managements Gehaltsverzicht

Auf die Frage, wie es gelungen ist, die Dotcom-Krise zu überwinden, verweist Christian Oversohl, Vice President und Geschäftsführer Deutschland, vor allem auf die Unternehmenskultur. So ging das hiesige Management mit gutem Beispiel voran und verzichtete auf 20 Prozent seines Gehalts, die Belegschaft zog mit fünf bis zehn Prozent Lohnverzicht mit. Wichtiger war Oversohls Meinung nach die Fähigkeit aller Mitarbeiter, offen über Probleme und Möglichkeiten miteinander zu sprechen. Auf diese Weise registrierte das Management nicht nur rasch, dass Web-Projekte out waren und viele Kunden sich die bisherigen Preise nicht mehr leisten konnten oder wollten. Es erkannte auch bald die Chance, die darin lag, dass - angesichts des zusammengebrochenen US-Markts - der Auslandsanteil am Geschäft sprunghaft anstieg.

Schon 2002, im Jahr eins nach dem Platzen der Dotcom-Blase, lief die Reorganisation auf Hochtouren. Im Zentrum der neuen Globalisierungs- und Kostensenkungsstrategie stand Indien. Schon in Boomzeiten hatte man dort wegen Fachkräftemangels Mitarbeiter angeworben. Nun wurde mit den in guten Zeiten erwirtschafteten Millionen eine Entwicklungsniederlassung in Neu-Delhi aufgebaut. Dabei ging es nie um stumpfe Programmiertätigkeit, sondern um anspruchsvolle Hightech- Entwicklung für große europäische und amerikanische Konzerne. Auf diese Weise konnte Sapient seine Preise um 30 bis 50 Prozent senken. Außerdem entwickelten sich die indischen Niederlassungen zu einer Drehscheibe für das, was Sapient Global Distributed Delivery (GDD) nennt. Das Konzept ist einfach. Die Sapient- Töchter in den USA, Großbritannien, Kanada, Deutschland und Indien unterstützen sich gegenseitig mit Know-how und Entwicklungsressourcen. Dabei nimmt Indien eine zentrale Rolle ein, weil die dortigen rund 1200 Mitarbeiter den jeweiligen Länderorganisationen zugeordnet sind. So stehen den rund 100 deutschen Sapient- Mitarbeitern 220 indische Kollegen zur Seite.