Hasso Plattner macht den Weg frei

SAP steht vor einer Zeitenwende

23.02.2023
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Hasso Plattner tritt 2024 als Vorsitzender des Aufsichtsrats von SAP ab. Damit endet eine Ära bei dem Softwarekonzern. Doch die Fußstapfen, in die der designierte Nachfolger Punit Renjen treten muss, sind groß.
Die graue Eminenz bei SAP zieht sich zurück. Hasso Plattner will im kommenden Jahr den Posten als Aufsichtsratsvorsitzender abgeben.
Die graue Eminenz bei SAP zieht sich zurück. Hasso Plattner will im kommenden Jahr den Posten als Aufsichtsratsvorsitzender abgeben.
Foto: SAP

Bei SAP neigt sich eine Ära dem Ende zu. Der Softwarekonzern hat Punit Renjen zur Wahl als neues Aufsichtsratsmitglied nominiert und gleichzeitig als designierten Nachfolger des Vorsitzenden und SAP-Mitbegründers Hasso Plattner vorgeschlagen. Mit dieser Entscheidung leite man den Nachfolgeprozess an der Spitze des Aufsichtsrats ein, hieß es in einer Offiziellen Mitteilung SAPs. Über die Kandidatur von Renjen für den Aufsichtsrat entscheiden die Anteilseigner bei der Hauptversammlung am 11. Mai 2023. Mit einer Wahl in den SAP-Aufsichtsrat würde der Übergangsprozess beginnen. Plattners Amtszeit endet im Mai 2024.

Plattner, der gemeinsam mit seinen Kollegen Claus Wellenreuther, Hans-Werner Hector, Klaus Tschira und Dietmar Hopp 1972 SAP gegründet hatte, ist seit zwei Jahrzehnten Vorsitzender des SAP-Aufsichtsrats. Zuletzt wurde er im Mai 2022 auf der Hauptversammlung des Unternehmens mit knapp 91 Prozent der abgegebenen Stimmen für zwei weitere Jahre im Amt bestätigt.

Schwierige Suche nach einem Plattner-Ersatz

Zuletzt war die Kritik an Plattner lauter geworden. Für den 79-Jährigen, der als graue Eminenz immer noch im Hintergrund an den entscheidenden Fäden für die SAP-Strategie zog, schienen die internen Regeln nicht zu gelten. Eigentlich sollte die Amtszeit des Aufsichtsratsvorsitzenden bei SAP auf 12 Jahre begrenzt sein. Außerdem sollte die Person, die diesen Posten innehat, nicht älter als 75 Jahre sein.

Die Suche nach einem Nachfolger habe sich schwierig gestaltet, begründete Plattner gegenüber dem Handelsblatt sein Festhalten an dem Amt. Zunächst habe man einen internen Kandidaten berufen wollen, doch dieser Plan habe sich zerschlagen, sagte der SAP-Gründer dem Blatt. Auch die Suche unter ehemaligen SAP-Topmanagern habe nicht geklappt.

Ganz loslassen will Plattner nicht

Mit der Nominierung von Renjen hat SAP nun offenbar eine Lösung gefunden. "Damit wird ein strukturierter Übergang an der Spitze des Aufsichtsrats eingeleitet, der die notwendige Kontinuität für das weitere Wachstum unseres Unternehmens sichert", sagte Plattner. Bis der Staffelstab an einen neuen Vorsitzenden übergehe, "werde ich die SAP weiterhin mit Leidenschaft und Engagement leiten". Ganz loslassen will Plattner allerdings nicht. "Als Investor mit einer unveränderten Beteiligung werde ich mich weiterhin für die SAP und seine Mission einsetzen", kündigte der Manager an.

50 Jahre SAP: Der Softwarekonzern steht am Scheideweg

Der 61-jährige Renjen war zuletzt von 2015 bis Ende 2022 Global CEO des Beratungshauses Deloitte. "Ich bin sehr erfreut, für eine Aufgabe bei SAP in Betracht gezogen zu werden", sagte der aus Indien stammende Manager. "SAP ist ein herausragendes Unternehmen mit einer Schlüsselrolle in der Weltwirtschaft."

Renjens Mission: Der grundlegendste strategische Wandel in der SAP-Geschichte

Die vor Renjen liegenden Aufgaben dürften nicht einfach werden, zumal die Fußstapfen, in die er treten muss, sehr groß sind. Plattners Einfluss auf die SAP-Strategie war gewaltig. Im vergangenen Jahrzehnt hatte die Entwicklung seines Lieblingsprojekts, der In-Memory-Datenbank HANA, die technische Roadmap mit der neuen ERP-Produktgeneration S/4HANA, die 2015 herauskam, entscheidend geprägt. Nicht immer wurde Plattners Einfluss positiv bewertet. Er halte das SAP-Management zu sehr an der kurzen Leine und stehe grundlegenden Veränderungen im Weg, so die Kritik von Branchenbeobachtern.

Punit Renjen - von dem wahrscheinlichen Nachfolger Hasso Plattners sind neue Impulse gefragt.
Punit Renjen - von dem wahrscheinlichen Nachfolger Hasso Plattners sind neue Impulse gefragt.
Foto: Deloitte

Mit dem Ende der Ära Plattner dürfte eine Zeitenwende bei SAP eingeläutet werden. Die Berufung eines externen Managers, der zudem nicht aus der Konzernheimat Deutschland stammt, dürfte SAP durchaus neue Impulse geben - in welche Richtung bleibt abzuwarten. Dass Veränderungen anstehen, ist allen Verantwortlichen bei SAP klar. Renjen übernehme den Konzern in einer Zeit, "in der SAP den grundlegendsten strategischen Wandel in seiner 50-jährigen Geschichte durchläuft", hieß es in einer Mitteilung.