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Quo vadis, Windows?

10.04.2002

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Im Antitrust-Verfahren gegen Microsoft hat die Seite der Kläger neue Geschütze aufgefahren. Ein Computerexperte sagte als Gutachter aus, dass das Windows-XP-Betriebssystem funktionsfähig sein könnte, auch wenn es in einzelne Module zerlegt ist. Nach Erkenntnissen des Princeton-Professors Andrew Appel, der die Software untersucht hat, belegen die Schnittstellen nur einen geringen Prozentsatz der insgesamt rund 38 Millionen Zeilen Quellcode von Windows XP. Zudem werde Software schon seit 20 Jahren modular entwickelt. Seiner Meinung nach seien die Abmachungen des US-amerikanischen Justizministeriums mit Microsoft nicht geeignet, den Wettbewerb auf Betriebssystemebene anzukurbeln. Die darin geforderte Offenlegung technischer Spezifikationen für Schnittstellen anderer Tool-Anbieter reiche dafür nicht aus. Appel war der insgesamt 14. Zeuge der Anklage innerhalb von vier Wochen. Mit einer Entscheidung

wird nicht vor Mai gerechnet.

Gegenwärtig ziehen noch neun Bundesstaaten gegen den Softwarekonzern zu Felde, nachdem sich das Justizministerium aus dem Antitrust-Verfahren zurückgezogen hat. Die Bundesstaaten wollen Microsoft dazu zwingen, ein modulares Betriebssystem anzubieten, aus dem Nutzer die von ihnen benötigten Komponenten aus einem heterogenen Angebot auswählen können, beispielsweise den Media-Player oder den Browser. Der Konzern hatte argumentiert, dies sei technisch nicht möglich. Sollte eine derartige Entscheidung fallen, müsse sich Microsoft überlegen, Windows XP vom Markt zu nehmen, drohte Firmenchef Steve Ballmer kürzlich. Das Unternehmen will demnächst einen Computerwissenschaftler sowie einen Ingenieur als Gutachter vorbringen.

Im gleichen Verfahren hatte zuvor Jonathan Schwartz, Chief Strategy Officer von Sun, schriftlich zu Protokoll gegeben, Microsoft könne sein Betriebssystemmonopol ausnutzen, um den Wachstumsmarkt der Web-Services zu dominieren. Das Unternehmen hatte unlängst eine Klage mit ähnlichen Anschuldigungen gegen Microsoft eingereicht. Suns Web-Services-Plattform “Open Net Environment” (ONE) konkurriert in dem Bereich mit der Redmonder .Net-Initiative. (ajf)