Blade Computing

Platz und Energie einsparen

13.12.2007
Von 
Jan Schulze ist freier Autor in Erding bei München.
Blade-Server sind zwar noch immer eine Marktnische, halten aber vermehrt Einzug in die Rechenzentren. Sie können helfen, umweltfreundlich die Kosten zu senken.

CIOs werden sich in Zukunft verstärkt mit dem immer größeren Bedarf an Rechenleistung im Data Center beschäftigen müssen. Die seit vielen Jahren übliche Methode, für jede IT-Aufgabe einen eigenen Server im 19-Zoll-Format zu betreiben, sorgt schon jetzt in vielen Rechenzentren (RZ) für Engpässe. Drei Faktoren bestimmen derzeit das RZ: Zum einen muss laufend mehr Rechenleistung bereitgestellt werden, um den Bedarf der Fachabteilungen zu decken. Zum anderen steigen die Energiekosten stark an: Zwischen den Jahren 2000 und 2006 haben sich die Preise für Strom in Deutschland laut einer Studie des Verbraucherportals Verivox um bis zu 44,9 Prozent erhöht. Eine grundlegende Wende ist hier nicht zu erwarten, im Gegenteil.

Hier lesen Sie ...

wo die Chancen und Grenzen beim Einsatz von Blades liegen;

in welchen Einsatzszenarien Blade-Server eine Alternative sind;

warum Mehrkernprozessoren die Technik attraktiv machen.

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Das dritte und dringlichste Problem ist bei vielen Anwendern jedoch der knapp werdende Platz im Rechenzentrum. Durch den Bedarf an immer mehr Rechnern wird es eng im Server-Raum. "Viele Rechenzentren befinden sich mitten in der Stadt oder in Industriegebieten und können nicht so einfach expandieren", schildert Wolfgang Schwab, Senior Advisor der Experton Group. "Dazu kommt, dass die meisten Data Center vor zehn oder mehr Jahren gebaut wurden. Damals ging man von zirka 1000 Watt Energiebedarf pro Quadratmeter aus."

Extraleitungen sind teuer

Bei sehr hohen Packungsdichten würden heute jedoch bereits 10 000 Watt pro Quadratmeter benötigt, in extremen Fällen sogar das Doppelte oder Dreifache. "Wenn der Stromversorger mehr Energie liefern soll, kostet das im einfachsten Fall rund 75 Euro pro Kilowatt Anschlussleistung im Monat vorausgesetzt, es ist ausreichend Energie am Standort verfügbar", so Schwab. "Wahrscheinlicher ist aber, dass nicht genügend Energie verfügbar ist und erst Extraleitungen zum Rechenzentrum gelegt werden müssen. Das kostet dann rund 400 Euro pro Meter." Dabei kann die Entfernung bis zum nächsten Umsetzer durchaus einen Kilometer betragen. Für RZ-Betreiber kann eine Expansion also recht teuer werden. Hinzu kommen Zeitverzögerungen, die sich aus den verschiedenen Genehmigungsverfahren ergeben, so dass für einen zusätzlichen Anschluss ein Zeitraum von zwölf bis 18 Monaten einzuplanen ist.

Blades auf dem Vormarsch

Der Markt reagiert auf diese Probleme mit zwei unterschiedlichen Ansätzen: Zum einen wird die Server-Auslastung durch Virtualisierung verbessert, zum anderen kommen immer mehr Blade-Server zum Einsatz. Sie haben unter anderem den Vorteil, mit Raum und Energie etwas sparsamer umzugehen als die sonst üblichen Server im eigenen Gehäuse. Zudem sind

die Preise für die Einsteck-Rechner in den vergangenen Monaten deutlich gefallen. Laut Experton-Berater Schwab sind die Blades nur noch zehn bis 15 Prozent teurer als vergleichbar ausgestattete Rackmount-Maschinen. Dem gegenüber ständen jedoch handfeste Vorteile: "Neben dem geringeren Platzbedarf pro Server können Blades auch einen geringeren Energiebedarf aufweisen", erläutert Schwab. Da zum Beispiel innerhalb eines Blade-Chassis weniger Netzteile benötigt würden als bei einem Rack voller 19-Zoll-Server, könnten Netzteile mit höherem Wirkungsgrad eingesetzt werden. Bei der maximalen Ausnutzung aller vorhandenen Techniken wie "Low-Voltage"-CPUs lasse sich der Stromhunger eines Blades gegenüber einem mit Standardkomponenten bestückten Server um bis zu 50 Prozent reduzieren.

Doch die Blades sind leider kein Allheilmittel. Sie eignen sich nicht für alle Workloads im Rechenzentrum. Ein Blade ist ein physikalischer Server, nicht anders als bei Rackmount-Maschinen. Entsprechend sind auch die typischen Einsatzgebiete. "Es ist geradezu zwingend, eine Server-Farm mit vielen Stand-alone-Rechnern auf Blades zu migrieren", meint Schwab.

Blade-Server sind für Bereiche prädestiniert, in denen Workloads auf Linux- oder Windows-Basis abgearbeitet werden. Dazu zählt zum Beispiel das Web-Hosting. Hier sollten sich auch virtuelle Server mit guter Verfügbarkeit auf einer physikalischen Maschine betreiben lassen. Gleichzeitig ist eine hohe Dichte der Rechenleistung im RZ gefragt. SMP-Maschinen leisten das oft auch, sind aber in der Regel wegen der hohen Anschaffungskosten nicht wirtschaftlich. Interessant ist auch die einfache Skalierbarkeit der Blades nach dem Scale-out-Ansatz: Dabei wird erhöhter Rechenbedarf durch das Hinzufügen zusätzlicher Server abgedeckt. Typischerweise ist das bei Web-Applikationen und Terminal-Server-Anwendungen der Fall. Zusätzliche Blades können sehr einfach und unkompliziert in freie Slots des Chassis eingesteckt werden, ohne dass der Betrieb der anderen Rechner im Chassis unterbrochen werden muss. Im Gegensatz dazu fordert das Skalieren von SMP-Servern immer die Anschaffung einer neuen, stärkeren Maschine (Scale-up-Ansatz) und ist mit deutlich höherem Aufwand verbunden.

Ab vier Servern wirtschaftlich

Die Hersteller positionieren ihr Blade-Angebot meist für bestimmte Unternehmensgrößen. "Als Faustregel kann gelten, dass ein Unternehmen beim Einstieg in diese Technik mindestens vier Blade-Server einsetzen sollte", empfiehlt Bernhard Brandwitte, Director Product Marketing Enterprise Server Business bei Fujitsu-Siemens Computers. Denn im Gegensatz zu Rackmount-Servern benötigen Blades nicht nur einen Schrank, der die Maschinen aufnimmt. Ein Blade-Chassis enthält alle gemeinsam genutzten Komponenten wie Stromversorgung oder Netzwerkanschlüsse. Je mehr Server sich also im Chassis befinden, desto geringer fallen die Chassiskosten pro Blade ins Gewicht. "Bei zwei oder drei Servern sind normalerweise Rackmount-Geräte auch über den kompletten Lebenszyklus hinweg eine bessere Alternative", so Brandwitte. Dazu kommt noch, dass dem sukzessiven Ausbau eines Chassis Grenzen gesetzt sind: Neue Blade-Modelle verfügen meist über zusätzliche Funktionen, die sich in einem älteren Chassis unter Umständen nicht oder nur unzureichend nutzen lassen. Also sollte ein Chassis schnell komplett gefüllt werden. Mittlere und große Unternehmen haben in der Regel kein Problem, die wirtschaftlich sinnvolle Mindestmenge zu erreichen: "Die meisten Kunden bestücken ihr Chassis mit einem Cold-Standby-Blade", erläutert Brandwitte. "Das ist besonders gut als Backup beim Ausfall eines Servers geeignet, wenn auf den einzelnen Blades unterschiedliche Anwendungen gefahren werden. Fällt ein Server aus, kann einfach das Ersatz-Blade automatisch mit einem entsprechenden Image aus dem Speichernetz versorgt und die Anwendung neu gestartet werden."

Leistungssprung dank Multi-Core

Hinsichtlich der Limitierungen beim Einsatz betont Brandwitte, dass die Flexibilität der Blade-Server weiter steigt und vor allem die aktuellen Mehrkernprozessoren die Technik immer attraktiver machten. Dual-Core-CPUs sind heute der Standard, im Highend-Bereich kommen oft auch Quad-Core-Prozessoren mit vier Rechenkernen im Prozessor zum Einsatz. Werden Highend-Blades mit vier solchen CPUs bestückt und in ein Chassis mit zehn Steckplätzen eingebaut, dann verfügt der Anwender über 160 Rechenkerne in einem Gehäuse - genügend Leistung für die meisten IT-Aufgaben.

Analysten gehen davon aus, dass sich Blades in Zukunft einen deutlich größeren Marktanteil sichern werden. Die Anbieter erhöhen Zug um Zug die Flexibilität der Server, beispielsweise in Richtung Scale-up, wie einzelne Modelle auf Basis des AMD-Chipsatzes "Thor" zeigen. Dabei werden zwei oder mehr Blades im Chassis mittels einer Platine zu einem physikalischen Server verbunden. Doch wird vor allem die Energiefrage die Blade-Technik befördern. Durch ihre im Vergleich zu SMP-Servern einfachere Konstruktion ist es mit relativ geringem Aufwand möglich, energiesparende Designs und Techniken umzusetzen. (kk)